Als der Hammer fiel, musste Carlo Karrenbauer erst einmal durchatmen. 370.000 Euro für ein einzelnes Kunstwerk. Eine Steigerung auf das fast 50-Fache binnen Minuten. Und ein Name, den er bis vor wenigen Wochen selbst nicht kannte. "Das ist unglaublich", sagt der Auktionator, denn noch nie wurde nach seinen Angaben in Konstanz ein Kunstwerk so teuer verkauft. Und noch nie ist überhaupt der Verkauf eines Werks von Zhang Daqian in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den einschlägigen Datenbanken aktenkundig geworden. Und dann das: Die "Berglandschaft", Mindestgebot 8000 Euro, erzielt am Ende die Rekordsumme. Und ein weiteres Werk desselben Künstlers, "Lotus", erreicht ebenfalls 40.000 Euro.
Aquarell wurde in Taipeh gekauft
Und noch jemand kann es noch gar nicht richtig fassen. Die ältere Dame, die die beiden Kunstwerke eingeliefert hatte, sagt: "Ich wusste schon, dass ich da etwas Besonderes in der Wohnung hängen hatte", aber ein solcher Wert überraschte sie dann doch. Sie will anonym bleiben, aber die Geschichte der beiden Bilder erzählt sie gerne.
Mit ihrem Mann, berichtet sie, war sie in den 1970er-Jahren beruflich in Taipeh, der Hauptstadt von Taiwan. Dort arbeitete ihr Mann mit einem Chinesen zusammen, der wiederum ein enger Freund von Künstler Zhang Daqian war. "Wir haben das Bild damals von dem Kollegen meines Mannes gekauft", erinnert sich die frühere Besitzerin, "aber für wie viel, weiß ich beim besten Willen nicht mehr".
Gebote kamen auch aus London und New York
Eingeschrieben in die beiden Bilder von Zhang Daqian und in die Umstände ihres Verkaufs ist ein Stück Weltgeschichte. Als in China unter Mao die Kulturrevolution begann, flüchteten zwei Männer. Der eine, Zhang Daqian, ging nach New York. Der andere, der dem Konstanzer Ehepaar das Bild vermittelte, nach Taiwan. Jetzt, nachdem China wirtschaftlich so erfolgreich wurde, entsteht plötzlich wieder ein Markt für solche Kunstwerke, und dieser Markt ist global.
Gebote kamen per Telefon aus London und New York, sagt Heidrun Karrenbauer, auch im Saal in Konstanz waren Agenten von Kunstsammlern. Der Zuschlag erhielt am Ende ein Mann mit chinesischem Namen, der gut Deutsch spricht. Ober er selbst sammelt, für seine Familie geboten hat, Wiederverkäufer ist – die Karrenbauers wissen es selbst nicht.
Echtheit des Bildes gilt als gesichert
Aber ist das Bild wirklich echt? Heidrun und Carlo Karrenbauer sagen, dass sie alles Menschenmögliche getan haben, um die Frage zu klären. So konnten sie rekonstruieren, wie und von wem das Konstanzer Paar die "Berglandschaft" wie auch "Lotus" gekauft haben – und wie die Verbindung vom Verkäufer zum Vermittler war.
Ein Fehler darf dabei nicht passieren, räumt Heidrun Karrenbauer ein: "Wer so etwas kauft, kennt sich extrem gut aus, so jemand bietet nur, wenn der Hintergrund hieb- und stichfest ist." Den Künstler selbst konnte er nicht fragen: Zhang Daqian starb bereits im Jahr 1983 im Alter von 83 Jahren.
Die Verkäuferin ist glücklich
Wo "Berglandschaft" und "Lotus" demnächst hängen werden, wissen weder die Karrenbauers noch die Frau, die die beiden Aquarelle einlieferte; beide Werke gingen jedenfalls an denselben Bieter. Und die Dame, die sich von den beiden Kunstwerken trennte, bereut sie es nun, dass sie diesen Schatz abgegeben hat? "Nein", sagt sie am Telefon, "ich bin natürlich sehr überrascht, aber ich freue mich auch für die Karrenbauers über diesen Erfolg. Ich habe lange überlegt, ob ich die Bilder abgebe, aber jetzt ist es gut, so wie es ist."