Bunte Lichter tanzen auf dem Asphalt. Sie stammen von den Scheinwerfern für die Beleuchtung des Schriftzugs Grey. Die gleichnamige Diskothek hat Freitagnacht ihre Türen wieder für Besucher geöffnet. Seit der Bluttat von Rozaba S., bei der ein Türsteher starb und weitere Personen teils schwer verletzt wurden, ist eine Woche vergangen.
Links neben dem Eingang erinnern Blumen und Kerzen an den getöteten Türsteher Ramazan Ö. Die Scheinwerfer hoch oben am Gebäude wechseln von Zeit zu Zeit die Farbe und tauchen sie in grelles Licht. Vereinzelt haben Menschen Kondolenz-Schreiben niedergelegt: Als du noch bei uns warst, ist auf einem Blatt Papier zu lesen.

Drei Jugendliche gehen vorüber, bleiben kurz stehen und werfen einen Blick darauf. "Mein Beileid", murmelt einer, dann gehen sie weiter. Oberhalb am Geländer steht Christian Sieve. Er ist Geschäftsführer der Betreibergesellschaft KNEG GmbH aus Stuttgart. "95 Prozent vom Team stehen hinter der Wiedereröffnung", sagt er. Außerdem hätte er für dieses Wochenende Unterstützung aus Stuttgart geholt. Mitarbeiter, die sich noch nicht bereit fühlen zu arbeiten, gebe er die Zeit, die sie brauchen: "Auch wenn es noch eine Woche dauern sollte." Eins macht Christian Sieve im Gespräch klar: Er möchte an diesem Abend keine Interviews mit dem Personal, den Türstehern und auch nicht mit den Gästen. Auch die nächsten Wochenenden wünscht er das nicht. Den Menschen solle Ruhe und Zeit gegeben werden, um das Geschehene zu verarbeiten, wie er sagt. In zwei bis drei Wochen sei ein Interview aber durchaus möglich, ergänzt Christian Sieve. An diesem Wochenende wird es auch eine Gedenkminute geben: "Jeweils in den Morgenstunden um 4.27 Uhr werden wir inne halten und den Musikbetrieb herunterfahren", erklärt er.
Ein junger Mann mit einem weißen T-Shirt geht die Treppen zum Grey hinauf. Es kommt zu einem kleinen Gespräch mit den Türstehern: "Das sagt euch sonst sicher keiner, aber: ihr leistet gute Arbeit", sagt der Jugendliche. Dann geht er hinein. Wie viele Gäste sind denn schon in der Diskothek? "Momentan sind ungefähr 70 bis 80 Besucher im Grey. Wir erwarten heute um die 400", erklärt er. Auf die Frage, ob das normal sei, antwortet der Geschäftsführer: "Für null Uhr ist das okay. Da sind sonst auch nicht mehr Menschen im Grey." Über die Besucherzahl sei erst zwischen Mitternacht und ein Uhr eine endgültige Aussage zu treffen, ergänzt er. Ein Polizeiwagen fährt im Schritttempo an der Diskothek vorbei. "In der Nacht war alles vollkommen ruhig", sagt Polizeisprecher Bernd Schmidt am Samstagmorgen. Es habe keine Störungen oder Protestaktionen gegeben, sagt er und fügt hinzu: "Die Besucherzahl war, im Vergleich zu dem, was sonst in die Diskothek geht, überschaubar." Die Polizei habe Kontakt mit den Betreibern aufgenommen und sei verstärkt Streifendienst gefahren: "Für den Fall, wenn etwas geschehen wäre, wären wir vorbereitet gewesen."

"Niemand hegt Groll gegen den Laden", sagt die Betriebsleiterin Sonja Botterhuis. Sie ist kommissarisch eingesetzt und aus Stuttgart an den Bodensee gereist. "Wir geben hier heute Nacht kein Vollgas", betont sie. Die Wiedereröffnung hat für Sonja Botterhuis einen einfachen Grund: "Der Betrieb muss weitergehen. Hier hängen Existenzen dran." Der Betreiber hatte im Vorfeld eine Spendenaktion angekündigt: Die Eintrittsgelder an diesem Wochenende gehen an die Familie des getöteten Ramazan Ö. Wer möchte, kann sich am Eingang in ein Kondolenz-Buch eintragen: Ein Gast hat darin mehrere Zeilen geschrieben. Auf dem Tresen steht auch ein Bild des Türstehers sowie eine durchsichtige Geldspende-Box: Sie ist bis oben gefüllt.
Die Diskothek Grey
Wo zuletzt das Grey bis zu 2500 Gäste empfangen hat, steht seit langer Zeit eine Diskothek. Im Dezember 2003 hat dort eine Disko eröffnet, knapp fünf Monate später hieß sie DancePalace. 2014 wurde der Name kürzer, es blieb nur „Dance“. Bald darauf heißt sie Maexx 33, doch das Interesse der Gäste sank immer weiter. Im März dieses Jahres ging das Grey an den Start. (phz)