Das Leben kann Schicksalsschläge bereithalten. Auch für Kinder oder Jugendliche. Ob Krankheit oder Unfall – das Hegau-Jugendwerk (HJW) hilft jungen Menschen wieder auf die Beine. Inzwischen ist die Einrichtung in Gailingen 50 Jahre alt.
Mit einem Festakt in der Hochrhein-Halle in Gailingen wurde das gefeiert. Passend zum Motto „gestern-heute-morgen“ nutzte man den Anlass, um die Arbeit des Jugendwerkes darzustellen, auf Erfolge zurückzublicken und sich neue Ziele zu setzen. Für einen musikalischen Rahmen sorgten „The See Sisters and Brothers“.
Vor 50 Jahren: ein visionärer Schritt
Die Begrüßung übernahm Bernd Sieber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN). Zum GLKN gehört auch das HJW. Er sprach über die Anfänge des Jugendwerks in den 70er Jahren.
„Wir waren mutig, in der Pandemie eine solche Veranstaltung zu planen. Es war auch etwas visionär, dass es wieder möglich sein würde, so zu feiern. Und es war eine richtige Entscheidung. Noch viel mutiger war es vor über 50 Jahren, das HJW zu planen und es war um ein Vielfaches visionärer und um ein Vielfaches richtiger“, sagte er.
Sieber dankte allen Mitarbeitern des HJW. Sie hätten es zu einer Perle in der Reha-Landschaft gemacht. Sieber war nicht der Einzige, der würdigende Worte für die Arbeit des HJW fand: Sozialminister Manfred Lucha war per Video-Botschaft zugeschaltet. Landrat Zeno Danner ließ wissen, dass das Gutachten zur Zukunft des GLKN empfehle, „vom Jugendwerk die Finger zu lassen“.
8000 Euro und eine umfassende Chronik
Zu einem Jubiläum gehören auch Geschenke. Dagmar Schmieder überreichte einen Scheck der Schmieder-Kliniken über 8000 Euro. Sie habe die Gründung des Jugendwerkes als Tochter des Pioniers Friedrich Schmieder in jungen Jahren miterlebt. „Der Weg war steinig, aber wie wir sehen, sehr erfolgreich,“ sagte sie.

Ein besonderes Geburtstagsgeschenk erhielt Roland Sing, der Aufsichtsratsvorsitzende des HJW, von Jörg Rinninsland, Sonderschulkonrektor der Krankenhausschule. Dieser hatte zusammen mit 30 Mitarbeiter eine 384 Seiten starke Chronik über das HJW verfasst und konnte Sing nun das erste Buch überreichen.
JHW hat sich viele Ziele für die Zukunft gesetzt
Letztlich kam auch Roland Sing selbst zu Wort. Auch er ging auf die Anfänge ein. Er bezeichnete die damalige Idee, Kindern und Jugendlichen medizinische, berufliche und schulische Rehabilitation aus einer Hand anzubieten, als revolutionären Gedanken. Diese Grundidee gelte heute noch.
Als Zukunftsziel nannte Sing unter anderem, dass das HJW sich im Bereich Digitalisierung völlig neue aufstellen müsse. Es gebe aber auch Überlegungen, das familiengerechte Angebot weiter auszubauen sowie ambulante Versorgungsangebote zu schaffen. Sein Wunsch sei, dass sich alle Verantwortlichen des HJW die Zeit für eine Zukunftswerkstatt nehmen. Dort solle überlegt werden, wie sich das HJW für die nächsten zehn Jahre inhaltlich, personell und sachlich neu aufstellen sollte.
Rehabilitand erzählt von seinem Weg
Einblicke in das Schicksal eines Rehabilitanden vermittelte ein besonderes Gespräch. Corina Kiesewalter, die ärztliche Direktorin und Chefärztin Neurologie des HJW sprach mit Justin Letzer und seiner Mutter Kerstin. Justin, der bei einem Motorradunfall sehr schwere Kopfverletzung erlitten hatte, wird nun nach 14 Monaten Aufenthalt das Jugendwerk wieder verlassen.

Vor dem Unfall hatte er als ausgebildeter Zweiradmechatroniker sein eigenes Leben geführt, jetzt wird er wieder zu Hause wohnen, wie seine Mutter erzählte. Aber Justin kann wieder lesen, sehen und sprechen, auch wenn etwas undeutlich. Probleme bereitet ihm noch sein Kurzzeitgedächtnis. Beruflich wird er es mit einem Praktikum in einem Fahrradgeschäft versuchen.
Abschließend folgte Wilhelm Schmids Festvortrag „Was bleibt vom Glück, wenn das Leben schwierig wird“. Sein Fazit: Ratsam sei es, sich nicht ständig Gedanken über das Glück zu machen. Denn Glück umfasse auch Zeiten des Unglücklichseins.