Man kann sich Sie und das Schloss Randegg gar nicht ohne Kunst vorstellen. Stimmt es, dass Sie in die Kunst reingeboren sind?

Eigentlich ist mein Großvater, Hans Koch, Schuld, dass ich mit der Kunst aufgewachsen bin. Seine Exfrau, Martha Dix, hat dafür gesorgt, dass Otto Dix nach Randegg gekommen ist und drei Jahre hier gewohnt und gearbeitet hat. Ich bin mit dem Bazillus Kunst schon als kleine Pappnase infiziert worden. Mein Großvater hatte eine umfangreiche Sammlung von Bildern, unter anderem viele Arbeiten von Paul Klee. Als ich zwischen acht und zwölf Jahre alt war, habe ich im Schloss Führungen durch die Sammlung gemacht und von jedem Besucher danach 50 Pfennig in die Hand gedrückt bekommen.

Warum sind Sie nicht Künstler geworden oder haben Kunstgeschichte studiert?

Es kam mir nie in den Sinn, Künstler zu werden, auch Kunsthistoriker kam nicht infrage, obwohl ich immer viel Kunstliteratur gelesen habe. Ich habe Bauingenieurswesen in Konstanz studiert. Meine Leidenschaft für Kunst ist und war immer da, aber eben nicht als Beruf. Und ich bin froh darüber, dass ich frei urteilen kann, weil ich nicht davon leben muss.

Sie haben auch das Erbe des Schlossbesitzers angetreten, ist das manchmal ein schweres Erbe?

Das Schloss Randegg ist in ein Sonderprogramm der 200 wichtigsten Gebäude des Landes Baden-Württemberg aufgenommen worden und so haben wir finanzielle Unterstützung bekommen. Trotzdem war es ein Kraftakt, wir haben das Schloss über einen Zeitraum von 20 Jahren renoviert. Ich habe den großen Vorteil, dass ich als Bauingenieur alles selbst machen und entscheiden kann.

Sie haben die Kunstausstellung „Experimentelle“, die es seit 30 Jahren gibt, ins Leben gerufen. Wie sehen die Vorbereitungen aus?

Ich schaue mir für die Experimentelle, die alle zwei Jahre stattfindet, zwischen 250 und 350 Bewerbungen an. Die Vorbereitungen beginnen eineinhalb Jahre vor den Ausstellungen und jetzt im Januar bringe ich gemeinsam mit Dieter Schmied aus Randegg die letzten Kunstwerke zurück. Auch er macht das ehrenamtlich und hat Freude daran. Wir legen gemeinsam viele Hundert Kilometer zurück, um die Arbeiten zu holen und zurückzubringen. Das ist ein großer logistischer Aufwand. Fünf Monate später beginne ich schon wieder mit den Vorbereitungen und der Auswahl für die nächste Experimentelle. Beim Aufbau und den Veranstaltungen helfen die Mitglieder der Födervereins für Kultur und Heimatgeschichte, ohne die das Ganze auch nicht machbar wäre.

Was macht die „Experimentelle“ aus?

Ich würde sagen, mit sechs Ausstellungsorten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich ist sie das größte vernetzte Kunstevent in Europa. Außerdem bieten wir qualitativ hochwertige Kunst, wir haben immer wieder Documenta- und Biennale-Teilnehmer, und das mit einem Budget jetzt zum 30-Jährigen von rund 100 000 Euro. Das geht nur mit ehrenamtlicher Arbeit. Ich bin jetzt 65 Jahre alt und suche seit zehn Jahren jemanden, den ich einarbeiten kann. Eine Frau war begeistert, aber als sie hörte, dass ich das ehrenamtlich mache, war die Begeisterung weg. Aber wer weiß, wo wir in Zukunft die Ausstellung noch machen können. Wenn Länder sich immer mehr nach außen abschotten, haben es grenzüberschreitende Projekte schwer.

Wovon profitieren Sie nach 30 Jahren dieses Engagements?

Ich beschäftige mich seit 50 Jahren mit Kunst und kenne rund 150 Künstler persönlich. Mich hat mal jemand gefragt, ob ich stolz bin auf 30 Jahre Experimentelle. Ich bin happy über das, was passiert ist und was ich bewegen konnte. Bewerten möchte ich das nicht, das sollen andere tun. Ich bewerte auch Kunst nicht öffentlich. Ich habe nur einmal die Eröffnungsrede für die Experimentelle gehalten, weil der Laudator ausgefallen war. Ich möchte nicht, dass es heißt: Der hat diesen oder jenen Künstler hochgejubelt. Wenn mich persönlich jemand nach meiner Meinung fragt, sage ich die.

Gibt es Künstler, über deren Entwicklung Sie sich besonders gefreut haben und welche, die Sie gern noch ausstellen würden?

Axel Heil, der die Experimentelle über viele Jahre begleitet hat, zur 20. Ausstellung die Laudatio hielt und Professor an der Kunstakademie Karlsruhe ist, ist so ein Künstler oder Uwe Lindau und viele andere. Arbeiten des südafrikanischen Künstlers William Kentridge einmal hier zu haben, wäre toll. Er ist einfach grandios. Auch Lesungen der beiden südafrikanischen Schriftsteller Deon Meyer und Andrew Brown könnte ich mir gut vorstellen. Wenn sich’s ergibt, wäre das schön.

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