Die sechs Monate alten Katzen Mio und Ella sind die ersten Patienten an diesem Tag. Es besteht der Verdacht auf Milben im Ohr. Karin Weber untersucht beide, massiert Tropfen ein und gibt der Besitzerin Silvia Thalemann Medizin mit. Die Kätzchen springen munter durchs Behandlungszimmer. Andere Tiere seien extrem aufgeregt oder ängstlich, so Weber.
„Es macht einen großen Unterschied, ob man das Tier kennt oder es zum ersten Mal kommt. Tiere erinnern sich. Und wenn der Besitzer sehr aufgeregt ist, überträgt sich das aufs Tier“, sagt Karin Weber. Sie müsse daher auch sehr auf den begleitenden Menschen eingehen.
Sie behandelt sogar Schleiereulen
Karin Weber ist seit über 25 Jahren Tierärztin und praktiziert seit 2008 in der eigenen Praxis in Bodman-Ludwigshafen. Sie wird in ihrer Praxis von einer Mitarbeiterin unterstützt und behandelt Kleintiere wie Katzen, Hunde, Ziervögel, Kaninchen und Nagetiere. Sie hatte aber auch schon Wildvögel, Uhus, Schleiereulen und Fledermäuse da. Nur auf Reptilien sei sie nicht wirklich spezialisiert, erklärt sie lachend.
Die Praxis bietet Terminsprechstunden an. Außerhalb der Sprechzeiten finden größere Eingriffe und bei Bedarf Operationen statt. An einem ganz normalen Vormittag ist die ganze Zeit Betrieb.
Vögel sind oft Notfälle
Es klingelt und Elmar Beck aus Überlingen kommt mit Wellensittich Mozart. Der Vogel mache komische Geräusche, erzählt er. Karin Weber untersucht ihn, stellt Normalgewicht und gesundes Aussehen fest und macht vorsorglich einen Rachenabstrich.
„Ich darf ihn nur so kurz wie möglich in der Hand halten, sonst riskiere ich einen Herz-Kreislauf-Kollaps“, erklärt sie. Ein Vogel zeige meist erst Symptome, wenn eine Krankheit gravierend sei. Dann handle es sich fast immer um einen Notfall.
Die Ärztin macht alles selbst
Als Nächster ist Klaus Biller mit Molly dran. Der Shetland Sheepdog hat ein chronisches Gelenkleiden und erhält seine monatliche Spritze. Bei einem jungen Mischling diagnostiziert Karin Weber dann eine Müllgastritis, dem nächsten Hund schneidet sie die Krallen.
„Ich mache alles selbst. In größeren Praxen übernehmen Tiermedizinische Fachangestellte Aufgaben wie die Zahnreinigung mit Ultraschall oder das Scheren. Da setzt der Tierarzt nur die Narkose“, erklärt sie.
Der Arbeitsalltag der Tierärztin besteht überwiegend aus allgemeinmedizinischen Eingriffen. Sie nimmt auch kleine Operationen an der Haut vor und Kastrationen sämtlicher Tiere außer Vögeln.
Einschläferungen sind große Überwindung
Die meisten Patienten kommen zu ihr in die Praxis. Manchmal macht sie eine Ausnahme, wenn die Menschen schon älter sind, es sich um langjährige Patienten handelt – oder wenn ein Tier eingeschläfert werden muss.
Es komme immer darauf an, wie es dem Tier gehe, sagt Karin Weber. „Wenn es große Schmerzen hat und ihm nicht zu helfen ist, muss ich es sofort erlösen. Aber ich gewöhne mich nicht daran, dass ich ein Leben beende, es bleibt eine große Überwindung. Doch man ist es dem Tier schuldig, das sehen die Leute auch oft so. Nur manchmal ist es schwierig, wenn die Leute mit aller Macht wollen, dass ihr Tier länger lebt.“
Umso mehr freut sie sich, wenn sie einem Tier wirklich helfen kann und es ihm nachher wieder gut geht.
Auch Fell rasieren muss manchmal sein
Und manchmal ist Handarbeit gefragt. Wie bei der letzten Patientin dieses Vormittags: Die norwegische Waldkatze hat im Bauchbereich dicke Filzplatten. Diese schränken ihren Bewegungsspielraum stark ein und sind schlecht für die Haut, erklärt Karin Weber.

Das verfilzte Fell muss in Vollnarkose entfernt werden. Weil Katzen in Narkose die Augen offenlassen, träufelt sie der Langhaarkatze Tränenersatz ein und setzt schließlich die Schermaschine an.
Nach der Rasur gibt sie der Katze eine Aufwachspritze und legt sie zurück auf die Kuscheldecke in ihrem Körbchen. So holt der Besitzer sie dann später nach Hause.