Am Abend des 29. August 1970 verlor der Konstanzer Lehrling Martin Katschker sein Leben. Hans Obser, ein Anwohner des Blätzleplatzes (zwischen Augustinerplatz und Hussenstraße), hatte dem 17-Jährigen ebendort ein Bolzenschussgerät an die Brust gesetzt und abgedrückt.

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Schnell machte die Bezeichnung „Gammlermord„ für die Tat die Runde, auch wenn ein Gericht später urteilte, dass es sich um eine fahrlässige Tötung gehandelt hatte. Denn Obser soll sich vor der Tat darüber geärgert haben, dass der Platz zu einem Treffpunkt von Leuten geworden sei, die damals verächtlich als „Gammler“ oder „Hippies“ bezeichnet wurden.

Mit einer Gedenktafel die Erinnerung an Martin Katschker wach halten

An diese Ereignisse soll künftig eine Gedenktafel auf dem Blätzleplatz erinnern. Der Konstanzer Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung einen entsprechenden Antrag gutgeheißen, der von Freier Grüner Liste (FGL), Linker Liste (LLK), SPD, FDP und Jungem Forum (JFK) eingereicht worden war.

Der Tatort: Der Blätzleplatz liegt heute direkt neben dem Konstanzer Karstadt (damals noch Hertie).
Der Tatort: Der Blätzleplatz liegt heute direkt neben dem Konstanzer Karstadt (damals noch Hertie). | Bild: Lukas Ondreka

Zugleich wurden Tobias Engelsing, Direktor der städtischen Museen, und Stadtarchivleiter Jürgen Klöckler damit beauftragt, einen Text für die künftige Gedenktafel auszuarbeiten. Klöckler hatte auch ein Gutachten verfasst, das als Grundlage für die jetzige Entscheidung des Rats dienen sollte.

Darin beleuchtet der Stadtarchivar unter anderem die Lebensläufe von Täter und Opfer, den Hergang der Tat und deren juristische Aufarbeitung, aber auch die damals vorherrschende gesellschaftliche Stimmung sowie mögliche Versäumnisse der Stadtverwaltung. Das komplette Gutachten ist hier für alle einsehbar.

Befürworter der Gedenktafel wollen daran erinnern, wozu Hetze führen kann

Dass nicht alle dieselben Schlüsse aus dem Gutachten ziehen, zeigten die Einlassungen einiger Gemeinderäte.

So hoben Stimmen von LLK, FGL, JFK oder SPD das im Gutachten konstatierte Verwaltungsversagen im Vorfeld der Tat hervor oder betonten, dass daran erinnert werden müsse, welche Folgen eine aufgeheizte Stimmung und die Hetze gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen haben können.

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CDU-Vertreter übt Kritik: „Wird den Umständen und dem Tod des Martin Katschker keinesfalls gerecht“

Anderer Meinung war Daniel Groß von der CDU: „Unsere Fraktion sieht die Voraussetzung für eine Gedenktafel als nicht gegeben an.“ Er wolle den tragischen Tod Katschkers keinesfalls schönreden.

Aber es müsse auch die im Gutachten festgehaltene Tatsache berücksichtigt werden, dass es sich um keinen politisch motivierten Mord gehandelt habe. Dass in Konstanz im Sommer 1970 gegen sogenannte Gammler gehetzt wurde, sei nicht zu leugnen.

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„Aber es bleibt nur eine Mutmaßung, dass diese Stimmung ausschlaggebend war für das Geschehen auf dem Blätzleplatz. Mit einer Gedenktafel wird nun aber das Geschehen in eine Dimension gehoben, die den Umständen und dem Tod des Martin Katschker keinesfalls gerecht wird“, so Groß.

Trotz dieser Kritik gab es am Ende nur drei Gegenstimmen und vier Enthaltungen. Die deutliche Mehrheit des Rats, darunter OB Uli Burchardt, sprach sich für die Errichtung der Gedenktafel aus.