Das Ärztehaus neben dem Stockacher Krankenhaus wird auf jeden Fall kommen, und zwar schon ziemlich bald. Das ist die zentrale Botschaft, die man zu hören bekommt, wenn man in diesen Tagen mit Petra Reinhard spricht. Reinhard ist Chefin eines Unternehmens, das auf die Beratung von Krankenhäusern spezialisiert ist und das nach eigenen Angaben seit 1985 am Markt ist.
Und sie ist die Investorin, die inzwischen hinter dem Ärztehaus steht. Kurz vor Weihnachten 2018 habe sie das Grundstück neben dem Stockacher Krankenhaus gekauft, das bis dahin im Besitz der Stadt gewesen sei, sagt sie. Zuvor hatte Bernd Schuler, der in Stockach wohnt und als Betreiber der Bora-Sauna in Radolfzell bekannt ist, die Planungen für das Ärztehaus vorangetrieben.
Im Zusammenspiel mit Krankenhaus Gesundheitsversorgung sichern
Wie kam es zu dem Engagement in Stockach? Sie habe einfach von dem Grundstück und dem Vorhaben gehört, bei der Stadt angefragt und schließlich das Grundstück bekommen, erzählt sie. Doch warum ausgerechnet in Stockach und warum dann auch noch mit einem Projekt, das abseits ihres Kerngeschäfts liegt? "Es hat mich einfach gereizt, im Zusammenspiel mit dem Krankenhaus die Gesundheitsversorgung zu sichern", sagt sie dazu. Denn sie wehre sich dagegen, dass es regelmäßig heiße, an einem kleinen Ort gehe das nicht.
Reinhard wirbt für ihr Konzept und sie erklärt die erneute Verzögerung, die es zuletzt gegeben habe. Viele Planer seien bislang am Ärztehaus beteiligt gewesen, sagt sie, und es habe einiges verändert werden müssen, damit die Räume auch wirklich praktisch sind. Das habe seine Zeit gebraucht. Und sie arbeite daran, eine stimmige Zusammenstellung von Praxen ins Ärztehaus zu bringen. Wolle man beispielsweise einen Schwerpunkt auf Diabetologie einrichten, so brauche man dafür auch andere Disziplinen wie Gefäßchirurgie oder plastische Chirurgie. Ein stimmiges Konzept in dieser Art wolle sie in Stockach umsetzen und Synergie-Effekte für die Patienten erreichen.
Dabei sollen Fachbereiche im Ärztehaus angesiedelt werden, die sonst in der Stadt nicht vertreten wären, erklärt Petra Reinhard. Und sie wolle fast nur Ärzte in die neue Immobilie holen, die derzeit nicht in Stockach praktizieren. Das werde beispielsweise über die Einrichtung einer Zweigpraxis (siehe Kasten) möglich, erklärt sie. Namen nennt sie freilich nicht.
Mit dieser Information möchte Reinhard Gerüchten in der Stadt entgegentreten, dass Ärzte beispielsweise aus der Oberstadt wegziehen würden: "Keine Ärzte, die jetzt in der Oberstadt sind, werden ins Ärztehaus ziehen", erklärt sie klar. Auch das Gerücht, sie würde in Stockacher Praxen ankündigen, einen anderen Arzt derselben Fachrichtung zu holen, wenn man nicht einziehe, könne sie nicht nachvollziehen. Wenn man ein bestimmtes Konzept umsetzen wolle, sei es doch legitim, dazu passende Ärzte zu suchen. Zumal sie sich bei einer Investition von etwa 8,5 Millionen Euro keinen Leerstand erlauben könne.

Zudem plane sie, ihren eigenen Firmensitz in das neue Gebäude zu verlegen. "An dieser Stelle soll wirklich etwas Nachhaltiges entstehen", sagt Petra Reinhard. Und: "Wenn alles so kommt wie geplant, wird es das Krankenhaus stützen." Denn der ambulante Bereich der Gesundheitsversorgung werde – politisch gewollt – immer weiter wachsen. Patienten würden dann mit einem Stapel Verordnungen aus dem Krankenhaus entlassen und könnten die ambulanten Folgebehandlungen gleich im Gebäude nebenan aufnehmen.
Für Reinhard ist das Ärztehaus auch ein Schritt ins Neuland. Ihr Geschäft sei bislang, so berichtet sie, hauptsächlich die Sanierung von Teilbereichen eines Krankenhauses. Sie übernehme dabei das komplette Management dieses Teilbereichs, beispielsweise eines Labors, und gebe diesen dann im sanierten Zustand an das Krankenhaus zurück. Verträge mit ihr würden über drei Jahre geschlossen, Honorar bekäme sie nur im Erfolgsfall. Dieses unternehmerische Risiko sei bislang nicht zu ihren Lasten gegangen: Das Honorar sei noch nie ausgefallen.
Dass sie sich damit in den Krankenhäusern teilweise auch ziemlich unbeliebt macht, nimmt Reinhard in Kauf. Man könne nichts sanieren, indem man alles so lässt, wie es ist. Und betriebsbedingte Kündigungen von Mitarbeitern habe es in ihrem Berufsleben noch nicht gegeben. Was Reinhard betont: Durch die Sanierung gehe sie den schwierigeren Weg. Denn in der Regel sei die Sanierung einer Abteilung komplizierter, als diese Abteilung einfach auszugliedern.
Arztsitze
Ein Arzt darf sich nicht einfach niederlassen, wo er möchte. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) verwalten die Arztsitze. Ist die Versorgung nach deren Regeln ausreichend, wird ein Bezirk gesperrt. Das heißt, es darf sich kein Arzt mehr zusätzlich niederlassen. Je nach Fachrichtung werden die Bezirke unterschiedlich gefasst.
Für Hausärzte sind es die Mittelbereiche, im konkreten Fall Stockach und Umgebung. Bei den meisten Fachärzten ist der Bezirk der Landkreis Konstanz. Bei manchen Spezialisten, etwa Strahlentherapeuten, gibt die KV Baden-Württemberg das ganze Bundesland als Bezirk aus. Laut deren Informationen ist der Bezirk, zu dem Stockach gehört, für beinahe alle Fachrichtungen gesperrt. Zweigpraxen können aber zugelassen werden. (eph)