Eine eher unbekannte Rapunzel, eine Göttin, die aus dem See geborgen wird und eine Festnahme: Rund 250 Zuschauer nahmen an zwei Tagen an der „Dritten Butterfahrt nach Bodman“ teil – einer theatralischen Wanderung voller Witz, Überraschungen und Mythologie. Während zwei Gruppen aus dem Schwarzwald separat von Annie Lenk und Karin Weber geführt wurden, versammelte sich das restliche Publikum am Basislager „Elefant“ gegenüber dem Sportgelände.

Die Reise begann zu Fuß oder per Oldtimerbus mit dem Auftakt am Friedhof. Dort nahm der alte Bodungo-Pilgerweg seinen Lauf und mit ihm ein theatralisches Abenteuer zwischen Historie, Fiktion und ironischer Religionskritik.

Im Hafen endet die Kulturexpedition unter großem Beifall des Publikums.
Im Hafen endet die Kulturexpedition unter großem Beifall des Publikums. | Bild: Claudia Ladwig

Zwischen Historie, Fiktion und Religionskritik

Die Reiseleiter (Victoria Schmidt und Camil Morariu) schworen ihre Gruppen jeweils ein: „Folgt meinen Anweisungen, huldigt der Göttin – und lasst keine persönlichen Gegenstände an archäologischen Grabstätten zurück. Manche Artefakte sind verflucht.“

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Mit dem Ruf „Ultreya!“ und der Antwort „Et Suseia!“ – Pilgergrüße aus alten Zeiten – marschierten die Gruppen durch Wiesen, Wald und Geschichte. Immer wieder lasen die Reiseleiter „Weisheiten der Göttin“ vor – etwa am sagenumwobenen Ziegelbrünnele, wo fünf holde Maiden weilten: „Wer dem Wasser lauscht, hört sein eigenes Lied.“

Die Reise geht weiter

Am Wassertürmle traf die Gruppe auf eine junge Historikerin (Regina Raimjanova), die sich intensiv mit dem Kult um die Feuergöttin Brigida beschäftigt. Hinweise dazu habe sie von ihrer verstorbenen Mutter erhalten. Wenig später segnete Altphilologe Rudi (Gerhard Polacek) die Pilger auf althochdeutsch: „Jetzt könnt ihr beruhigt weiterziehen.“

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Doch weit kamen sie nicht: Petrosinella, das „vergessene Rapunzel“ (Julia Matt), erschien am Fenster des Torhauses. Sie sei seit 1234 eingesperrt von der bösen Nebelfee, weil ihre Mutter zu viel Petersilie aß. „Alle kennen nur Rapunzel“, klagte sie. „Dabei bin ich das Original. Die Brüder Grimm haben mich umgeschrieben.“ Sie kritisierte auch Bodman: „Ich bin doch nur ein Add-on, eine All-inclusive-Attraktion. Macht endlich eine Kultfigur aus mir!“

Petrosinella, das „vergessene Rapunzel“ (Julia Matt) am Fenster des Torhauses
Petrosinella, das „vergessene Rapunzel“ (Julia Matt) am Fenster des Torhauses | Bild: Claudia Ladwig

Alle Gruppen kamen am Springbrunnen in den Uferanlagen zusammen. Musikalisch wurde dies von Pianist Josef Weimert und tänzerisch durch Ekaterina Khmara umrahmt.

Dann folgte der Höhepunkt: Der Chefarchäologe Professor Dr. Patrick Legrand (Andreas Bittl) kündigte die spektakuläre Bergung der versunkenen Statue der Göttin Brigida an – unterstützt vom „zufällig“ auftauchenden Heiligen Gallus (Gerhard Polacek), der ihre Echtheit widerwillig bestätigte: „Diese Heidin im Schafspelz – Albtraum unserer Zeit! Ich habe sie damals selbst in den See geworfen.“

Die fröhliche Prozession führt samt der geretteten Statue zum Hafen.
Die fröhliche Prozession führt samt der geretteten Statue zum Hafen. | Bild: Claudia Ladwig

Die junge Historikerin widersprach: Die Geschichte um Brigida sei eine Fälschung. Doch da war es bereits zu spät – der feierliche Zug inklusive Tänzerinnen der Brigida-Sekte in blauen Kleidern zog zum Hafen. Dort wurde nicht nur die Echtheit der Statue erneut bestätigt, sondern auch der Professor als Fälscher und als unehelicher Vater der Historikerin entlarvt.

Der Heilige Gallus (Gerhard Polacek) beschimpft den Professor (rechts, Andreas Bittl) wegen der Bergung der Brigida.
Der Heilige Gallus (Gerhard Polacek) beschimpft den Professor (rechts, Andreas Bittl) wegen der Bergung der Brigida. | Bild: Claudia Ladwig

Er wurde verhaftet und im Boot abtransportiert. Die Tochter wusste, was zu tun war: Sie kündigte eine Ausstellung zum Thema „Original und Fälschung“ im Schlosstorkel an – und den Aufbau einer Stiftung für alleinerziehende Archäologinnen.

Das Publikum reagierte begeistert – mit langanhaltendem Applaus und Rufen wie: „Ein großartiger Theaterabend! Wann kommt ihr wieder?“ Annie Lenk hatte darauf eine klare Antwort: „In zwei Jahren“ – was für zusätzlichen Jubel sorgte.