Text und Bilder: Sandra Pfanner

Etwas zu sehen, was in der Realität nicht da ist, klingt verrückt. Es ist aber die Zukunft. Zum ersten Mal massentauglich wurde diese Vorstellung, als auch auf den Konstanzer Straßen Menschen mit dem Smartphone unterwegs waren und mit dem Spiel "Pokemon Go" Monster jagten. "Augmented Reality" heißt das in der Fachsprache, und bedeutet: In die Wirklichkeit, wie wir sie sehen, werden virtuelle Dinge eingeblendet. Zum Beispiel mit der HoloLens, einer speziellen Brille von Microsoft. Mit Millionen einzelner Lichtpartikel in den beiden Linsen der Brille erzeugt die HoloLens virtuelle, dreidimensionale Objekte, die sich anschließend mit Sprache und Gesten steuern lassen.

Studenten der Konstanzer Hochschule HTWG haben schon mit ihr gearbeitet und während eines Projekts Tage (und teilweise Nächte) damit verbracht, Anwendungen für die HoloLens zu entwickeln.

Spielerei mit verheißungsvoller Zukunft: Mit der "HoloLens" von Microsoft lassen sich virtuelle Dinge in die Realität vor Augen ...
Bild: HTWG

Zum Beispiel könnte man mit der Brille durch das Konstanz im 17. Jahrhundert spazieren. Sieht von außen vielleicht, nun ja, ungewöhnlich aus - aber derjenige, der die Brille auf hat, wird gewohnte Ecken völlig neu erleben. Einsetzen könnte man die Brille aber auch in der Wartung von Technik, bei Anleitungen zum Reparieren von Geräten, in der Ausbildung oder der Medizin. Das sieht dann zum Beispiel so aus.

HANDOUT - Das Handout zeigt eine Animation der Funktionsweise von Microsofts Augmented Reality-Brille Hololens (undatiertes Handout). ...
Bild: Microsoft (Microsoft)

Ein Labor für Ideen 

Mit neuen Technologien innovative Ideen umsetzen – das ist die Idee eines neuen Labors an der HTWG. Tüftler finden dort alles, was das Herz begehrt. HoloLens, 3-D-Drucker, Lasercutter, Holzwerkstatt. "Warum immer nach Silicon Valley schauen? Lasst uns hier was machen", fasst HTWG-Präsident Carsten Manz die Idee des Open Innovation Lab zusammen. Es soll eine ähnlich feste Einrichtung der Hochschule sein wie etwa die Bibliothek und kann von Studierenden aller Fachrichtungen genutzt werden.

Angelehnt ist es an die sogenannten „Makerspaces“ und „Fablabs“ in den USA. „Das sind öffentlich zugängliche, moderne Do-it-yourself-Werkstätten, in denen mit digitalen Werkzeugen kreative neue Produkte individuell erarbeitet, erprobt und produziert werden“, erklärt Oliver Fritz, der von der Hochschulleitung mit dem Aufbau des Lehr- und Forschungslabors beauftragt wurde. Das Konstanzer Digitallabor soll vor allem auch den Gründergeist der Studierenden wecken. Denn in einer von technologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbrüchen geprägten Zeit machen viele junge Start ups etwas richtig, um schon heute gute Geschäfte zu machen: Sie sind kreativ und wendig, nicht träge und vorsichtig wie so manche Unternehmen. 

Neben der HoloLens gibt es viele andere Geräte und Anwendungen. Die am meisten genutzten Maschinen im Open Innovation Lab sind die 3D-Druck-Maschinen. Damit können verschiedene Kunststoffe verarbeitet werden, erklärt Informatik-Student Christian Schmeißer.

Es sind die am meisten genutzten Maschinen im Open Innovation Lab: Die 3D-Druck-Maschinen. Damit können verschiedene Kunststoffe ...

Schicht für Schicht wird das Material aufgetragen und formt so dreidimensionale Gegenstände.

 

Open Innovation Lab HTWG Konstanz 3D Drucker Video: Sandra Pfanner

 

So wird beispielsweise die Prototypen-Herstellung für Unternehmen einfacher und günstiger. Oder, der Last-Minute-Tipp zu Weihnachten: Man druckt sich einfach selbst und verschenkt sich. 

Wer sich zu Weihnachten selbst verschenken möchte: 3D-Druck macht es möglich.

So oder so: Hier experimentieren die klugen Köpfe von morgen an der Zukunft. Und das sind keine Fachkräfte, sagt Manz. Sondern künftige Unternehmer, vielleicht auch für die Region, die über Grenzen hinweg denken. 

Bundesweit einmaliges Projekt 

Einer der ersten Besucher des Digitalen Labors ist Michael Schwabe, Chef der Stockacher ETO-Gruppe mit mehr als 1000 Mitarbeitern. Der klassische Maschinenbau verändere sich, so Schwabe. "Projektteams werden wichtiger", und da sei das Innovation Lab eine gute Inspiration und die HTWG vor allem auch eine gute Ausbildungsstätte in der Region. Schwabe begutachtete unter anderem mit Moritz Simsch von der HTWG eine neue Kunststofftechnik für Sichtverpackungen.

Einer der ersten Besucher des Digitalen Labors ist Michael Schwabe, Chef der Stoacker ETO-Gruppe mit mehr als 1000 Mitarbeitern. Der ...

Kleider selbst besticken? Unnötig. Im Open Innovation Lab steht auch eine Stickmaschine. Allerdings keine, wie man sie von der Oma kennt. Hier muss man nur am Computer programmieren, was man gerne hätte, und schon legt die Maschine los. 

 

Stickmaschine Open Innovation Lab

 

So sieht dann das Endergebnis aus, hätte Oma vielleicht auch nicht besser hinbekommen.

Bild 6: In einem kleinen Konstanzer Hochschullabor kann man sehen, wie gute Geschäftsideen von morgen entstehen

Im Labor steht außerdem ein Laser Scanner der Meersburger Firma Aicon. Ohne Objekte zu berühren, scannt der Gerät Formen und Oberflächen digital und vor allem präzise. Interessant ist diese Technik nicht nur für die Industrie - sondern auch für Kulturschaffende. Mit der sogenannten White-light Technologie erfasst der Scanner auch Farbinformationen - das ist zum Beispiel für Designer oder Restaurateure interessant. 

 

Scanner Open Innovation Lab HTWG Video: Sandra Pfanner

Das Innovationslabor ist ein bundesweit einmaliges Projekt in der Lehre. „Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Art der Lehre und Zusammenarbeit die Vorbereitung für lebenslanges Lernen im 21. Jahrhundert liefert“, sagt Beate Bergé, Vizepräsidentin Lehre und Qualitätssicherung. Vom Land Baden-Württemberg bekam die HTWG für das Projekt rund 696 000 Euro Fördergeld.