Gerald Jarausch

Ab dem 1. Januar ändern sich für Notare in Baden-Württemberg die Arbeitsverhältnisse. Waren sie bisher als Staatsnotare mit Beamtenstatus beschäftigt, wechseln sie nun in die Selbstständigkeit. Am Standort Radolfzell ergibt sich für die Kunden ebenfalls eine Änderung. Nachlasssachen wie Erbscheine und die Eröffnung von Testamenten sind nun in Konstanz angesiedelt. In Radolfzell, wo Notarin Martina Weber wie bisher in der Untertorstraße 10 untergebracht ist, soll die Änderung nach ihrer Aussage vor allem eine Verbesserung der Servicezeiten mit sich bringen. "In Zukunft werden wir mehr Zeit für die Kunden haben", kündigt sie an. Das liegt unter anderem daran, dass in Radolfzell bestimmte Arbeiten nicht mehr erledigt werden müssen. Bisher waren die Notariate vielfach auch für Aufgaben von Nachlassgericht und Grundbuchamt zuständig. Der Anteil dieser Arbeiten war teilweise so hoch, dass für Beurkundungen und vorsorgliche Rechtspflege wenig Zeit blieb.

Wie viele ihrer Kollegen vollzieht Martina Weber den Wechsel vom Beamtentum in die Selbstständigkeit. Allerdings genießen Notare wie sie auch in Zukunft einen gewissen Schutzstatus. Denn das Justizministerium gibt weiterhin vor, wie viele Notare sich in einer Stadt ansiedeln dürfen. Weil Martina Weber in Radolfzell auch ab dem 1. Januar ohne direkte Konkurrenz ist, kann sie das Büro mit vier Mitarbeiterinnen weiter betreiben. Denn die Arbeit wird der Notarin vermutlich nicht ausgehen. Schließlich bleibt für Radolfzeller und Menschen von der Höri der nächste Anlaufpunkt das Notariat in der Untertorstraße. Grundsätzlich ist die Notariatswahl aber frei. Auch in Zukunft wird Notarin Martina Weber und ihr Team Kaufverträge, Schenkungen, Beglaubigungen und Vollmachten ausstellen. Ebenso können hier Testamente verfasst und Unternehmensgründungen vollzogen werden.

Wer nun befürchtet, dass die freiberuflichen Notare die Honorare für ihre Leistungen willkürlich anheben werden, irrt. Es gelten durch das Gerichts- und Notarkostengesetz weiterhin klare Regelungen: "Es gelten überall die gleichen Preise", erklärt Martina Weber. Trotz dieser relativen Sicherheit ändert sich vor allem für die Notare selbst einiges. Mit einem Entlassungsantrag auf Ende 2017 sind die verbeamteten Notare ab Januar wie viele andere Selbstständige für ihre berufliche Zukunft alleine zuständig. Auch die Absicherung der Krankenversicherung erfolgt nicht mehr über die Beihilfeberechtigung, die Beamte genießen.

Wie sich in Zukunft die Struktur der Notariate entwickeln wird, ist noch ungewiss. Allerdings wird die bisherige Kleinteiligkeit aufgehoben, weshalb man in ländlichen Gebieten mit einer schlechteren Versorgung rechnen muss. Nach dem Willen des Gesetzgebers wird sich der Fokus vor allem in die Mittel- und Großzentren verschieben, weil man nur dort eine auskömmliche Notariatsstelle vermutet.

 

Die Notariatsreform

Bis zum 1. Januar 2018 werden alle rund 300 staatlichen Notariate in Baden-Württemberg aufgelöst. Die Änderung geht auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zurück. Die Umsetzung wurde unter Ministerpräsident Günther Oettinger 2007 beschlossen. Zusammen mit der Grundbuchamtsreform, die bereits umgesetzt ist, handelt es sich um die größte Reform in Geschichte der baden-württembergischen Justiz. Details dazu: www.notariatsreform.de