Eine frühere Buchhalterin der Evangelischen Landeskirche, die für die Finanzverwaltung der Kirchenbezirke Konstanz und Überlingen-Stockach zuständig war, muss sich wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von Kirchengeldern vor dem Schöffengericht verantworten. Die Konstanzer Staatsanwaltschaft informierte am Mittwoch über die Anklageerhebung. Nach Angaben von Pressesprecher Andreas Mathy soll die Frau im Zeitraum von Mitte 2011 bis Anfang 2015 rund 125 000 Euro veruntreut haben. Laut Mathy gehen die Ermittler davon aus, dass die tatsächlich unterschlagene Summe mehr als doppelt so groß ist. Die vor 2011 angefallenen Taten seien allerdings schon verjährt.
Nachzuweisen sind aus Sicht der Staatsanwaltschaft 25 Fälle, in denen die Beschuldigte mit fiktiven Kassenanweisungen Geld abgezweigt hat. 39 Barchecks soll die Frau ausgestellt haben. Eine der fiktiven Kassenanweisungen war zum Beispiel als Vorschuss für eine Konfirmandenfreizeit deklariert. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem besonders schweren Fall von Untreue. Die Beschuldigte habe die Taten zugegeben. Zu den Motiven der angeklagten Ex-Buchhalterin konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft keine Angaben machen. Das unterschlagene Geld sei in die Lebensführung der Frau eingeflossen. Den Kreditkartenabrechnungen zufolge habe sie mehr ausgegeben als verdient. Für besonders schwere Fälle von Untreue gibt das Gesetz einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Gefängnis vor. In Untersuchungshaft muss die Angeklagte nicht einrücken. Es bestehe weder Verdunklungsgefahr noch Fluchtgefahr. Beides könnten Begründungen für U-Haft sein. Derzeit gibt es noch keinen Termin für die Verhandlung vor dem Schöffengericht.
Der evangelische Verwaltungszweckverband Bodensee-Hegau-Linzgau hatte im vergangenen Jahr selbst Strafanzeige gegen die Buchhalterin erstattet. Einen solchen Fall habe es in der Evangelischen Landeskirche bisher noch nicht gegeben, so teilte im September 2016 die Kirchenleitung mit. Rechnungsprüfer der Kirche hatten seinerzeit den finanziellen Schaden aus den Unterschlagungen auf 160 000 Euro beziffert. Die Unterschlagungen waren erst aufgefallen, nachdem die Buchhalterin in Rente gegangen war. Die Leitung des evangelischen Verwaltungszweckverbands Bodensee-Hegau-Linzgau hatte anlässlich der Erstattung der Strafanzeige festgestellt, auch die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips in der Finanzbuchhaltung habe die Unterschlagung nicht verhindern können.
Kirchliche Projekte waren nach damaligen Angaben der Kirchenleitung durch die Unterschlagungen nicht in Gefahr. Offen war, ob eine Versicherung eintrete, wenn die Beschuldigte das Geld nicht zurückzahlen könnte.