In Rielasinger Straßen wird ordentlich aufs Gas gedrückt: heulende Motoren, knackende Auspuffe und lautes Brummen ob Tag oder Nacht. Damit müssen sich die Bewohner der Ramsener Straße schon seit mehreren Jahren abfinden. Eine Bürgerinitiative wurde bereits gegründet, um dem Krach ein Ende zu setzen – auf eine Reaktion der Gemeinde warten die Mitglieder jedoch vergebens, wie sie bei einem Vor-Ort-Termin betonen.
Um sieben Uhr von Lastern geweckt
„Wenn wir nichts dagegen sagen, dann passiert nichts. Wenn wir uns dafür einsetzen, passiert jedoch genau so wenig“, fasst Franz Krein die aussichtslos erscheinende Situation zusammen. Die Bürger Rielasingens vermissen den Rückhalt aus der Gemeinde. „Von 18 Gemeinderatsmitgliedern sind 15 gegen ein Tempo-30-Limit“, beklagen die sich einsetzenden Bürger. Jedoch ist die Situation makaber: Ab sieben Uhr beginnt der Laster-Verkehr, der zwischen 15 und 16 Uhr seinen Höhepunkt findet. Ab 21 Uhr sorgen Raser tagtäglich für ordentlich Geräuschpotenzial. Es werden Rennen gefahren, nebeneinander her, in die selbe Richtung mit Geschwindigkeiten von weitaus über 50 Stundenkilometer. „Es vergeht zudem keine Woche, in der nicht an der Straßenecke oder Kreuzung überholt wird“, beschreibt Franz Krein. Zur nächtlichen Ruhe zu kommen, werde immer schwieriger. Die Raser sind bei den Einwohnern der Straße bekannt, oft seien es Schweizer die die lockeren Rasergesetze in Deutschland ausnutzen und in Rielasingen „noch einmal richtig Gas geben“. Auch ein Unfall habe sich bereits ereignet. Zwei nebeneinander fahrenden Autos sei ein drittes Fahrzeug entgegengekommen, was zu einem Aufprall geführt habe.
Dieser Lärm macht krank
Laut Lärmaktionsplan der Gemeinde Rielasingen wird ein Lärmaufkommen tagsüber von mehr als 65 Dezibel und in der Nacht von mehr als 55 Dezibel, als gesundheitsschädigend eingestuft. Mit einem Schallmessgerät am Straßenrand der Ramsener Straße messen die Mitwirkenden der Initiative bereits nach wenigen Minuten einen Lärmpegel von bis zu 86 Dezibel. „Dieser Lärm macht krank. Es ist einfach viel zu laut“, beklagt Herbert Schätzle. Sie berufen sich auch auf gesundheitliche Studien. Solche weisen bei zu hoher Lärmbelästigung Gefahren für die Gesundheit aus, wie Schlafstörungen, kreislaufbedingte Erkrankungen, Belastungen für das Immunsystem bis hin zu Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit in der Schule oder dem Arbeitsplatz.

Rielasingen baue sich selbst zu und deren Straßen seien nicht an das Verkehrsvolumen angepasst. Besonders fürchten sich die Mitwirkenden der Initiative vor der Eröffnung des Canos in Singen. „Dann werden nur noch mehr Käufer aus der Schweiz die Schleichwege über Rielasingen nach Singen nutzen“, erklärt Schätzle. Eine seit langem von der Initiative angestrebte Ortsumfahrung wurde mittlerweile aus dem Generalverkehrsplan Baden-Württembergs herausgeschmissen. Sie sieht es als Hauptproblem an, dass das Landratsamt für die Straße verantwortlich ist. „Viel Entscheidungsrecht bleibt der Rielasinger Gemeinde nicht, jedoch wird auch nicht versucht, etwas daran zu ändern“, sind sich die Anlieger einig. Auch ein Blitzer ist in der Ramsener Straße aufgestellt, jedoch seien laut Aussagen der Bürgerinitiative dessen Auswertungen den Rielasinger Bürgern nicht bekannt.
Umweltampel als Lösung
Ein weiterer Vorschlag zur Behebung des Problems ist die Umweltampel, wie Franz Krein vorschlägt. „Davon gibt es allein drei Ampelsäulen bereits in Böhringen„, schildert er. Durch geschwindigkeitsmessende Sensoren auf der Fahrbahn, schalte die Umweltampel direkt auf Rot, wenn ein Verkehrsteilnehmer schneller als die vorgeschriebene Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometer fahre, erklärt Krein.

Ein hausgemachtes Problem
„Es scheinen wohl Fehlinformationen zu kursieren“, erklärt Ralf Baumert, Bürgermeister von Rielasingen-Worblingen. „Der Gemeinderat hat bislang überhaupt nichts abgelehnt, sondern das Landratsamt ordnete aufgrund des bestehenden Lärmaktionsplanes die derzeitige Tempo-30-Zone an“, betont er. „Jetzt wurden erst die neuen vom Regierungspräsidium verlangten Messungen durch unser Fachbüro erhoben. Diese Auswertungen werden im Rahmen der Fortschreibung des Lärmaktionsplans dem Regierungspräsidium beziehungsweise Landratsamt zur Verfügung gestellt. Wie die neue Anordnung auf der Landesstraße aussehen wird, wissen wir nicht“, so Baumert. Die Gemeinde hoffe auf eine Ausweitung des Tempo-30-Bereichs zumindest bis zur Grenzstraße. „Das Problem ist zum Teil leider hausgemacht, da ein Großteil des Verkehrs in der Haupt-/Ramsenerstraße Ziel und Quellverkehr ist“, sagt der Bürgermeister.
Rund um den Lärm im Verkehr
- Das sagt die Polizei: Laut Aussagen des Polizeipräsidiums Konstanz müsse man zwischen Verkehrslärm, der durch Zunahme des Verkehrs verursacht wird und Lärm, der durch Veränderung der Abgasanlagen verursacht wird, unterscheiden. Veränderungen des Lärms durch Verkehrszunahme seien Sache der zuständigen Gemeinde, die durch Schallberechnungen an Straßen sogenannte Lärmaktionspläne erstellen. Vereinzelte Verstöße durch Veränderungen der Abgasanlage haben, wie die Polizei erklärt, nichts mit der allgemeinen Lärmbelästigung für Straßenanleger zu tun. Die Polizei macht laut SÜDKURIER-Anfrage keine gezielten Kontrollen zur Bekämpfung von Lärmgrenzwertüberschreitungen. Derartige Verstöße werden meist im Rahmen von regulären Verkehrskontrollen festgestellt. In Reaktion dessen erfolgt meist eine Untersuchung beim TÜV oder Dekra und eine entsprechende Anzeige. Für Bürger, die Auffälligkeiten an Fahrzeugen feststellen, besteht jederzeit die Möglichkeit das Kennzeichen des Autos zu notieren und der Polizei Hinweise mitzuteilen.
- Lärmaktionsplan Rielasingen: Am 6. Dezember 2017 wurde der Lärmaktionsplan der Gemeinde Rielasingen festgelegt. Dieser resultierte aus der Analyse und Messungen, um die Lärmbelästigung innerorts zu vermindern. Im Zuge dessen wurde im Rielasinger Zentrum ganztägig eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern eingeführt. Außerdem wurden auf Grundlage eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs die Schallwerte von 65 Dezibel tagsüber und 55 Dezibel in der Nacht als gesundheitsschädigend eingestuft. In der Gemeinderatssitzung im Mai dieses Jahres wurde die Fortschreibung des Lärmaktionsplans beschlossen. Die festgelegten Grunddaten werden nun erneut überprüft, um Lärm- und Konfliktsituationen weiterhin aus dem Weg zu gehen. Außerdem wird die Aktionsplanung kontrolliert und es werden weitere Berechnungen zu Überprüfung der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen durchgeführt.