Der BWL-Professor Jochen Benz hat mit einer technischen Erfindung den Artur Fischer Erfinderpreis Baden-Württemberg gewonnen. Sein Erfindergeist im Sinne des Klimaschutzes kam gut an bei den Juroren. Benz hat eine Maschine entwickelt, die aus Abwärme Strom gewinnt. 10 000 Euro Preisgeld gab es dafür im Haus der Wirtschaft in Stuttgart. Dort war der Radolfzeller in der vergangenen Woche zur Preisverleihung geladen. Neben seiner Lehrtätigkeit an der HTWG (Hochschule für Technik und Wirtschaft und Gestaltung) in Konstanz ist der 62-Jährige Radolfzeller nämlich auch Tüftler.
Es ist ungewöhnlich, dass ein Professor für BWL, der sich hauptsächlich mit betriebswirtschaftlicher Software befasst, ganz eigenständig eine technische Erfindung macht. „Technisches Grundwissen und Erfahrungen in der Bearbeitung von Metall aus der Studienzeit des Wirtschaftsingenieurwesens haben mir aber sicherlich geholfen“, so der Radolfzeller. Der wichtigste Antrieb zur Umsetzung seiner Ideen war die feste Überzeugung vom künftigen Nutzen seiner Maschine. Für etwas Sinnvolles zu arbeiten, motivierte Jochen. Dass viel frei werdende Energie nicht genutzt und so das Klima belastet wird, wollte er so nicht länger hinnehmen. Also erfand der findige Professor den Niedrigtemperatur-Mehrzylinder-Stirling-Motor MACH 1881. Wie der Name schon andeutet, dreht sich die Erfindung um die Nutzung von Abwärme aus Niedrigtemperatur (geringer als 150 Grad) zur Stromerzeugung. „Im Industriebereich wird bei Produktionsprozessen Abwärme nämlich noch immer ungenutzt an die Umwelt abgegeben“, erläutert der Professor.
Mit der Erfindung des Radolfzellers könnte das seiner Meinung nach in Zukunft ein Ende haben und aus industrieller Abwärme Strom produziert werden. Also ein Gewinn für die Umwelt, der nach Angaben des Erfinders, auch wirtschaftlich rentabel sei.
Vor etwa fünf Jahren, im Herbst 2012, begann Jochen Benz mit seiner Arbeit. Dabei musste er aber auch immer wieder Hindernisse aus dem Weg räumen und auch Rückschläge verkraften. Lose Schrauben, der Verschleiß von Bauteilen oder scheinbar unlösbare Probleme bereiteten ihm ein ums andere Mal Kopfzerbrechen. Jochen Benz blieb aber hartnäckig, ließ sich nicht unterkriegen. Dabei half ihm neben der Unterstützung seiner Familie auch stets ein motivierendes Zitat von Thomas Edison, dem Erfinder der Glühbirne: „Ich bin nicht gescheitert. Ich habe 10 000 Wege gefunden, wie es nicht funktioniert.“ Der Durchhaltewillen des Radolfzeller Professors machte sich schließlich bezahlt – seine Maschine funktioniert. Stolz erzählt er vom Nutzen seiner Erfindung: „Aus bisher wertloser und sogar klimaschädlicher Wärmeenergie kann durch die Maschine wertvolle elektrische Energie gewonnen werden. Durch Stromerzeugung ohne fossile oder atomare Brennstoffe fallen außerdem keine Kohlenstoffdioxid-Emissionen an.“
Der Radolfzeller wartet nun auf interessierte Unternehmen: „Jetzt ist ein zukunftsorientiertes, mutiges und innovatives Unternehmen gefragt, das die Chancen der Erfindung erkennt und sie zu einem Serienprodukt weiterentwickelt – gerne gemeinsam mit mir. Ich bin absolut überzeugt, dass mit meiner Erfindung ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung der Klimaerwärmung zu erreichen ist.“ Derzeit hat der erfolgreiche Erfinder allerdings wenig Zeit, seinen Triumph zu feiern. Die Korrektur von Prüfungen seiner Studenten in Konstanz steht auf dem Programm.
Die Auszeichnung
Der Preis: Der Artur Fischer Erfinderpreis wird alle zwei Jahre verliehen (Schülerwettbewerb und private Erfinder). Der Wettbewerb wird von der Baden-Württemberg-Stiftung und der Artur Fischer Erfinderpreis-Stiftung getragen. Artur Fischer (1919-2016) war ein erfolgreicher Erfinder. Zeitlebens hat er über 1100 Patente angemeldet.
Die Erfindung: Ein Niedrigtemperatur-Stirling-Motor besteht aus zwei Zylindern: einem Verdrängungszylinder und einem Arbeitszylinder. Luft oder ein anderes Arbeitsgas wird im Verdrängungszylinder abwechselnd erhitzt und wieder abgekühlt. Dies erzeugt abwechselnd Überdruck und Unterdruck. Diese Druckdifferenzen werden mittels des Arbeitszylinders und einer Kurbelwelle in Rotationsenergie umgesetzt, die einen Generator antreibt und damit Strom erzeugt. (jre)