Die Katze wirkt etwas verwundert. Normalerweise hat sie hier wohl ihre Ruhe. In der Reithalle von Gerhard Weber auf dem Tengener Berghof. Aber heute sitzen dutzende Besucher auf Bierbänken in der Halle. Anlass ist die Einweihung des Tengener Berghof-Solarparks. Vielleicht wundert sich der Vierbeiner auch über die Herren, die nacheinander das Wort ergreifen, um den großen Anlass entsprechend zu würdigen.
Die Katze ist nicht die Einzige, die sich an diesem Tag wundert. Auch Tengens Bürgermeister Marian Schreier zeigt sich in seiner Festrede verwundert. Und zwar darüber, dass es immer noch viele bürokratische Hürden in Deutschland gibt, bis ein solches Zukunftsprojekt bewilligt sei. Auch der Solarcomplex-Vorsitzende Bene Müller drückt Verwunderung aus. Und zwar darüber, dass so manche Bürgermeister in der Region den Ausbau erneuerbarer Energien nicht mit so viel Nachdruck verfolgen würden wie das Tengener Verwaltungs-Oberhaupt.
Tengen produziert mehr als es verbraucht
„Tengen ist heute schon eine Überschussgemeinde“ betont Bürgermeister Marian Schreier. Dies bedeute, dass seine Kommune weit mehr Strom produziere als verbrauche. Der Solarpark leiste einen großen Beitrag hierzu. Alleine der Solarpark könnte einen Großteil der Tengener Haushalte versorgen, so Schreier. Laut den Informationen von Solarcomplex hat der Solarpark auf dem Berghof eine Leistung von 3,7 Megawatt. Somit werde er jährlich rund 4 Millionen Kilowattstunden Solarstrom erzeugen.
Dadurch würden rund 1300 Tonnen Kohlenstoffdioxid gegenüber dem deutschen Strommix eingespart. Die technische Lebensdauer beträgt laut Solarcomplex mindestens 25, eher 30 Jahre.
Strom geht an Rolls-Royce nach Friedrichshafen
Vermarktet wird der Strom, der auf dem Berghof produziert wird, allerdings nicht vor Ort in Tengen, sondern direkt an einen besonderen Kunden: Rolls-Royce Power Systems mit Hauptsitz in Friedrichshafen. Das Unternehmen beschäftigt laut einer Pressemeldung rund 9.000 Mitarbeiter. Unter der Marke MTU vertreibe das Unternehmen schnelllaufende Motoren und Antriebssysteme unter anderem für Schiffe, Energieerzeugung, schwere Land- und Schienenfahrzeuge, militärische Fahrzeuge sowie für die Öl- und Gasindustrie.
Rolls-Royce hat laut Pressemeldung klar definiert, bis wann das Unternehmen mit all seinen Betrieben und Anlagen klimaneutral sein will. Mit dem neuen Solarpark komme das Unternehmen diesem Ziel einen weiteren Schritt näher. Power Systems habe mit den Betreibern einen Stromabnahmevertrag für zunächst zehn Jahre unterzeichnet.
Motorenbauer will klimaneutral werden
„Mit unserem Programm Net Zero at Power Systems verfolgen wir strenge Klimaschutzziele“, erklärt Vorsitzender Otto Preiss. „Mit ambitionierten Zwischenzielen für 2030 wollen wir bis 2050 über alle globalen Standorte und Bereiche von der Produktion über die Lieferketten bis hin zu unseren Produktportfolio vollständig klimaneutral sein.“

Es braucht mehr und größere Projekte, sagt der Solarcomplex-Chef
Dass deutschlandweit der Ausbau regenerativer Stromerzeugung beschleunigt werden müsse, betont der Solarcomplex-Vorsitzende Bene Müller. „Baden-Württemberg hat dabei einen besonders hohen Aufholbedarf. Dies kann nur gelingen, wenn auch bei den Freiland-Solarparks mehr und größere Projekte umgesetzt werden. Unser Solarpark Berghof zeigt, wie es gehen kann.“
Mit Solarpark, den beiden Biogasanlagen und den drei Wiechser Windräder sei es in Bezug auf saubere Energie noch nicht getan. „Wir brauchen überall im Raum Überschussgemeinden. Wir brauchen viele Tengen“, betonte Müller.
Ländlicher Raum müsse für Stadt produzieren
Der ländliche Raum müsse die Stadt mitdenken. Sprich: Auch Tengener gehen nach Singen oder Konstanz – zum Studieren, zum Einkaufen und ins Klinikum. Oder sie nutzen Motoren und Antriebssysteme, die in Friedrichshafen produziert werden. Die Landbevölkerung verbrauche also auch Energie aus den Städten. Diese könnte vom Land aus mit produziert werden. Durch Projekte wie diesen Solarpark, macht Müller deutlich.