Löwenzahn und Gänseblümchen haben keine Chance, wenn auf dem Rasen ein Mähroboter seine Bahnen zieht. Deshalb raten Experten den Liebhabern von naturbelassenen Wiesen meist auch ab vom Kauf eines autonom fahrenden Rasenmähers. Ansonsten ernten die elektrischen Geräte jedoch nur Lob für ihre Unterstützung bei dieser eher mühseligen, oftmals lästigen Arbeit.

Vom Tierarzt zu Helga Weißkopf
Chancenlos sind aber nicht allein Löwenzahn und Gänseblümchen beim Einsatz von Mährobotern. Chancenlos war auch Bella. So nennt Helga Weißkopf, die in Ahausen für den Markdorfer Tierschutzverein ehrenamtlich eine Igel-Pflegestation betreibt, einen ihrer Schützlinge. Ein Igel-Weibchen, das ihr Wolf Mannes vor einigen Wochen brachte. „Sie lag in unserem Garten, blutend“, erklärt Mannes. Der Naturliebhaber hat dort eine Futterstelle für die nützlichen Insektenfresser eingerichtet. Als er die offenbar hilflose Bella näher in Augenschein nahm, entdeckte er unter Schmutz und Blättern die klaffende Wunde oberhalb der Schnauze. Da keine weiteren Spuren eines Kampfes – etwa Hundebisse – zu erkennen waren, kam nur die Begegnung mit einem Mähroboter in Betracht.

Schwer verletzt zur Notversorgung
Von der Tierarztpraxis, wo die schwer verletzte Bella ihre erste Notversorgung empfing, ging es zu Helga Weißkopf. Sie übernahm das regelmäßige Säubern der Wunde. Die schmerzhafte Prozedur lässt sich das Igelweibchen geduldig gefallen. Statt sich reflexartig zusammenzurollen, legt sie sich öffnend in die Hände ihrer Pflegerin.
Immer mehr Fälle werden gemeldet
„Es werden immer mehr“, erklärt Helga Weißkopf, während sie sachte die helle Stelle in Bellas Gesicht mit einer Tinktur betupft. Denn die Zahl der praktischen Gartenhelfer nehme zu und damit auch die Zahl der in deren Mähwerke geratenden Kleintiere. „Das hat ganz massiv zugenommen“, berichtet Weißkopf. Das beobachtet sie nicht nur in der eigenen Igel-Pflegestation, sondern sie hört es auch von anderen Stationen, die in der Regel mit den Tierärzten gut vernetzt sind.

Teils grässliche Wunden
Zu Helga Weißkopf werden Igel mit teils grässlichen Wunden gebracht: Mit zerfetzten Oberkiefern, mit abgeschnittenen Schnauzen. Igel flüchten nicht vor Feinden. Sie verlassen sich auf ihr Stachelkleid und rollen sich bei nahender Gefahr zusammen, erklärt die Igel-Pflegerin. Was gegen die meisten natürlichen Feinde schützt, versagt aber bei Mährobotern. Manche Hersteller versichern zwar, dass ihre Geräte Igel erkennen würden. Helga Weißkopf hegt da aber ihre Zweifel. Für Bella sei die Begegnung mit dem Mähroboter noch glimpflich verlaufen. Ihr Auge sei noch vorhanden, wenn auch erblindet, und ihr Nasenloch sei vermutlich noch zu retten.
Mähroboter schneiden auch in Kinderfüße
Gefährdet seien aber nicht nur Igel, erklärt Wolf Mannes. Mähroboter schneiden auch in Kinderfüße. Weshalb die Hersteller vor dem unbeaufsichtigten Einsatz der Roboter warnen. „Ich will die Mähroboter ja gar nicht verteufeln“, betont Mannes. „Aber man sollte sie nicht gerade abends laufen lassen, wenn sich die nachtaktiven Igel auf ihre Nahrungssuche machen.“ Ein Blick unter Sträucher und Bäume, ob sich dort ein Tier versteckt hat, könne übrigens auch nicht schaden. Hilfreich sei, die Begrenzungsdrähte für die Mäher mit hinreichendem Abstand zu potenziellen Igelverstecken aufzustellen. Und grundsätzlich rät Naturfreund Mannes, über mehr echte Wiese nachzudenken – mit Gänseblümchen, Löwenzahn und Igeln darin und insgesamt mehr Artenvielfalt, auch bei Insekten.

Bella war unterdessen in einer Ravensburger Tierklinik, wurde dort operiert – und Helga Weißkopf hofft nun, dass sie dann bald wieder soweit als möglich genesen sein wird.
Igelhilfe
Im Tierschutzverein Markdorf gibt es eine Igelnothilfe. Die kümmert sich von Oktober bis Mai um die Unterbringung von Igeln und sucht regelmäßig nach Unterstützern. Aktuell bittet Helga Weißkopf von der Igelnothilfe aber alle Gartenbesitzer, Wasserschalen für Igel aufzustellen, damit die Insektenfresser nicht verdursten. Irrtümlich wird Igeln oftmals Milch gereicht, was falsch ist. Verletzte Igel sollten zum Tierarzt gebracht werden. Mehr Informationen zur Ersten Hilfe für Igel gibt es auf der Website des Tierschutzvereins: www.tierschutz-markdorf.de