Das halbe Haus Bergstraße 19 ist wie eine Zeitkapsel. Hier steht die Zeit seit Jahrzehnten still. "Es ist eines der meistfotografierten Gebäude im Ort", sagt Architekt Ulrich Seeberger, der es seit seiner Kindheit kennt und sich auch noch an einen Birnbaum erinnert, der davor stand.

Das Besondere: Es ist eigentlich nur die linke Hälfte eines ehemals stattlichen Hofs. Es sei einst durch den Giebel getrennt geworden und die andere Hälfte – Panoramaweg 1 – wurde in den 1970er-Jahren abgerissen und neu gebaut, erzählt Seeberger. Im Panoramaweg ist alles modern und bewohnt, doch wer die Bergstraße 19 betritt, macht eine Zeitreise. Seit den 1960ern hat sich dort nichts verändert. Dort wohnt auch schon seit Jahrzehnten niemand mehr.

Ein Blick in die Küche. Auch hier ist in der Bergstraße 19 die Zeit stehengeblieben, wie der historische Herd/Backofen zeigt. Links ...
Ein Blick in die Küche. Auch hier ist in der Bergstraße 19 die Zeit stehengeblieben, wie der historische Herd/Backofen zeigt. Links hinten ist die Tür zum Bad. | Bild: Löffler, Ramona

"Es war für Espasingen ein stämmiges Haus", sagt Seeberger, der an den Mauern genau ablesen und zeigen kann, wo das älteste Mauerwerk ist, wo angebaut wurde und was Funktionen waren. "Man sieht so, wie früher gebaut wurde. So ist außen zum Beispiel der Kellerputz noch gut erhalten und die Holzfensterläden schimmern in einer verblassten blauen Naturölfarbe.

Der Eingang des Hauses Bergstraße 19. Seit Jahrzehnten wohnt dort niemand. Das Haus ist marode, hat aber auch Charme. Die alten ...
Der Eingang des Hauses Bergstraße 19. Seit Jahrzehnten wohnt dort niemand. Das Haus ist marode, hat aber auch Charme. Die alten Baumaterialien sind gut zu erkennen. | Bild: Löffler, Ramona

Ein anderes Beispiel: Der vordere Teil, an dem die Haustür ist, entstand später als der ursprüngliche Bau. Seeberger schätzt 1720 bis 1730 als Bauzeit des eigentlichen Hofes. Der Anbau zur Verbreiterung stamme etwa aus dem Jahr 1870. Als es 1865 eine Vermessung des Orts gegeben habe, wurde das Halbhaus Flurstück Nummer 2.

Dies ist das Wohnzimmer, dessen rechte Wand die ursprüngliche Außenwand ist. Das Zimmer ist ein Anbau an die Haushälfte, die um 1725 ...
Dies ist das Wohnzimmer, dessen rechte Wand die ursprüngliche Außenwand ist. Das Zimmer ist ein Anbau an die Haushälfte, die um 1725 entstanden ist. Architekt Ulrich Seeberger möchte beim Abriss den alten Kachelofen aufbewahren. | Bild: Löffler, Ramona

Das Haus sei desolat, aber habe Charme, sagt Seeberger, der es gekauft hat. Es lasse sich nicht retten, bedauert er. Der Abriss, für den es bereits eine Genehmigung gibt, findet noch in diesem Jahr statt. Das Gebäude stehe nicht unter Denkmalschutz. 2019 beginne dann der Neubau eines Mehrfamilienhauses, das mit verschiedenen Dachkonstruktionen das Halbdach von Panoramaweg 1 ergänzt und das gesamte Grundstück an der Ecke der Bergstraße ausnutzt.

Die Wand beim Stuhl war einst Außenwand. Der vordere Teil mit Treppe ist angebaut.
Die Wand beim Stuhl war einst Außenwand. Der vordere Teil mit Treppe ist angebaut. | Bild: Löffler, Ramona
Vom Wohnteil führt im ersten Stock eine Tür zum Scheunenteil. An den Wänden und dem Gebälk sind verschiedene Bauphasen sichtbar. So ...
Vom Wohnteil führt im ersten Stock eine Tür zum Scheunenteil. An den Wänden und dem Gebälk sind verschiedene Bauphasen sichtbar. So waren hinten neue Mauern nötig, als die andere, neuere Haushälfte neu gebaut, aber kürzer wurde. | Bild: Löffler, Ramona