Hubert Böttcher hat etwas Erfrischendes, und das liegt daran, dass er das Leben nimmt, wie‘s kommt. Dabei hätte der Pächter des Weingut-Restaurants Haltnau wie alle in der Branche hinreichend Grund zur Klage. Die Beschränkungen infolge der Corona-Verordnungen setzte dem Gastronomie-Betrieb schwer zu und wegen des Wetters war auch die Winzerei seines Pächter-Kollegen Stephan Düringer ein Geschäft mit vielen Unbekannten.

Doch was macht Hubert Böttcher? Er freut sich über ein Team, das gerade in der Krise zur Hochform aufläuft. Im sechsten Jahr nach Umbau und Sanierung des Gastronomie-Betriebs weiß er außerdem noch immer das Ambiente und die Arbeitsbedingungen zu schätzen. Und er bedankt sich für die unkomplizierte Zusammenarbeit mit dem Direktor der Spitalstiftung Konstanz, Andreas Voß, sowie Andreas Osner als dem zuständigen Dezernatsleiter in der Stadtverwaltung. Das alles macht er gelassen und frei von Unterwürfigkeit, und spätestens als das Essen serviert wird, ist der Gemeinderat überzeugt. Es schmeckt.

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Letzterer kommt einmal im Jahr auf das Gut Haltnau bei Meersburg, das sich seit 1272 im Eigentum der Stadt Konstanz beziehungsweise seiner Spitalstiftung befindet. Corona freilich sorgte im vergangenen Jahr für den Verzicht auf die Zusammenkunft, und auch in diesmal war die Runde aus Gründen der Vorsicht kleiner als sonst. Als Gäste mit dabei waren unter anderem die Landräte aus Konstanz und Friedrichshafen sowie der Konstanzer Alt-Oberbürgermeister Horst Eickmeyer. Die Bauverwaltung, die in diesem Jahr für die Teilnahme an dem illustren Treffen in Übersee vorgesehen war, beschränkte sich allerdings auf eine Abordnung. Was unabhängig davon spürbar blieb, war die Freude am Austausch ohne Zoom, Skype oder sonstigen medialen Ersatzformen der Begegnung.

Im Zentrum dabei standen die Auftritte der beiden CDU-Stadträte Marcus Nabholz und Daniel Groß, die für ihre Fraktion ihre Variante der Wendelgard von Haltnau präsentierten.

Marcus Nabholz schlüpfte in die Rolle der laut Legende angeblich potthässlichen Baronin und bemühte sich telefonisch um näheren Kontakt zu Räten oder Mitgliedern der Stadtverwaltung – mit den entsprechenden Wertungen zu politischen Themen wie etwa der Einrichtung eines weiteren Dezernats unter der Leitung eines Klimabürgermeisters. Deutlich wurde dabei, dass der Rentner und Stadtrat Marcus Nabholz unter der Kurzarbeit in seinem Hauptberuf leidet: Der Mann ist Narr durch und durch, und so verwunderte es nicht, dass er und Daniel Groß ihren Abgang mit einem Ho Narro beschlossen.

Zum alljährlichen Treffen des Konstanzer Gemeinderats auf dem Weingut Haltnau gehört die Würdigung der Legende der Baronin Wendelgard ...
Zum alljährlichen Treffen des Konstanzer Gemeinderats auf dem Weingut Haltnau gehört die Würdigung der Legende der Baronin Wendelgard mit ironischen Anmerkungen einer Fraktion zur lokalpolitischen Lage. Das Bild zeigt die CDU-Stadträte Marcus Nabholz und Daniel Groß (von links) in Aktion. | Bild: Lucht, Torsten

Wenn also ein Signal von dem Haltnauer Têta-à-Tête ausgeht, dann ist es der Wert von Gelassenheit in Krisenzeiten. Eben sie ermöglicht auch den Blick darauf, dass es durchaus hätte schlimmer kommen können. Die Vorsicht dürfte der Grund dafür sein, dass die Zahl der Corona-Opfer hierzulande bislang relativ niedrig blieb, und auch wirtschaftlich lässt sich die Bilanz durchaus sehen. Einigermaßen erstaunt nahmen die Gemeinderäte zur Kenntnis, dass laut Hubert Böttcher der Gastronomie-Bereich der Haltnau im Jahr 2020 und voraussichtlich auch dieses Jahr Bestergebnisse vorzuweisen hat.

Ohne Pflanzenschutzmittel kein Ertrag

Auch die Weinproduktion verlief so schlecht nicht. Nach einem Start ins Weinjahr 2021 mit relativ normalen Austrieb im Frühjahr, verhagelte es den Winzern nach Darstellung von Hubert Böttcher am 8. Juni im Sinne des Wortes die Aussichten auf eine gute Ernte – beim Schwarzriesling beispielsweise sei die Schadenshöhe bei 60 Prozent zu veranschlagen gewesen. Ein weiteres Desaster folgte im Juli mit 20 Regentagen und einem Pilzbefall, der neben einem hohen persönlichen Einsatz auch einen so noch nie erforderlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erfordert habe. Das Potenzial an Diskussion vermochte Hubert Böttcher dabei nur anzudeuten, indem er die Folgen eines in der Nähe befindlichen Öko-Weinanbaus und dessen kompletten Ernteausfalls erwähnte.

Freude über drei Weinpreise

Immerhin versöhnten der September und der Oktober mit für die Winzer guten Witterungsbedingungen, und ein bisschen Glück gehört ebenfalls zum Geschäft. Ohne Fortuna jedenfalls ist nach Überzeugung von Hubert Böttcher nicht erklärbar, dass das Weingut Haltnau in diesem Jahr drei von 15 Preisen abräumen konnte – dergleichen gab‘s bisher noch nie. Und dass der Ertrag in Summe unterdurchschnittlich ausfällt, trägt Hubert Böttcher mit Humor: Wegen der Pandemie befinde sich noch genügend Wein im Keller, und wenn‘s bei bestimmten Sorten wirklich knapp werde, dann könne immer noch auf die Methode des Abfüllens in kleinere Flaschen zurückgegriffen werden.