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Es ist Juni im Jahr 2010: Zwei Taxifahrerinnen werden binnen weniger Tage Opfer einer Gewalttat. Bei beiden Frauen sticht der Täter zu. Das erste Opfer überlebt knapp, die zweite Fahrerin stirbt. Die Großfahndung nach dem Täter führt die Ermittler über mehrere Bundesländer hinweg.

Lesen Sie im folgenden noch einmal die ganze Geschichte, die die Bodensee-Region in Atem hielt.

8. Juni 2010: Singener Taxifahrerin wird lebensgefährlich verletzt und vergewaltigt

8. Juni 2010: Andrej W. steigt am Singener Bahnhof ins Taxi einer 44-jährigen Fahrerin. Die Frau startet Richtung Autobahn. Nach wenigen ...
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Andrej W. steigt am Singener Bahnhof ins Taxi einer 44-jährigen Fahrerin. Die Frau startet Richtung Autobahn. Nach wenigen hundert Metern wird sie gezwungen, auf einen abgelegenen Feldweg abzubiegen. Dort verletzt Andrej W. die Frau mit brutaler Gewalt. Der Täter sticht ihr mit einem Messer mehrfach in den Hals und die Luftröhre. Lebenswichtige Nervenbahnen werden verletzt. Er hält die Frau für tot, vergewaltigt sie und flieht. Abends noch startet eine Suchaktion der Polizei. Am nächsten Morgen findet eine Polizeistreife die lebensbedrohlich verletzte Fahrerin. Sie überlebt eine Notoperation und ist seither in ärztlicher Behandlung.

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9. Juni 2010: In Hagnau wird der Täter zum Mörder

Ein Beamter der Kriminalpolizei steht am 09.06.2010 in Hagnau am Bodensee vor dem Wagen der ermordeten Taxifahrerin.
Ein Beamter der Kriminalpolizei steht am 09.06.2010 in Hagnau am Bodensee vor dem Wagen der ermordeten Taxifahrerin. | Bild: Patrick Seeger (dpa)

Tags darauf taucht Andrej W. auf der anderen Seite des Bodensees auf. In Hagnau sucht er sich erneut eine Taxifahrerin aus. Die Frau sieht dem Opfer aus Singen sehr ähnlich. Sie fährt den Mann am Bodensee entlang, bis auf die Insel Mainau und zurück in den Bodenseekreis. In Hagnau endet die Fahrt und der Täter wird zum Mörder: Er sticht auf einem Parkplatz unvermittelt auf die Taxifahrerin ein. Die 32-jährige Fahrerin hat keine Überlebenschance. Als eine Polizeistreife sie findet, ist die Mutter zweier kleiner Kinder bereits tot. Wieder gelingt es Andrej W., unbemerkt zu entkommen. Doch an beiden Tatorten hat er DNASpuren hinterlassen.

9. Juni 2010: Größte Polizeiaktion ihrer Art am Bodensee läuft an

9. Juni 2010: Die Polizei leitet nach
dem Mordversuch und dem Mord eine Großfahndung ein. Beide Fälle scheinen zusammenzuhängen. Die ...
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Die Polizei leitet nach dem Mordversuch und dem Mord eine Großfahndung ein. Beide Fälle scheinen zusammenzuhängen. Die Polizeidirektionen Konstanz und Friedrichshafen gründen eine Sonderkommission »Taxi«. Diese wächst in den folgenden Tagen beständig an. Die Fahndung läuft rasch bundesweit. Es ist die größte Polizeiaktion, die es nach einem Gewaltverbrechen am Bodensee jemals gab. Sonderkräfte werden an den See beordert. Bis zu 120 Ermittler fahnden nach Andrej W.. Mit Flugblättern und einem Phantombild wird die Bevölkerung vor einem äußerst gewaltbereiten Mann gewarnt. Die Ermittler befürchten, er könne erneut zuschlagen.

13. Juni 2010: Polizei fasst den Täter in Brandenburger Gartenlaube

Die Gartenlaube in Senftenberg (Brandenburg), in der 20 Polizeibeamte vom Landeskriminalamt Brandenburg am 13. Juni 2010 den Taximörder ...
Die Gartenlaube in Senftenberg (Brandenburg), in der 20 Polizeibeamte vom Landeskriminalamt Brandenburg am 13. Juni 2010 den Taximörder vom Bodensee fassen. | Bild: Steffen Rasche (dpa-Zentralbild)

Bei den Menschen am Bodensee wächst die Angst. Keiner weiß, wo sich der Mörder aufhält. Währenddessen gelingt der Polizei der Durchbruch bei der Fahndung. Weil er nach kleineren Gaunereien auffallend oft straffällig wurde, nahm die Polizei von einem Mann aus dem Hegau 2007 eine DNA-Probe. Diese stimmt mit Proben von den Taxi-Tatorten überein. Der Gesuchte ist Andrej W., ein 28-jähriger Deutscher, der aus Sibirien stammt. Spezialkräfte spüren ihn fünf Tage nach der Singener Tat in Senftenberg (Brandenburg) in der Gartenlaube seiner Großmutter auf. Dort schaut er im Fernsehen ein WM-Fußballspiel, als die Polizei zuschlägt und ihn festnimmt.

14. Juni 2010: Die ersten Tage im Konstanzer Gefängnis

14. Juni 2010: Einen Tag nach seiner Festnahme in Brandenburg wird Andrej W. mit einem Polizeihubschrauber an den Bodensee ...
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Einen Tag nach seiner Festnahme in Brandenburg wird Andrej W. mit einem Polizeihubschrauber an den Bodensee zurückgeflogen, weil rechtliche Fristen drücken. Im Konstanzer Gefängnis verbringt er die ersten Tage nach seiner Festnahme. Russische Mitgefangene drohen ihm dort Gewalt an. Sie sehen wegen des Frauenmordes ihre Landesehre in den Schmutz gezogen. Andrej W. wird zuerst nach Stuttgart-Stammheim verlegt, danach ins Justizkrankenhaus Hohenasperg. Dort wird er psychologisch untersucht. Er bleibt dort bis zum Prozess und wird an Verhandlungstagen 190 Kilometer zwischen Gericht und Justizkrankenhaus hin- und hergefahren.

11. Januar 2011: Die Verhandlung vor dem Konstanzer Landgericht beginnt

11. Januar 2011: Vor dem Konstanzer Landgericht beginnt die Verhandlung gegen Andrej W. Aus Sicherheitsgründen werden scharfe ...
Bild: Olli Hanser

Vor dem Konstanzer Landgericht beginnt die Verhandlung gegen Andrej W. Aus Sicherheitsgründen werden scharfe Sicherheitskontrollen angeordnet, alle Zuhörer im Gerichtssaal werden auf Waffen kontrolliert. Zum Prozessauftakt gibt es ein riesiges Medieninteresse mit Dutzenden Reportern. Spektakulär und sehr umstritten ist die Vermummung des Angeklagten. Dieser erscheint zu Beginn des neuntägigen Prozesses mit einer schwarzen Sturmhaube, mit der er sein Gesicht vor den Fotografen verbirgt. Dies geschehe zum Schutz des Angeklagten, erklärt sein Pflichtverteidiger. Während der Verhandlung ist der Angeklagte jedoch ganz unmaskiert.

10. Februar 2011: Das Urteil ist gefallen

Die Urteilsverkündung im Taximord-Prozess: Andrej W. muss lebenslänglich in die Psychiatrie.
Die Urteilsverkündung im Taximord-Prozess: Andrej W. muss lebenslänglich in die Psychiatrie. | Bild: Olli Hanser

Die Schwurgerichtskammmer des Landgerichts Konstanz hat den 28-jährigen Andrej W. wegen Mordes, versuchten Mordes, Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilt. Allerdings muss er wegen verminderter Schuldfähigkeit nicht ins Gefängnis, sondern in die Psychiatrie.