Die SPD in Konstanz wird es als Verlust einstufen, für die Landespartei ist es ein Segen: Winfried Kropp, bisheriger Referent der SPD-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat, wechselt im Juni ins Büro des SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Peter Storz.
Den Politiker und seine Mitarbeiter erwarten in der bevorstehenden fünfjährigen Wahlperiode jede Menge Arbeit. Sie sollen nicht nur die Themen des Wahlkreises Singen/Stockach bearbeiten und Ansprechpartner für die Menschen sein, zu betreuen sind zugleich der Wahlkreis Konstanz/Radolfzell sowie die Wahlkreise Tuttlingen und Rottweil. Das Büro von Peter Storz wird mit drei Mitarbeitern besetzt sein, Winfried Kropp übernimmt die Leitung.
Der 58-Jährige ist davon überzeugt, dass es sich um eine Aufgabe handelt, bei der man im Prinzip an sieben Tagen in der Woche zu jeweils 24 Stunden erreichbar sein muss. „Dass wir uns um vier Wahlkreise kümmern müssen ist, ist die Folge des schlechten Abschneidens bei der Landtagswahl“, so seine nüchterne Bilanz des Wahlergebnisses im März diesen Jahres.
Damit er seiner Funktion gerecht werden kann, wird Winfried Kropp nicht nur seine Tätigkeit als Fraktionsreferent im Konstanzer Gemeinderat beenden, auch für sein Amt im SPD-Kreisvorstand wird er bei der anstehenden Neuwahl nicht mehr zur Verfügung stehen. Behalten indessen will er sein Ehrenamt beim Mieterbund Bodensee, für den er die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt.
Viel Verwaltungs- und wenig Ratsarbeit
Den Wechsel in das Aufgabengebiet der Landespolitik nutzte Winfried Kropp auf SÜDKURIER-Nachfrage zugleich zu einer Bilanz seiner Zuarbeit für den Konstanzer Gemeinderat. Diesen sieht er in einer Orientierungs- und Funktionskrise, die hauptsächlich durch das Erstarken der Verwaltung verursacht werde.
„Die Stadträte können kaum mithalten, weil die Zeit- und Arbeitsbelastung wächst“, wobei er die Dauer von Sitzungen anführt, die „um 16 Uhr beginnen und manchmal um 23 Uhr noch nicht beendet sind“.
Zwar habe dies auch früher schon zu Einschränkungen bei der repräsentativen Struktur von Gemeinderäten geführt, aber so krass wie zurzeit sei es noch nie gewesen. „Wir laufen Gefahr, dass die repräsentative Demokratie sich immer mehr von den Menschen und ihrer Lebenswirklichkeit entfremdet.“
Ein besonderes Problem im Konstanzer Gemeinderat stellt für Winfried Kropp die Stärke der Freien Grünen Liste (FGL) und die Vielzahl weiterer Fraktionen dar. Dies habe zur Folge, dass sich drei Fraktionen zusammenschließen müssen, um überhaupt in die Nähe der FGL-Stimmenzahl zu kommen.
Kropp sieht OB Burchardt in der Pflicht
Für die Fraktionsvorsitzenden erfordere dies einen erhöhten Koordinationsaufwand – ein weiterer Zeitfresser. Die FGL trage ihrerseits zur Ineffizienz der Ratsarbeit bei, weil sich durch ihr Rotationssystem an der Fraktionsspitze ein Vertrauen zwischen den Fraktionen nur schwerlich ausbilden lasse.
Dies aber hält er für unerlässlich, damit die Stadt bei ihren Herausforderungen weiter komme. Die Findung von Kompromissen mit wechselnden Mehrheiten sei die Stärke der Kommunalpolitik, insbesondere um vor der Übermacht der Verwaltung zu bestehen.
Das Ergebnis der speziellen Situation in Konstanz offenbare sich in der Finanzpolitik. Insbesondere das von der FGL betriebene Ausgabenwachstum zeugt für Winfried Kropp von geringerem Verantwortungsbewusstsein.
Er sieht dabei allerdings auch Uli Burchardt in der Pflicht. Der Oberbürgermeister habe bislang wegen der guten Einnahmesituation einfach nur Glück gehabt, jetzt aber schlage die Stunde der Wahrheit.