Die Sanierung der Scheffelhalle soll 5,015 Millionen Euro kosten. Dafür fand Oberbürgermeister Bernd Häusler in der jüngsten Sitzung des Ausschuss für Verwaltung und Finanzen deutliche Worte: „erschütternd“ und „nicht finanzierbar“ sei das. Dennoch stand ein Baubeschluss auf der Tagesordnung, der eine Finanzierung bis 2024 vorsieht. Denn eigentlich soll die Scheffelhalle zu ihrem hundertjährigen Bestehen im Jahr 2025 saniert sein. Auf Anregung von Kirsten Brößke (FDP) vertagte das Gremium die Entscheidung, diskutierte aber über die Details der nun vorgelegten Machbarkeitsstudie.

Die Reaktionen reichten von deutlicher Ablehnung, Ralf Knittel (CDU) sprach von einer „Luxussanierung mit Fass ohne Boden“, bis zum Hinterfragen der Nutzung. „Die Halle ist uns allen lieb, doch nun muss man sehen, wie teuer sie uns ist“, sagte Walafried Schrott (SPD).

Bild 1: „Erschütternde Zahlen“: Sanierung der Scheffelhalle soll fünf Millionen Euro kosten
Bild: Tesche, Sabine

2011 waren Anbauten geplant, jetzt nur das Nötigste. Doch das ist viel

Bernhard Nägele von der Firma Solar-System-Haus stellte die Sanierungspläne vor. Schon 2011 war er für ein Konzept angefragt worden, damals sollten Toiletten und Küche in Anbauten einen neuen Patz finden. Jetzt war die Aufgabenstellung eine andere: Die Scheffelhalle soll ohne Anbauten verbessert werden, um Kostendruck und Denkmalschutz gerecht zu werden. Die Halle sei in einem „verhältnismäßig guten Zustand“, befand Nägele. Doch wichtige Konstruktionselemente fehlen, beispielsweise eine Bodenplatte. Diese zu erstellen ist nur ein Punkt von vielen auf der Maßnahmenliste.

So sehen die Pläne für die sanierte Scheffelhalle aus, hier ein Grundriss des Erdgeschoss mit neuen Toiletten und abgetrenntem Treppenhaus.
So sehen die Pläne für die sanierte Scheffelhalle aus, hier ein Grundriss des Erdgeschoss mit neuen Toiletten und abgetrenntem Treppenhaus. | Bild: Solar-System-Haus GmbH

Geplant ist auch ein neuer Eingangsbereich, wo Fluchttreppenhäuser abgetrennt und der Kassenbereich neu gestaltet sind. Die sanitären Anlagen sollen erneuert und vergrößert werden: Auf der Galerie sind sechs zusätzliche Frauentoiletten geplant. Die Abhangdecke soll weichen, sodass der Dachraum offen ist. Bernhard Nägele beschrieb auch die neue Bühne: Sie soll begradigt werden, darauf sollen eine Künstlergarderobe und Lagerräume geschaffen werden.

Kosten sollen auf vier Jahre verteilt werden. Aber das Einsparpotenzial sei gering

Angesichts solch umfassender Maßnahmen wurde klar, dass die von der Stadt bereits 2019 zugesagten 200.000 Euro pro Jahr für die Scheffelhalle bis 2025 bei Weitem nicht reichen werden – das wären 1,2 Millionen Euro. Im aktuellen Haushalt wurden 400.000 Euro für die Scheffelhalle reserviert, diese sollen für 2021 neu beantragt werden. Der Hauptteil der Kosten würde dann in den Folgejahren entstehen: Für 2022 sind 1,215 Millionen Euro aufgerufen, für 2023 und 2024 jeweils 1,6 Millionen Euro. Der Architekt und Geschäftsführer Bernhard Nägele sah wenig Einsparpotenzial: „Es ist keine Position drin, die nicht notwendig ist, man kann keinen größeren Kostenblock weglassen.“ Schließlich soll der traditionelle Veranstaltungsort dann nachhaltig nutzbar sein – auch wenn er ursprünglich gar nicht darauf ausgelegt war.

Die Singener Scheffelhalle war eigentlich nur ein Provisorium. Doch sie überdauerte bis heute und wurde Zeuge einer wechselvollen ...
Die Singener Scheffelhalle war eigentlich nur ein Provisorium. Doch sie überdauerte bis heute und wurde Zeuge einer wechselvollen Geschichte. Im Krieg diente sie zur Aufbahrung der getöteten Opfer und als Lazarett. | Bild: Stadtarchiv

Zu den größten Kostenpunkten zählen Architekten- und Ingenieurleistungen (brutto 952.149 Euro), Elektroinstallationen (702.100 Euro), raumlufttechnische Anlagen (698.530 Euro) und Holzbauarbeiten (468.277 Euro).

Halle braucht mehr Nutzung – oder doch nicht?

In einem vom sogenannten „Lockdown light“ geprägten November ist eine Nutzung der Scheffelhalle schwer vorstellbar. Eberhard Röhm (Grüne) hinterfragte auch die künftige Nutzung des Gebäudes: 2018 habe es 30 Veranstaltungen gegeben, also im Schnitt alle zwei Wochen eine. Wenn man so viel investiere, müsse man die Nutzung optimieren. Da sah er jedoch Schwierigkeiten, wenn hochwertige Veranstaltungen in der Stadthalle bleiben sollen und zu viele Hochzeiten wegen der Nachbarschaft schwierig seien.

Vermieter KTS: Zahl allein sagt wenig aus

Roland Frank ist Geschäftsführer von Kultur und Tourismus Singen (KTS), der städtische Eigenbetrieb kümmert sich um die Vermietung der Scheffelhalle. Er erklärt auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass die Halle bereits sehr gut genutzt werde: Es gebe zwischen 32 und 37 Veranstaltungen pro Jahr. Doch die reine Zahl der Veranstaltungen würden wenig aussagen. Als Beispiel nennt Frank die Fasnacht: Dort stünden traditionell vier Veranstaltungen im Kalender, doch mancher beginne schon einen Monat vorher mit dem Aufbau. Theoretisch könne man mehr Veranstaltungen für die Halle buchen – Hochzeitsanfragen gebe es beispielsweise ohne Ende -, doch dann entstünde ein Zeitdruck für Vereine. Bislang könnten diese bequem einen Tag vor einer Veranstaltung aufbauen und am Tag danach abbauen.

Aktuell sei die Scheffelhalle eine ideale Ergänzung der Stadthalle. Roland Frank stellt aber klar: „So eine Halle ist immer ein Zuschussbetrieb.“ Mehr Veranstaltungen würden nicht bedeuten, dass die Halle dann Gewinn mache.

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Förderverein sieht viel Potenzial und ideale Ergänzung der Stadthalle

Peter Adrian Gäng sieht viele Nutzungsmöglichkeiten für die Scheffelhalle. Der Vorsitzende des Fördervereins Freunde der Scheffelhalle ist überrascht, dass das Thema im Ausschuss besprochen wurde. Dabei habe er sich vor den Sommerferien noch nach einem aktuellen Stand erkundigt. Er sagt: „Mit der guten Stube der Stadt haben wir eine wunderbare Alternative zur Stadthalle, die für manche Vereine und Privatpersonen zu teuer ist.“ In der Scheffelhalle sei Platz für Kleinkunst, Parteiveranstaltungen oder Hochzeiten.

Fasnacht ist eine der bekanntesten, aber nicht die einzige Nutzung der Scheffelhalle: Bilder von der Maskenprämierung beim Zunftball der ...
Fasnacht ist eine der bekanntesten, aber nicht die einzige Nutzung der Scheffelhalle: Bilder von der Maskenprämierung beim Zunftball der Poppele. | Bild: Klaus-Peter Bauer

„Das ist nicht nur an Fasnacht eine tolle Halle“, sagt Gäng. Wer den größeren, modernen Rahmen wünsche, könne die Stadthalle mieten. In der Scheffelhalle sind bis zu 1600 Besucher möglich, in der Stadthalle bis zu 2000.

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Die hohen Sanierungskosten wundern den Vereinsvorsitzenden eigentlich nicht: „Je länger man wartet, desto teurer wird es.“ Zuletzt standen laut Architekt Bernhard Nägele 3,4 Millionen Euro im Raum. Gerade in Corona-Zeiten könne man sich überlegen, wie man den schönen Entwurf günstiger umsetzen könne, sagt Peter Adrian Gäng. Er kann sich gut vorstellen, dass Bürger und Vereine bei einer Sanierung mit anpacken würden. „Durch Eigenarbeit könnte man hier sehr viel erledigen“, sagt er.

Schon vor Jahren griffen die Fördervereinsmitglieder selbst zu Pinsel und Farbrolle, um die Scheffelhalle zu renovieren: (von links) ...
Schon vor Jahren griffen die Fördervereinsmitglieder selbst zu Pinsel und Farbrolle, um die Scheffelhalle zu renovieren: (von links) Susanne Egger, Peter Adrian Gäng, Angelika Kohler, Oliver Hafner, Bernd Rudolph und Helmut Thau. Eigenleistungen sind für Vorsitzenden Peter Adrian Gäng auch jetzt denkbar. | Bild: unbekannt

Entscheidend sei für ihn auch die Frage, ob aktuell wenigstens in den Erhalt investiert werden soll. Von den versprochenen 200.000 Euro pro Jahr habe er bislang wenig bemerkt, das Dach sei weiter undicht. „Es ist gar keine Frage, dass ich Verständnis für die Corona-Situation habe. Doch die Scheffelhalle darf nicht wieder in Vergessenheit geraten.“

Wie eine Sanierung finanzierbar sein soll, ist aber unklar: „Mir macht diese Zahl Angst“, sagte Kirsten Brößke (FDP). Und Ralf Knittel (CDU) versprach: „Fünf Millionen Euro werde ich niemals für die Scheffelhalle ausgeben.“ Er fragte auch: „Ist das nachher noch die Scheffelhalle, die die Singener lieben?“ Diese Frage konnte im Ausschuss nicht beantwortet werden.

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Maßnahmenkatalog für eine bessere Scheffelhalle: Was nötig und was gewünscht ist

Zahlreiche Bauteile wurden für das aktuelle Konzept geöffnet und untersucht, schreibt die Stadtverwaltung in der Sitzungsvorlage. Unter die Lupe genommen wurden beispielsweise Schadstoffe, die Raumluft, das Brandschutzkonzept und die Statik des Tragwerks

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  • Die Mängel sind laut Bernhard Nägele von der Firma Solar-System-Haus eklatant: „In allen Bereichen ist eine Sanierung dringend notwendig“, erklärte er. Die Dachdeckung ist teils schadhaft, der Außenputz ist teils gerissen, Feuchtigkeit dringt durch die Außenwände und gefährdet teilweise die Standsicherheit. Außerdem sind die historischen Fenster stark beschädigt, die Eingangstüren sind undicht und mechanisch abgenutzt und auch an den Innenwänden gebe es Risse durch Setzungen. Der Hallenboden habe keine Bodenplatte und sei teilweise nicht mehr tragfähig. Geheizt werde bislang mit einzelnen Gasöfen: „Man muss sich wundern, dass da noch nichts in Brand geraten ist.“ Die gesamte elektrische Anlage sei sanierungbedürftig. Auch die Sanitärräume seien in einem desolaten Zustand und nur noch provisorisch zu nutzen. Außerdem bräuchte es mehr Toiletten.
  • Zwingend umzusetzen sind eine Ertüchtigung des Tragwerks, eine Sanierung des Dachs, der Einbau einer Lüftungs- sowie einer Brandmeldeanlage, der Einbau von Rauchgasventilatoren für eine Entrauchung im Brandfall, kleinere Szeneflächen, die brandschutztechnische Abtrennung von Treppenhäusern und Küche von den Publikumsflächen sowie eine Erneuerung der kompletten Elektroinstallationen.
  • Wünschenswert im Sinne einer Modernisierung sind die Dämmung des Dachs, das Entfernender abgehängten Holzdecke, mehr sowie neuere Toiletten im Erdgeschoss und zusätzliche Toiletten auf der Empore, ein Kellerzugang von außen, eine ebene Szenefläche, eine Öffnung des Dachraums, eine dichte Bodenplatte mit Estrich, Fußbodenheizung und Parkett sowie die Neugestaltung der Kassen- und Garderobensituation.