Die Reihenfolge gilt seit seinen Vorgängern Josef Zuber und Bernhard Maurer als gesetzt. Der Pfarrer im Münster wird auch Ehrenbürger von Radolfzell. Nach "nur" elf Jahren Dienstzeit als Stadtpfarrer in Radolfzell hat Michael Hauser (54) diese Perspektive ausgeschlagen, ihn zieht es zurück in seine Heimat, den Breisgau: "Wo es genau sein wird, das ist noch nicht entschieden."

Die Sache mit den Pfarrern als Ehrenbürger nimmt er so humorvoll, wie sie vorgetragen wird: "In der Aufzählung fehlt Friedrich Werber", zeigt sich Hauser stadtgeschichtskundig. Friedrich Werber (1843-1920) kam als Kaplan nach Radolfzell, war nebenher noch Schriftleiter der Freien Stimme, einer katholischen Wochenzeitung, und galt als gefragter Berater der Stadt. Ernst betrachtet ist die Sache mit Ehrenbürger für den Geistlichen kein erstrebenswertes Ziel: "Da hätte ich den Beruf verfehlt, ein Pfarrer soll gerade nicht nach den Ehren streben."

Nicht nur eine vermeintlich verselbstständigte Regel wie Radolfzell, Pfarrer, Ehrenbürger hat sich geändert. Für Michael Hauser hat sich in den vergangenen 50 Jahren in der katholischen Kirche doch einiges gewandelt. Früher sei man davon ausgegangen, "alle Pfarrer sind gleich und alle kann man austauschen". Dabei habe jeder andere Stärken und Schwächen. Das komme in den neuen, großen Seelsorgeeinheiten zum Tragen, in denen mehrere Seelsorger sich um die Gläubigen kümmern.

Die Seelsorgeeinheit Radolfzell zählt rund 13 000 Katholiken. In pastorale Mitarbeiter, Musiker, Mesner, Angestellte, Sekretärinnen umgerechnet sind das rund 40 hauptamtlich Angestellte: "Da sind die Erzieherinnen in unseren Kindergärten gar nicht dabei." Dazu kommen noch rund 400 Ehrenamtliche, die sich in der Kirche engagieren. Hauser glaubt, die alte Rechnung ein Pfarrer, eine Kirche, eine Pfarrei, die gehe nicht mehr auf: "Solch eine Einheit kann man nicht führen, bis man 75 ist."

Stadtpfarrer Hauser räumt ein, dass in dieser Gemengelage von unterschiedlichen Interessen auch in einer Pfarrgemeinde Konflikte nicht ausbleiben: "Ich versuche dann, Verständnis zu fördern und zu vermitteln." Es käme vor, dass Auseinandersetzungen die Sachebene verlassen. Es würden manchmal Dinge ausgetragen, die außerhalb der Kirche "im Unguten" lägen. "Das ist schade, weil es viel Kraft kostet und weil engagierte Gemeindemitglieder der seelsorgerischen Arbeit verloren gehen." Für ihn als Leiter der Seelsorgeeinheit sei es deshalb hilfreich und entlastend, wenn der Stiftungsrat als offizielles Vertretungsorgan in Finanz- und Personalrechtsfragen die Kirchengemeinde vertritt: "Es ist gut, wenn die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt ist."

Warum er für sich jetzt den Abschied von Radolfzell beschlossen hat, hängt mit diesen Anforderungen an einen Pfarrer und Leiter einer Seelsorgeeinheit zusammen. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wolle die Kirche ja einen Wechsel auf diesen Stellen. "Ein neuer Pfarrer kann neue Schwerpunkte setzen, jeder spricht nur bestimmte Menschen und Gruppen an", sagt Hauser. Jetzt habe er für sich entschieden, dass es an der Zeit für diesen Wechsel in Radolfzell sei.

Auslöser sei auch sein Alter gewesen. Mit 54 Jahren stehe er zwar mitten im Leben, doch eines habe er schon an sich bemerkt: "Mit zunehmendem Alter lässt man sich nicht mehr so schnell auf neue Menschen ein." Und das müsse man in der Position des Pfarrers, ein Stellenwechsel sei mit viel Arbeit verbunden: "Ich will weiter eine Pfarrei oder Seelsorgeeinheit leiten und nicht zurück etwa in die Kirchenverwaltung, also ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen", glaubt Hauser und bekräftigt: "Ich gehe, weil ich für die Pfarrei das Beste will."

Um die Nachfolge müsse sich die Pfarrgemeinde keine Sorge machen: "Die Kirche hat in Radolfzell Bedeutung, sie hat Ansehen und mit dem Münster eine der schönsten Kirchenbauten." Hauser kommt ins Schwärmen: "Es ist eine der wenigen Kirchen, die geschlossen gotisch ist – das Münster ist ein Raum, der zum Glauben einlädt." Das Radolfzeller Münster ist für ihn ein Beispiel, wie prägend der Baustil einer Kirche sein könne. Das Münster habe eine Anziehungskraft, die weit über die Pfarrgemeinde hinausgehe und beim Hausherrenfest sinnbildlich für die Stadt und Außendarstellung sei: "Radolfzell hat einen Sinn für Tradition und Beständigkeit, man kann Ostern und Weihnachten abschaffen, das Hausherrenfest und die Fasnacht nicht."

Wie sehr Radolfzell und das Münster über das Hausherrenfest verwurzelt sind, macht Hauser an Zahlen fest: "In unserer Wallfahrtsmesse jeden Mittwoch haben wir mehr als 150 Besucher." Das seien viele für einen Werktagsgottesdienst. Auch sonst stehe die Seelsorgeeinheit im Vergleich mit anderen Seelsorgeeinheiten in der Diözese gut da: "Wir haben in allen Gottesdiensten am Wochenende zwischen 1000 und 1200 Besuchern, im Münster sind es alleine 500 bis 600 am Sonntag." Hauser legt diese Zahlen positiv aus: "Ich möchte wissen, wie viele Vereine und Gruppierungen jedes Wochenende 1000 Leute auf die Beine bringen?" Für Radolfzell beantwortet Hauser seine rhetorische Frage selbst: "Die Kirche hat Bedeutung, sie hat Ansehen."

Mit seiner Entscheidung ist Michael Hauser im Reinen: "Sie wirkt befreiend." Jetzt wartet er auf die Entscheidung des bischöflichen Ordinariats in Freiburg, welche Seelsorgeeinheit ihm zugewiesen wird: "Welche steht noch nicht fest." So viel hofft und weiß er, es soll in seine Heimat in den Großraum Freiburg gehen. Sein Entschluss, die Hausherrenstadt als Stadtpfarrer zu verlassen, hat Betroffenheit ausgelöst. Hauser nimmt es mit Humor: "Wie ich höre, hat es das noch nicht gegeben. Aber das Heil von Radolfzell hängt nicht von mir ab."

 

Heitersheim und Rom

Was es über Pfarrer Michael Hauser und die katholische Kirche in diesem Zusammenhang zu sagen gibt

  • Zur Person: Michael Hauser ist am 30. April 1963 in Freiburg geboren. Aufgewachsen in Heitersheim, hat er sein Abitur 1982 in Staufen gemacht. Sein theologisches Studium hat er in Freiburg und München absolviert, 1989 ist er zum Priester geweiht worden. Sein Vater Willi hatte in Heitersheim ein Elektrogeschäft. "Für meine Eltern war praktizierende Religiosität normal", Mutter Rita sei lange Jahre im Pfarrgemeinderat in Heitersheim gewesen. Bis ein Jahr vor dem Abitur hatte es sich Michael Hauser noch offen gehalten, ob er Elektroingenieur oder Priester werden soll. Einmal in der Woche geht Pfarrer Hauser zum Schwimmen und legt 1000 Meter in rund 40 Minuten zurück. Als weiteren Ausgleich pflegt er zwei Skatrunden "mit anderen Pfarrern".
  • Zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965): Das Konzil in Rom leitete die katholische Kirche eine umfassende Erneuerung ein. Seither sollen die Gläubigen aktiv ins liturgische Geschehen einbezogen werden. Auch ist der Wert der Bibelverkündigung und der Kirchenmusik im Gottesdienst hervorgehoben worden. Das Konzil entwarf Richtlinien für eine zeitgemäße Form christlichen Lebens und des Dienstes in geistlichen Berufen. Die Priesterausbildung wurde neu geordnet. (Quelle: Domradio.de)