Jörg Braun und Albert Bittlingmaier

Drei Beben waren bisher für jedermann spürbar, Dutzende weitere wurden lediglich von den Messgeräten registriert. Laut Landeserdbebendienst Baden-Württemberg besteht wegen der Erdbeben-Serie kein Grund zur Besorgnis. Heftigere Erdstöße auch mit Schäden an Häusern seien jedoch möglich, wie jederzeit und überall im Land, sagt Seismologe Wolfgang Brüstle vom Erdbebendienst.


Wie viele Beben hat es im Hegau seit Beginn der Serie gegeben? Bis Redaktionsschluss waren es 60 lokalisierte Beben. Es dürfte aber noch viele weitere, ganz kleine Beben gegeben haben, die zu schwach waren, um von den Messstationen aufgezeichnet zu werden, sagen die Fachleute des Landeserdbebendienstes in Freiburg.

Lag das Epizentrum immer in Hilzingen? Die Epizentren lagen bisher immer an fast derselben Stelle, leicht nördlich von Hilzingen.

Was löste diese Beben-Serie aus? Da rätseln die Seismologen des Regierungspräsidiums noch. „Wir haben noch keine Erklärung, da kann man nur spekulieren“, sagt Wolfgang Brüstle vom Erdbebendienst. Die Seismologen tauschen sich mit weiteren Wissenschaftlern zur Beben-Serie im Hegau aus. Um die Erdstöße besser untersuchen zu können, wurde eine zusätzliche Messstation direkt in Hilzingen installiert. Das sei übliche Routine, heißt es. Mit dieser Station wollen die Fachleute noch genauere Daten der Hegau-Beben ermitteln. Aufgebaut wurde das Messgerät des Landes im Hilzinger Schwimmbad, nach Absprache mit dem Bürgermeister Rupert Metzler, der sich mit den Freiburgern intensiv austauscht, wie er sagt.

Muss man sich wegen der Erdstöße Sorgen machen? „Wir wollen nichts verharmlosen, aber auch keine Ängste schüren, deshalb informieren wir so transparent wie möglich“, sagt Wolfgang Brüstle. Erdbeben und auch solche Serien könnten jederzeit an jedem Ort in Baden-Württemberg auftreten. Im Hegau habe es zuletzt vor rund 20 Jahren in mehreren Jahren spürbare Erdstöße gegeben, die damals mit bis 3,5 auf der Richterskala noch stärker waren als alle bisherigen der aktuellen Serie. Seinerzeit waren die Messmöglichkeiten noch nicht so gut. Ganz schwache Beben wurden gar nicht registriert. Die heutige Serie sei für die Hegauer nun neu und entsprechend sei verständlich, dass viele Menschen Magengrummeln hätten, wenn die Erde immer wieder bebe. „Es gibt solche Serien mit hunderten registrierten Erdstößen beispielsweise in der Schweiz immer wieder. Das ist für uns Fachleute nichts Außergewöhnliches. Für die Bürger im Hegau aber natürlich schon.“ Wolfgang Brüstle beruhigt jedoch: "Meistens gehen solche Serien ohne größere Schadensbeben vorüber." Der Erdbebendienst würde umgehend informieren, wenn Messungen neue Erkenntnisse liefern würden.

Wie geht die Serie weiter? Das lässt sich weiterhin nicht vorhersagen. Sie könnte noch Wochen oder Monate andauern oder könnte plötzlich einfach wieder stoppen. „Wir können leider nicht in die Erde hineinsehen“, sagt Brüstle. Eine Vorhersage wie beim Wetter ist für Seismologen unmöglich.
Könnten auch schwerere Erdstöße drohen? In selteneren Fällen kann es im Verlauf einer Serie auch zu stärkeren Erdbeben kommen, auch mit Schadenswirkung. Auch richtig heftige Erdbeben mit Schäden wie 1978 im Zollernalbkreis könnten passieren. Auch ein Beben wie jüngst in Italien mit der Stärke 6,6 ist bei uns im Südwesten möglich, allerdings weit weniger wahrscheinlich als in Italien. Ein vergleichbares Beben hatte es zuletzt vor 660 Jahren bei Basel gegeben. Doch dieses Risiko gebe es in Baden-Württemberg überall und auch ohne eine vorhergegangene Serie.

Hängen die Beben mit dem Vulkanismus im Hegau zusammen? Da haben die Fachleute nach derzeitigem Stand keine Hinweise. Der Hohentwiel sei vor mehreren Millionen Jahren erloschen und sei dies auch weiterhin. „Eine Vulkan-Theorie halte ich für unwahrscheinlich", erklärt der Seismologe.


Wo werden die Erdbewegungen gemessen? Da gibt es ein dichtes Netz an Messstationen in Baden-Württemberg und der Schweiz, die miteinander verbunden sind und ihre Daten austauschen. Die für den Hegau relevanten Stationen sind in Stein am Rhein (CH, 13 Kilometer entfernt), in Emmingen-Liptingen (14 km), Schleitheim (CH, 22 km) und in Wallhausen auf dem Bodanrück (26 km). Plus die neue Station direkt in Hilzingen. Sie wurde vor wenigen Tagen eingerichtet.

Wie ist denn in vier, fünf, sechs Kilometern Tiefe unter Hilzingen die Erde beschaffen? Da ist festes Gestein und keine flüssige Magma. Die kommt erst tiefer. Die Gesteinsplatten dort unten bewegen sich und lösen damit die Beben aus, die bis an der Erdoberfläche spürbar sind.

Zwischen den Beben gibt es immer wieder mal Tage mit Ruhe. Ist das normal? Ja. Solche Serien haben keinen festen Rhythmus. Da kann es an einem Tag gleich mehrfach rumpeln und dann wieder einige Zeit nicht.

Manche sprechen von Erdbeben-Schwärmen. Ist das schon ein solcher Schwarm? Die Seismologen des Landeserbebendienstes Baden-Württemberg sprechen noch ganz neutral von einer Serie. "Den geophysikalischen Grund für diese Häufung kennen wir noch nicht und wissen auch nicht, wie die Serie weiter verläuft."

Wie reagieren die Bürger? Viele Hegauer haben die Erdstöße deutlich wahrgenommen. Es herrscht eine gewisse Verunsicherung, aber keine Panik. "Es kommen Nachfragen, wie über mögliche Vulkan-Tätigkeiten. Dafür gibt es aber überhaupt keine Anhaltspunkte, wie Experten versichern", so Hilzingens Bürgermeister Rupert Metzler.


Die Beben-Übersicht

Alle Beben im Südwesten, die vom Erdbebendienst Baden-Württemberg in Freiburg registriert werden, werden jeweils aktuell auf dessen Internetseite aufgelistet, mit Datum, Uhrzeit, Tiefe und Stärke. Achtung: Zur jeweils genannten Uhrzeit ist eine Stunde zur echten Hegauer Zeit hinzuzurechnen. Auf der Seite kann man auch als Bürger seine persönlichen Erdbeben-Erlebnisse melden, unter www.lgrb-bw.de