Die Erde im Hegau kommt nicht zur Ruhe: Am Donnerstag, dem Tag mit dem stärksten Erdstoß seit Jahrzehnten in der Region, rumpelte es unterhalb von Hilzingen insgesamt gleich neun Mal. Das meldet der Erdbebendienst Südwest, der vom Freiburger Regierungspräsidium betrieben wird. Allerdings sind die weiteren Erdbeben, die nach dem vergleichsweise heftigen Ausschlag vom Donnerstagmorgen um 6.48 Uhr mit einem Wert von 3,0 auf der Richterskala erfolgten, allesamt deutlich schwächer gewesen. Von ihnen hat man im Hegau nichts gespürt. Die Fachleute sprechen von einer Erdbeben-Serie, die noch länger anhalten könnte.
- .Wie oft bebte bisher die Erde in Hilzingen? In den vergangenen Wochen gab es rund ein Dutzend Erdstöße. Am Donnerstag dieser Woche rumpelte es dann gleich neun Mal. Die Beben ereigneten sich zwischen morgens um kurz vor fünf Uhr und abends kurz vor 20 Uhr. Sie erreichten Werte zwischen 0,7 und 1,3 auf der Richterskala. Der stärkste Ausschlag war jener mit 3,0. Am Freitag blieb es bis Redaktionsschluss ruhig.
- .Wie lange ist mit weiteren Erschütterungen in Hilzingen und dem angrenzende Umland zu rechen? Das können die Erdbeben-Experten nicht vorhersagen. "Wir haben keine technischen Möglichkeiten für Vorhersagen", erklärt Wolfgang Brüstle vom Erdbebendienst Südwest.
- .Wurden in anderen Orten Erdbeben festgestellt? Nein, seit dem Hilzinger Beben nicht. Bereits am 22. Oktober hatte es zuletzt in Rielasingen-Worblingen kurz ein Erdstoß nachmittags gegeben, der aber mit 0,6 nicht spürbar war.
- .Gab es beim heftigen Erdstoß vom Donnerstag Schäden? Nein, bislang wurden keine Schäden bekannt. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass feine Haarrisse in Gebäude-Fassaden entstanden.
- .Was sollten Hausbesitzer im Hegau tun? „Auch nach Erdbeben, die nach den ersten Eindrücken keine Schäden hervorgerufen haben, sollte überprüft werden, ob Gebäude kleinere Risse aufweisen“, rät Georg Jortzik, der in Hilzingen ein Versicherungsunternehmen betreibt. „Je früher Haus-Eigentümer kleinere Schäden melden, desto besser ist die Chance, dass Versicherungen dafür aufkommen“, erklärt Jortzik. „Es gibt auch eine Verpflichtung, solche Elementar-Schäden sofort zu melden, um die nicht nachträglich größer werden zu lassen.
- .Wann gab es im Hegau schon größere Erdbeben? Singens Stadtarchiv hat nachgesehen. Bereits 1896 wurde ein Erdstoß in Singen registriert, ebenfalls am 16. November 1911, als es am Bodensee zu heftigeren Erdstößen kam. Auch 1932 und 1935 erschütterten Beben Singen. 1943 gab es gleich mehrere Beben, das stärkste am 28. Mai. 1964 wurde das nächste Erdbeben aktenkundig und im Februar 1970 muss es ebenfalls zu einem Erdstoß gekommen sein, denn der Chor der Herz-Jesu-Kirche wurde seinerzeit nach Erdstößen als einsturzgefährdet gemeldet – und wenig später tatsächlich abgebrochen. Die Kanzel war bereits 1954 abgetragen worden, weiß Jennifer Bach aus dem Stadtarchiv.
- .Wie läuft der Erdbeben-Schutz bei Gebäuden? Da gibt es klare gesetzliche Vorgaben. "Schon bei Einfamilienhäusern sind Standsicherheitsnachweise erforderlich", berichtet Thomas Mügge vom Singener Baurechtsamt.
- .Was kostet Erdbebenschutz? Beim Neubau der Sparkasse zum Beispiel 400 000 Euro, wie Sparkassen-Chef Udo Klopfer berichtet. Die nachträgliche Versteifung des Rohbaus machte hunderte Tonnen Stahl und Beton notwendig. Gleiches galt auch beim Hanse-Haus in der Ekkehardstraße, wo das Kunstmuseum und Solarcomplex ihren Sitz haben. Auch dort muste massiv nachgerüstet werden, um die aktuellen Erdbebenvorschriften zu erfüllen.
- .Was sagen die Atommüll-Gegner? „Der Vorfall hat sehr deutlich gemacht, dass in der Region rund um den Hegau immer wieder mit Erdbeben zu rechnen ist, wenn das Ausmaß auch glimpflich war. Das muss durch das jüngste Ereignis auch den Schweizern bewusst geworden sein, die im nahen Benken prüfen, ob dort ein Atom-Endlager gebaut werden kann“, betont der Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger. Er hat sich schon lange mit diesem Thema befasst. „Benken liegt gerade mal 14 Kilometer Luftlinie von Gottmadingen und ähnlicher Distanz von anderen Hegaugemeinden entfernt. Das ist ungefähr der gleiche Abstand zwischen Engen und Gottmadingen.
Bürger sollen melden
Der Erdbebendienst Südwest im Regierungspräsidium Freiburg sammelt Meldungen zu Erdbeben und ist natürlich derzeit vorallem aus Wahrnehmungen aus dem hegau interessiert. "Wir haben im Moment über 400 Wahrnehmungsmeldungen aus dem Raum Hilzingen und Umgebung bekommen und es gehen laufend weitere ein. Sie sind wissenschaftlich wertvoll, weil sie Auswirkungen des Erdbebens beschreiben, die wir mit Seismographen nicht erfassen können", sagt Brüstle.