Die Recherchen zur Geschichtsausstellung 1200 Jahre Hondingen fördern interessante Anekdoten zu Tage und „Der Jäger vom Längewald“ hat von solchen gleich mehrere zu bieten. Es waren die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, also gleich nach 1945, als die Franzosen hier das Sagen hatten. „Der Jäger vom Längewald" war gleichzeitig auch der Förster für den Hondinger Gemeindewald, für den Staatswald (Stoberg) und den fürstlichen Wald auf der Länge.
- Einer seiner Jagdfreunde – und heutige Bundesverdienstkreuzträger Egon Elsäßer in Kirchen-Hausen – kann als betagter Zeitzeuge noch viel berichten. In seinem Buch „Ein Leben auf der rauen Baar“ beschreibt er den Längejäger so: „Während meines über 40 Jahre dauernden Jägerlebens habe ich Hunderte von Jägern kennen gelernt, aber davon kein zweites Mal einen Waidmann wie Georg Glocker.
- Französische Besatzer: Als 1945 die Franzosen die Jagdhoheit in Hondingen hatten, mussten alle Waffen, auch Jagdgewehre, auf dem Rathaus abgegeben werden. Aber der Schorsch gab seinen Drilling nicht ab." Die Verantwortung für Jagd- und Forst konnte er nicht einfach aufgeben. Hegen und Pflegen, das blieb ihm Verpflichtung, auch wenn er in einem strengen Winter – und die gab es damals – das Heu auf dem eigenen Rücken in den Wald schleppen musste. Aber als nach dem Zweiten Weltkrieg zu allem Übel auch noch eine bis dahin nicht gekannte Wildschweinplage auftrat, da stand er auch für die unverzichtbare Balance von Mensch und Natur ein.
- Einmal richtete eine Wildsau in einem Getreidefeld „uff Krüütze unnä bim Langäacker" ihr Unheil an. Mutige und kräftige Männer eilten in Ermangelung eines Gewehres nur mit Prügel und Äxten bewaffnet hin. Aber es zeigte sich, die Sau war angeschossen. Von wem, das weiß man nicht. Dass aber danach „im Adler" bei einem geheimen Festessen jeder auf seine Kost(en) gekommen sei, das ist bezeugt. Auch bei diesem Mahl soll sich der Waidmann Georg Glocker vom sauberen Aufbrechen bis zum delikaten Braten als Fachmann gezeigt haben.
- Egon Elsäßer schreibt: „Es gab damals niemand, der die Länge so gut kannte wie Georg Glocker. Von Hondingen über Riedöschingen und Leipferdingen bis nach Neudingen durchstreifte er die Länge. Er trug sogar im Sommer einen weiten Lodenmantel, unter dem er seinen zusammengeklappten Drilling versteckte. Selbst am hellen Tag, wenn er im Wald öfter auf Franzosen traf, führte er die Waffe bei sich. Bei diesen Begegnungen horchte er die Franzosen aus, wohin sie auf die Jagd gingen. Meistens lief er dann auf die andere Seite der Dickung und es geschah häufig, dass die Franzosen zuerst zum Schuss kamen, aber nichts trafen, die Sauen umkehrten und auf der anderen Seite dann den Georg anliefen.
- Transport gefährlich wegen Franzosen: Jagdfreund Egon Elsässer schreibt weiter: "Sein größtes Problem war aber der Transport des erlegten Wildes. Entweder holte er seine Beute nachts mit einem Handkarren oder mit dem Motorrad, einer Ardi-125 ccm-Maschine. Die Sau legte er über Fahrersitz und Tank und setzte sich auf den Sozius. Das größte Problem war aber, dass alle paar Minuten ein französischer Militär-LKW vorbei fuhr und er nicht selten bis in den Straßengraben flüchten musste, so dass die Fahrten oft länger als die halbe Nacht dauerten."
- Jäger Georg Glocker und sein Hund eine Einheit: Zum Jagen nahm Georg Glocker stets seinen Hund mit. Wie das Foto von Georg Glocker zeigt, sind Herr und Hund ganz eins! Glocker war nicht nur Liebhaber von Wachtelhunden, er züchtete sie auch und bildete sie für namhafte Kunden aus. Im Nebenzimmer des „Adlers“ unterrichtete er für die Jagscheinprüfung. Wenn er als Mitglied der Prüfungskommission die Frage stellte, was man nach einem angestrengten Waidgang bei der Rückkehr zuerst machen würde und dann nicht die Versorgung der Hunde genannt wurde, galt der Kandidat als durchgefallen.
Die Jagd war für Hondingen schon seit frühester Zeit von Bedeutung
- Bedeutung der Jagd: Die Jagd war für Hondingen schon seit frühester Zeit von Bedeutung und bei der Ersterwähnung im Jahre 817, also dem Jubiläumsdatum vor 1200 Jahren, schrieb
- Die Fürsten von Fürstenberg in Donaueschingen unterhielten in Hondingen ein großes Jägerhaus, dessen letzter Bau aus dem Jahre 1745/46 stammt und heute noch als stattliches Wohnhaus vorhanden ist. Der Bauplan befindet sich im Fürstlich Fürstenbergischen Archiv Donaueschingen und kommt mit in die Geschichtsausstellung. Wald und Wild blieben bis nach dem 2. Weltkrieg die wichtigsten Ressourcen für die Gemeinde. Zu den einträglichen Holzversteigerungen kamen auch die Bauern der Dörfer nördlich des Fürstenbergs, die keinen Wald hatten.
- Jagd war hoheitliche Angelegenheit: Die Jagd zeigte sich früher als eine sehr hoheitliche Angelegenheit, gleichzeitig aber auch mit starken sozialen Seiten, die hier nicht unerwähnt bleiben dürfen. Mit dem Adel hatte der Längejäger keine Probleme, ging er doch mit Hoheiten wie Graf Salm und Erbprinz Joachim zu Fürstenberg persönlich auf die Pirsch.
- Hondingen mit eingebunden: Bei großen Jagden aber war das halbe Dorf eingebunden. Laut Ortschronik bekam der Hondinger Vogt 1787 vom Blumberger Obervogt ein Schreiben mit der Vorgabe, dass keine „Buoben“ unter 16 Jahren und keine „weibs-bilter“ zum Jagen angenommen werden dürfen. In den 1950-er Jahren – bei Bürgermeister Karl Gilly – zeigte sich die herbstliche Hubertusjagd auch rituell noch einmal mit all ihren Höhepunkten.
- Die Einkehr nach der Jagd: Tee oder Kaffee waren für Männer noch gar nicht denkbar, dafür Schnaps und Flaschenbier mit Bügelverschluss. Most galt schon als ärmlich. Der dicken Rauchluft in der Wirtsstube begegnete man nicht mit Rauchverboten, sondern mit dem Einbau eines Ventilators. Filterzigaretten? Unbekannt! Dafür rauchte man Selbstgedrehte oder Selbstgestopfte, auch mit Tabak aus dem eigenen Garten und den Resten der schon Gerauchten. Vor allem verqualmte man die in der Gegend hergestellten Burger-Stumpen, deren Stummel sich noch für die Pfeife eigneten. Wenn es beim Jägerlatein einmal hitzig wurde, stimmte man ein Lied an und – wie zum Wunder – alle waren sich wieder einig. Später am Abend, nach dem man sich zur Selbstbelohnung noch „ä Viertili Rotä“ genehmigt hatte und „Im grünen Wald, da wo die Drossel singt, Drossel singt…“ erklang, da endete für alle ein großer Tag mit selig-glänzenden Augen.