Ein in der Innenstadt abgestellter Wohnwagen ist immer wieder ein Blickfang. Und dennoch gehört ein spezieller während der Fasnet in Villingen schon zum gewohnten Bild. Seit 2008 stellt die Mobile Jugendarbeit ab dem „schmutzigen Donnerstag“ ihren Wohnwagen an der Kreuzung von Färberstraße und Romäusring auf. Dieser ist ein Auffanglager für alle, die eine Verschnaufpause brauchen, sich aufwärmen wollen oder einfach mal einen Schluck Wasser benötigen.
Die Einrichtung hat sich im Laufe der Jahre bewährt. Wie viele Menschen das Angebot in Anspruch nehmen, lässt sich nicht sicher beurteilen. Die Schätzungen der Mitarbeiter gehen von 300 bis 500. Allerdings lässt sich keine Tendenz ausmachen, ob es mehr oder weniger werden.
Bei der Aktion handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Mobilen Jugendarbeit, der Fachstelle Sucht und Pro Familia. Im Jahr 2005 kam erstmals die Idee auf, zu kooperieren. „Eine Mitarbeiterin hat damals zutreffend erkannt, dass wir alle in Schulen aktiv sind und regte deswegen gemeinsame Projekte an“, erklärte Inge Häßler von der Fachstelle Sucht. Die Kooperation ist unter dem Namen „Präventiv – Agentur für Prävention“ zusammengefasst.
Aus diesem Gedanken heraus kam die Idee auf, den Wohnwagen der Mobilen Jugendarbeit während Fasnet einzusetzen, auch um auf die Arbeit der drei Organisationen aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren. Pro Familia kümmert sich vorwiegend um sexuelle Prävention. „Wir werden auch wieder Kondome verteilen. Es ist nun mal so, dass mit steigendem Alkoholpegel die Hemmschwelle in jeglicher Hinsicht sinkt“, unterstreicht Silke Nowak, wie Pro Famila unter anderem seinen Beitrag zur Vermeidung ungeplanter „Fasnet-Babys“ leistet. Neben einem jederzeit möglichen Gespräch wird eine Drehscheibe aufgestellt, durch die auf spielerische Art auf Fragen zur Sexualität eingegangen werden kann.
Die Fachstelle Sucht hingegen ist Anlaufpunkt für Probleme mit Alkoholkonsum oder anderen Drogen. „Durch unsere Präsenz in der Färberstraße schaffen wir Barrieren ab, die Betroffene daran hindern könnten, uns zu kontaktieren“, sagt Inge Häßler und ergänzt: „Es ist für viele entscheidend zu sehen, dass der Umgang mit unseren Mitarbeiten vertraulich und unkompliziert ist, bevor sie uns aufsuchen.“ Dabei weist sie explizit darauf hin, dass die Mitarbeiter der Schweigepflicht unterliegen.
Steffen Helbig ist Sozialpädagoge bei der Mobilen Jugendhilfe in Villingen-Schwenningen. Der Wohnwagen befindet sich wöchentlich zu festen Zeiten je einmal in Villingen und einmal in Schwenningen. „Es ist ein Rückzugsort und ein Raum für alle Sorgen und Ängste, die Jugendliche haben“, beschreibt Helbig.
„Für uns ist es auch ganz spannend zu sehen, wie sich unser Publikum im Laufe eines Tages verändert“, verrät Inge Hässler. Vormittags schauen noch die Schüler vorbei. Am Nachmittag sind es dann die jungen Erwachsenen. Je älter der Tag, desto älter wird auch das Publikum.
Gerne wäre man an noch mehr Standorten vertreten, doch dafür reichen die Mitarbeiter nicht aus. „Wir laufen durch die gesamte Stadt und halten die Augen offen, falls jemand Hilfe benötigt“, begründet Silke Nowak den Personalaufwand.
Den Helfern geht es nicht darum, den Jugendlichen den Alkohol zu verbieten. „Wir sind keine Spielverderber“, betont Silke Nowak. Sie stellt aber alkoholisierten Jugendlichen gerne die Frage, ob sie die nächsten Tage im Bett verbringen wollen, oder es doch lieber ruhiger angehen, um am nächsten Tag weiterzufeiern.
Beratungsangebot
Im Wohnwagen wird Beratung zu allen Fragen rund um Prävention angeboten. Daneben gibt es Wasser, Tee und Gebäck. Zu finden ist er vor dem Irish Pub an der Kreuzung von Färberstraße und Romäusring. Am "Schmotzigen" und den Folgetagen ist die Tür ab 11 Uhr geöffnet und schließt in den frühen Morgenstunden. Laut einer Schätzung nehmen 300 bis 500 Menschen das Angebot über Fasnet in Anspruch. (che)