Als vor einem halben Jahrhundert die erste Freundschaftsurkunde zwischen der südfranzösischen Gemeinde La Ciotat und Singen unterzeichnet wurde, standen die Bürgermeister und Gemeinderäte beider Seiten noch unter dem Eindruck zweier Weltkriege. Heute könnte die Vorstellung von Feindschaft kaum abwegiger erscheinen. Viele der Anwesenden bei der Erneuerung dieser Urkunde 50 Jahre später können auf langjährige Kontakte im Jumelage- oder dem Städtepartnerschafts-Komitee, dem deutschen Gegenstück, zurückblicken. Einige der Gemeinderäte haben selbst bereits als Schüler die Erfahrung eines Austausches nach Frankreich gemacht.
Von La Ciotat aus pflegt auch Jean Louis Lesavre seit vielen Jahren den Kontakt in den Hegau. "Ich bin schon so lange im Komitee, am Anfang waren wir noch jünger und schöner", scherzte er. Wie die anderen Redner betonte er die Bedeutung des persönlichen Kontaktes als Friedensprojekt. Ein Unglück wie der Zweite Weltkrieg lasse sich nur verhindern, wenn sich die Menschen begegneten. "Wenn man den anderen in seiner Art erkennt, ist kein Krieg mehr notwendig", erklärte er.
Viele Schüleraustausch-Aktionen
Besonders freute er sich, nach dem Jubiläum des 25-jährigen Bestehens nun auch das 50-jährige als Leiter des Comité de Jumelage zu erleben. Ähnliches betonte auch La Ciotats stellvertretende Bürgermeisterin Geneviève Boissier. "Man sagt immer, für eine Freundschaft muss man sich kennenlernen – Singen und La Ciotat haben das wirklich gemacht". Für Oberbürgermeister Bernd Häusler wird die Verbindung zwischen den Städten durch ihre Ähnlichkeit verstärkt: Beide sind industriell geprägt, was die Fabriken für Singen sind, ist für La Ciotat der Schiffbau. Er gab den Zuhörern im Bürgersaal einen Überblick über die Institution, über die der Austausch zwischen den Gemeinden abläuft.
Neben den Gemeinderatsdelegationen, von denen eine größere zuletzt 2003 nach Frankreich aufbrach, basiert die Kooperation auf verschiedenen Initiativen. Häusler nannte beispielsweise die Naturfreunde oder verschiedene Schulen, die regelmäßig ihren Schülern das Angebot eines Frankreich-Aufenthaltes machen. So lobte er die Zeppelin-Realschule für mehr als 40 durchgeführte Schüleraustausch-Aktionen. Ein Dank, dem sich Charlotte Villinger-Ménétré anschloss, die die Veranstaltung eigentlich als Übersetzerin unterstützte. Dank der Unterstützung der Realschule und der französischen Lehrerkollegen sei schließlich auch ein Austausch aus Bohlingen möglich geworden. Ein weiterer wichtiger Austausch sei der seit 1997 durch die AWO vermittelte Jugendaustausch.
Maggi-Fläschchen als Gastgeschenk
Als weitere Bausteine der Partnerschaft nannte er die Musikgruppen aus Singen, die Singen in Frankreich repräsentieren. Dazu gehören das Orchester des Hegau-Gymnasiums oder die Band Ghostriders. In Zukunft wolle man vor allem den beruflichen Austausch verstärken. So hätten bereits einige Auszubildende aus Frankreich einen Gastronomiebetrieb in der Region, das Zapa in Bohlingen, kennengelernt. Solche Projekte wolle man ausbauen.
Auch bei den Gastgeschenken hoffte man offensichtlich auf einen Singener Einfluss auf die französische Küche. Neben Sekt und Honig aus der Region befand sich in den bei der Feier überreichten Paketen auch je ein Fläschchen der berühmten Maggi-Würze.
Die Partnerstadt
La Ciotat ist eine südfranzösische Hafenstadt, rund 30 Kilometer östlich von Marseille. Im Meer vor der Stadt liegt die Insel Île Verte. La Ciotat gehört zum Großraum Marseille und ist mit rund 35 000 Einwohnern der zweitgrößte Vorort der Metropole. Die von den Römern gegründete Ansiedlung hieß ursprünglich Citharista. Selbständig wurde die Stadt 1429. Damals wurde das Gebiet von Ceyreste, zu dem der Ort bis dahin gehört hatte, geteilt und ein eigenständiges Gemeinwesen errichtet. Von da an entwickelte sich die Gemeinde rasch, vor allem aufgrund des Handels. Auch der Tourismus ist heute ein bedeutender Wirtschaftszweig