Der Tod kam in seinem Fall nicht überraschend. Die schwere Erkrankung des Ehrenbürgers Werner Messmer war seit Langem bekannt und er selbst machte daraus kein Geheimnis. Jetzt ist der 89-Jährige gestorben – und sein Lebenswerk wird damit für die Stadt Radolfzell zu einem Vermächtnis.

Das ist im Sinne des Wortes zu verstehen: Werner Messmer entschied bereits in den 90er Jahren, im Fall seines Todes den größten Teil seines Vermögens seiner Heimatstadt zu vermachen. Schon bisher profitierten zahlreiche Vereine, Einrichtungen und Gruppierungen von den Ausschüttungen der nach ihm und seiner im Oktober 2014 im Alter von 91 Jahren gestorbenen Frau Erika benannten Stiftung, mit dem Tod von Werner Messmer aber wächst das Stiftungsvermögen nochmals gewaltig an.

Woher stammt dieser Sinn fürs Gemeinwohl? Werner Messmer hatte auf die Frage eine einfache Antwort parat: Er liebe Radolfzell – und verband die Aussage gern mit einem fast entschuldigend wirkenden Ausbreiten der Arme und dem leichten Hochziehen der Schultern. Argumentativ war ihm kaum mehr zu entlocken, zumal Werner Messmer kein Freund von wortreichen Erklärungen war. Doch die regelmäßige Liebeserklärung an „seine Stadt“ ist wichtiger für die Einschätzung des Mannes als vieles andere in seinem Lebenslauf – sie verdeutlicht die butterweiche Seite des Gemütsmenschen Werner Messmer.

Im Mai 1999 bekommt Werner Messmer das Bundesverdienstkreuz. Links der frühere Oberbürgermeister Günter Neurohr. Bild: SK-Archiv/rag

Im Mai 1999 bekommt Werner Messmer das Bundesverdienstkreuz. Links der frühere Oberbürgermeister Günter Neurohr. Bild: SK-Archiv/rag

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2013: Werner Messmer bei der Eröffnung des Werner und Erika Messmer Hauses in Espasingen mit Stockachs Bürgermeister Rainer Stolz. Bild: ...

2013: Werner Messmer bei der Eröffnung des Werner und Erika Messmer Hauses in Espasingen mit Stockachs Bürgermeister Rainer Stolz. Bild: Liebig

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Mit Alt-OB Schmidt bei der Einweihung der Messmer-Straße. Bild: G. Jarausch

Mit Alt-OB Schmidt bei der Einweihung der Messmer-Straße. Bild: G. Jarausch

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Wolfgang Eßig, Werner Messmer und Wolfgang Geiges beim SK-Sommerfest am 3.8.2000. Bild: SK-Archiv

Wolfgang Eßig, Werner Messmer und Wolfgang Geiges beim SK-Sommerfest am 3.8.2000. Bild: SK-Archiv

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Sie kam bei diversen Anlässen zum Vorschein, etwa bei den öffentlich zelebrierten Geburtstagsfeiern in seinem vergleichsweise bescheidenen Haus auf der Mettnau, bei Vereinsveranstaltungen oder den von ihm so geliebten Blasmusikkonzerten. Keine Frage, dass er dabei die Begrüßung als Ehrenbürger vor großem Publikum genoss – Werner Messmer gefiel sich in der Rolle des Wohltäters und Gönners. Und doch wirkte er mit in berührenden Momenten unstetem Blick und seiner inszenierten Jovialität immer ein wenig unsicher und, zumal mit fortschreitendem Alter, wie ein Hilfesuchender.

Dennoch gibt es kein Vertun über die andere, die knallharte Seite des Werner Messmer. Nur so ist der Aufstieg des Mannes aus einfachen Verhältnissen zu einem der landesweit erfolgreichsten und reichsten Unternehmer vorstellbar. Im Oktober 1949 gründete er zusammen mit seiner Frau und einem Meister in einer Baracke der Allweiler AG am Schmal’schen Platz eine Spezialfabrik für elektrische Autoschalter, 1952 erfolgte die Übersiedlung in das Industriegebiet Radolfzell mit inzwischen 35 Beschäftigten. Die Entwicklung verlief danach rasant, mit mehr als 1000 Mitarbeitern und Zweigniederlassungen in Gailingen, Gottmadingen und Böhringen war Werner Messmer schließlich der Chef des größten Unternehmens in der Stadt. Damals verfolgte der Geschäftsmann mit seinem sozialen Engagement durchaus auch wirtschaftliche Interessen. Der Bau von 96 Werkswohnungen beispielsweise diente zugleich dem Zweck der Anwerbung von Arbeitnehmern.

Kühlen Kopf bewies Werner Messmer auch in eigener Sache. 1978 verkaufte er die Anteile der nach ihm benannten KG an den TRW-Konzern, mit dem seit 1973 eine Kooperation bestand. Es war der richtige Zeitpunkt, denn der Weltmarkt erforderte eine neue, weniger patriarchalisch ausgerichtete Unternehmensstruktur. Werner Messmer war sich dessen, wie er einmal bei einem persönlichen Gesprächs sagte, vollkommen bewusst und spätestens nach dem Verkauf hätte er den lieben Gott einen guten Mann sein lassen können.

Im Mai 1999 bekommt Werner Messmer (Mitte) das Bundesverdienstkreuz. Rechts steht Oberbürgermeister Günter Neurohr. Zweiter von rechts ...

Im Mai 1999 bekommt Werner Messmer (Mitte) das Bundesverdienstkreuz. Rechts steht Oberbürgermeister Günter Neurohr. Zweiter von rechts ist Hans-Peter Repnik. Bild: SK-Archiv/rag

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Werner Messmer und der frühere OB Günter Neurohr am 7. Mai 1997 bei der Ernennung von Werner Messmer zum Ehrenbürger der Stadt ...

Werner Messmer und der frühere OB Günter Neurohr am 7. Mai 1997 bei der Ernennung von Werner Messmer zum Ehrenbürger der Stadt Radolfzell. Bild: SK-Archiv/rag

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Werner Messmer (rechts) mit Oberbürgermsieter Günter Neurohr (links) und Kindergartenleiterin Marlene Krämer am 7. Mai 1997. Bild. ...

Werner Messmer (rechts) mit Oberbürgermsieter Günter Neurohr (links) und Kindergartenleiterin Marlene Krämer am 7. Mai 1997. Bild. SK-Archiv/rag

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Werner Messer mit Oberbürgermeister Günter Neurohr (links) und Dieter Münch von der Südwestfinanz bei einem Termin zur Kurklinik am 7. ...

Werner Messer mit Oberbürgermeister Günter Neurohr (links) und Dieter Münch von der Südwestfinanz bei einem Termin zur Kurklinik am 7. April 1977. Bild: SK-Archiv/Liedl

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Bis 1984 blieb er dennoch Geschäftsführer. Auch danach suchte er durch Unternehmensbeteiligungen oder im Immobiliengeschäft seine Rolle in der Wirtschaft, seit Mitte der 90er Jahre trat er in der Öffentlichkeit jedoch vor allem durch seine Spenden in Erscheinung. Davon profitierte die gesamte Stadt: Viel Geld von Werner Messmer steckt zum Beipiel in der Kur und im Krankenhaus, der Werner-Messmer-Kindergarten ist ihm zu verdanken und stellvertretend für die Förderung der Vereine sei die Narrizella Ratoldi genannt, der er unter anderem einen sechsstelligen Betrag für den Bau des Zunfthauses zukommen ließ.

Das nüchterne Kalkül verließ Werner Messmer auch beim Blick auf die Zeit nach seinem Tod nie. Frühzeitig hatte Werner Messmer die Versorgungssicherheit seiner Familie geregelt – der Umstand aber, dass es in seinem familiären und persönlichen Umfeld niemanden gab, der für die Übernahme des Wirtschaftsimperiums in Frage kam, war einer der Gründe für die testamentarische Verfügung, sein Vermögen in eine Stiftung zu überführen. Es ist aufgrund der Gesetzeslage eine Möglichkeit, den Staat als Erbnehmer zu umgehen, das Lebenswerk des Stiftungsgründers weit über den Tod hinaus wirken zu lassen und den Namen des Stifters im allgemeinen Bewusstsein zu erhalten.

Eigenes Wappen: Gesellschaftliche Anerkennung bedeutete Werner Messmer viel.  Bild: SK-Archiv/rag

Eigenes Wappen: Gesellschaftliche Anerkennung bedeutete Werner Messmer viel. Bild: SK-Archiv/rag

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Werner Messmer 2011

Werner Messmer 2011

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Freund der Geselligkeit: Werner Messmer an der Fasnacht 2008. Bild: SK-Archiv

Freund der Geselligkeit: Werner Messmer an der Fasnacht 2008. Bild: SK-Archiv

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2006: Erika und Werner Messmer bei einer von vielen Ehrungen durch die Stadt Radolfzell. Bild: SK-Archiv

2006: Erika und Werner Messmer bei einer von vielen Ehrungen durch die Stadt Radolfzell. Bild: SK-Archiv

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Von diesem klaren Verstand gibt es nur wenig auf dieser Welt und Werner Messmer bewahrte ihn sich bis zum Schluss. Zeugnis davon gab sein offener Umgang mit seiner Krankheit, die er – ebenso wie viele Krankheiten und Operationen zuvor – tapfer ertrug. Klar, Anflüge von Rührseligkeit gab es, zumal Werner Messmer auch menschliche Enttäuschungen erlebte. Wollte man mit ihm in diesem Zusammenhang über Segen und Fluch des Geldes sprechen, reagierte er auf seine knappe Art: ein Nicken deutete an, dass er den Reichtum durchaus als ambivalent erfahren hat – gesagt hat er dazu nichts.

Vertreter des Wirtschaftswunders

Dateiname : Werner Messmer: Ein SÜDKURIER-Bericht von 1959
Datum : 22.05.2016
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Werner Messmer steht für die Zeit des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg. Er repräsentiert den Typus des patriarchalischen, bodenständigen Unternehmensgründers, der – aus einfachsten Verhältnissen kommend – aus einer "Garagenfirma" ein global agierendes Unternehmen entwickelte.