Die Eröffnung der Ausstellung „Oktoberreisen“ mit Bildern der Malerin Angela Becker-Fuhr im Hermann-Hesse-Museum in Gaienhofen stieß bei zahlreichen Kunstfreunden auf großes Interesse. Mit einer eindrucksvollen Laudatio stellte Museumsleiterin Ute Hübner die Malerin und ihre Werke vor. Die Arbeiten der auf der Höri lebenden Künstlerin verdichten sich in dieser Ausstellung zu einer Art Reisetagebuch. Seit 1996 führen regelmäßige Unternehmungen die Künstlerin in Begleitung ihres Sohnes nach Italien, Frankreich, Asien, an Orte, die sie bei früheren Reisen mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann mehrfach besucht hatte. Diese direkt mit ihrem Leben verbundenen Stationen führten sie in Italien an Ziele wie Apulien, Pompeji und vor allem Venedig. Vielfältige Erinnerungen an Gesehenes an diesen Orten bilden die Grundlage ihrer Bildsujets. Unterwegs, dort wo ihr Blick umherschweift, wachsen die Neugier und das Verlangen, landschaftliche Phänomene dem Bekenntnis zur Farbe und der Lust an Formen und Strukturen auszusetzen.
Angela Becker-Fuhr ist angetan von den Auf- und Unauffälligkeiten ihrer Umgebung. Fremde Gefilde, Architekturen, Wolken und Wasserflächen, Spiegelungen, Licht und Dämmerung zwingen sie zu genauer Beobachtung. Ihre Motive sind keine topografisch genauen Schilderungen, sondern die subjektiv stilisierte und farbig überhöhte Beschreibung eines für sie ganz neuen Natureindrucks. Sie hat den Mut, kraftvolle Töne zu zeigen. So entstanden mediterrane Landschaftsbilder von leuchtender Farbintensität. Diese Motive verweisen auf die künstlerische Prägung durch ihren Vater, den Maler Kurt Georg Becker, von dem sie schon früh Mal- und Zeichenunterricht erhielt.
Angela Becker-Fuhr beschreitet aber auch durchaus neue Wege. Sie greift dabei auf einen besonderen Untergrund, wie Japanpier als Bildträger zurück und besinnt sich auf ganz eigene stilistische Mittel. Beispielhaft stehen dafür die Arbeiten mit Bezug zu den antiken Stätten Oplontis und Pompeji. Mittels eingefügter Fotografien werden hierbei architektonische Reflexionen gesetzt, die neue Perspektiven schaffen, Stabilisierung und Auflösung bewirken. Mit sparsamsten Mitteln, wie zurückgenommene Farbigkeit und einige wenige Linien, welche die kompositorische Anlage der Bilder von Venedig bestimmen, schafft Becker-Fuhr Werke, mit denen sie die erlebte Atmosphäre der Stadt fühlbar mitteilt.
Die Arbeiten von Angela Becker-Fuhr, ihre feinsinnigen Eindrücke und Wahrnehmungen gepaart mit ungewöhnlichen Blickwinkeln, reihen sich nicht einfach so in den Strom gängiger Landschaftsbilder ein, sondern werden in dieser Ausstellung zu einem ganz persönlichen Stück Lebensreise oder eben zu einen „Reisetagebuch“.
Zur Künstlerin
Angela Becker-Fuhr wurde am 4. Oktober 1946 in Konstanz geboren. Nach einer Ausbildung zur Buchhändlerin ging sie auf eine Werbefachschule in Frankfurt am Main und auch die Fachhochschule für Gestaltung in Wiesbaden. Außerdem lebte sie in Paris, Köln und Berlin. Heute lebt sie als freischaffende Malerin am Bodensee. Sie malt auf Papier und Karton. Seit 15 Jahren arbeitet die Künstlerin auch zum Thema Südost-Asien. (sk)