Sie haben Schaufeln und eine Schubkarre mitgebracht. Und sie sind in keiner sehr guten Stimmung: Klaus Grünewald, Franz Kieferle, Jörg Münch und Albin Ströbele sind betrübt, dass ihre ganze Arbeit so fruchtlos scheint. „Ganz umsonst ist es natürlich nicht, was wir hier tun“, erklärt Klaus Grünewald. Wie die beiden anderen gehört auch er zum Markdorfer Ortsverein des BUND. Und ebenso wie seine Mithelfer will er einen Beitrag zum Artenschutz leisten. Um Weißstörche, Wildbienen, Schmetterlinge, Fledermäuse, aber auch um Amphibien kümmert sich der Ortsverein.

Naturfreund Klaus Grünewald freut sich über jede gerettete Erdkröte.
Naturfreund Klaus Grünewald freut sich über jede gerettete Erdkröte. | Bild: Jörg Büsche

Und hier am Waldsaum an der Kreisstraße 7744 zwischen Autenweiler und Grünwangen hat die Amphibien-Gruppe einen Krötenzaun errichtet, eine Art Wall. So wie sie es bereits seit etlichen Jahren tun. „Das werden wir auch weiter machen“, versichert Grünewald. „Auch wenn die Zahl der von uns gezählten Kröten immer weiter zurückgeht.“ Weiter zu machen, sagt er, sei schlechterdings ein Gebot des Artenschutzes.

Schon lange ist es keine Massen-Wanderung mehr

Wanderung geht anders: Als die Kröten ihr Gebiet aus dem Waldstück zwischen Autenweiler und Grünwangen noch in größeren Verbänden verlassen haben, um zu ihren Laichplätzen in der Talsenke zu gelangen, hatte der Begriff Wanderung noch gepasst. Denn da waren die Amphibien noch in verhältnismäßig großer Zahl unterwegs.

Seit einigen Tagen wieder abgebaut: der Krötenzaun zwischen Autenweiler und Grünwangen.
Seit einigen Tagen wieder abgebaut: der Krötenzaun zwischen Autenweiler und Grünwangen. | Bild: Jörg Büsche

241 Kröten zählten die Tierschützer vom Markdorfer BUND-Ortsverein noch 2014. Im Jahr darauf waren es nur noch 161, im Jahr 2016 noch 152 und 2017 gerade mal noch 102 Tiere. Die Kurve fiel immer weiter, senkte sich auf 85 und erreichte im vergangenen Frühjahr ihren – womöglich nur vorläufigen – Tiefpunkt. 2020 haben die freiwilligen Helfer gemeinsam mit den BUND-Mitgliedern nur noch 20 Amphibien über die Kreisstraße 7744 getragen. Dort verwehrt eine 400 Meter lange und wadenhohe Kunststoff-Barriere, der sogenannte Amphibienzaun, den Kröten das Krabbeln und Hüpfen über die Asphaltdecke.

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Verheißungsvoller Beginn der Wanderungen

„Alles hat sich so gut angelassen“, schaut Klaus Grünewald auf den Beginn der diesjährigen Wanderungsphase. Am 20 Februar haben die Amphibien-Schützer vom BUND die schwarze Plastik-Bahn entrollt. Und sie haben auch die alle 14 Meter im Boden vergrabenen halbmeterlangen und senkrecht im Erdreich steckenden Kanal-Grundrohrstücke nach elfmonatiger Ruhepause abgedeckt, um sie mit Auffang-Eimern zu bestücken. In die purzeln dann die nach einem Durchschlupf durch die Barriere suchenden Kröten.

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Schon nach einer der ersten Nächte saßen einmal 27, dann 16 Tiere in den insgesamt 23 Eimern. Damit war die „Ausbeute“ schon doppelt so groß wie im gesamten Frühjahr 2020. Doch ist es dabei auch schon geblieben – weitestgehend. In nennenswertem Umfang fanden sich danach weder Erdkrötenweibchen noch Erdkrötenmännchen in den rettenden Auffangbehältern. Einmal gab es noch neun, dann aber nur noch drei Exemplare und zum Schluss lediglich nur noch eine Kröte.

Gut getarnt auf dem Waldboden sind die Kröten, doch schutzlos ausgeliefert sind sie auf dem Asphalt.
Gut getarnt auf dem Waldboden sind die Kröten, doch schutzlos ausgeliefert sind sie auf dem Asphalt. | Bild: Jörg Büsche

Die Rettung für die Tiere ist das allmorgendliche und allabendliche Getragenwerden über die Fahrbahn, ohne Frage. Albin Ströbele, Jörg Münch, Franz Kieferle und Klaus Grünewald schauen dennoch eher sorgenvoll auf die Zukunft der Kröten. Warum es nun schon seit Jahren immer weniger werden, wissen auch sie nicht. „Vielleicht liegt es ja an den trockenen Sommern“, mutmaßt Ströbele. Zu weiteren Vermutungen darüber lassen sich die drei Aktiven vom BUND nicht verlocken. Jedenfalls nicht als Antwort auf die Frage, welche unmittelbaren Folgen der Krötenschwund für die Natur im Bereich Autenweiler Wald hat. Die Ökosysteme seien komplex, kommt dann nur als Hinweis.

Viele Einflüsse bewirken den Amphibienschwund in der Region

Ganz ähnlich sieht es Franz Beer. Der Naturschützer und studierte Biologe beobachtet den schleichenden Amphibienschwund in der Region schon seit etlichen Jahren. „Der zunehmende Straßenverkehr könnte eine Rolle spielen. Schließlich hüpfen die Jungfrösche nach etwa zwei Monaten ganz auf sich gestellt zurück in den Wald, in ihr Sommerquartier. Da trägt sie niemand über die Fahrbahn“, erklärt Beer.

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Ob es der zunehmende Mangel an Insekten, also der Amphibien-Mangel ist oder ob es die Waldwirtschaft ist, die mit ihren schweren Gerätschaften den Waldboden verdichtet und den Erdkröten den Garaus macht? „Wahrscheinlich ist es die Summe vieler verschiedener Einflüsse“, vermutet Beer. Am Ende fehle es aber an Gewissheit. Bis dahin heißt das Prinzip Hoffnung: Sicher ist nur, dass auch im nächsten Februar zwischen Autenweiler und Grünwangen wieder der Krötenzaun ausgerollt werden wird.