Markdorf Großen Zulauf hatte der Tag des offenen Denkmals. Seit 1993 lädt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz jeweils am zweiten Sonntag im September zum Besuch von historischen Stätten ein, die den Bürgern sonst nicht oder nur selten zugänglich sind. Dieses Mal waren es bundesweit „über 6500 Denkmaltüren“ die geöffnet wurden, so vermeldete es die Stiftung auf ihrer Internetseite. Die Tür zur Mauritiuskapelle, dem Markdorfer Besichtigungsziel, schloss Heiko Sobotta auf, der es erstmals unternommen hatte, auf die historischen Hintergründe der ehemaligen Spital- beziehungsweise Pilger- und Friedhofskapelle einzugehen.
„Wertvoll: unbezahlbar oder unersetzlich“ – so lautete das Motto des Denkmaltags. Wie hoch der kunsthistorische Wert des an der Nordwand des spätgotischen Kirchenbauwerks zu entdeckenden Passionszyklus tatsächlich ist, das ließ Heiko Sobotta ebenso offen wie die Frage, ob die an gegenüberliegenden Kritzeleien überhaupt einen künstlerischen Wert beanspruchen dürfen. Um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert mit Rötel und Holzkohle aufgemalt, bezeugen sie immerhin die Anwesenheit von Jakobspilgern.
Eben solche Zeugenschaft sei es, die die Mauritiuskapelle zum „wertvollen Kleinod“ macht. Zwar lasse sich aus den Kohle- und Rötel-Graffiti kaum noch mehr herauslesen als der Hinweis, dass es da oder dort etwas zu essen gegeben hat. Die anderen Zeichen bleiben unklar. Wohingegen die Wandbilder vom Leidensweg Jesu weit mehr erzählen als nur den neutestamentarischen Bericht. „Die Leute tragen Schnabelschuhe“, zeigt Sobotta auf die Gestalten. Gekleidet seien sie nach der Mode des ausgehenden Mittelalters. Womit der Künstler die religiöse Botschaft in seine Gegenwart gerückt habe. Plötzlich – das heißt durch Heiko Sobottas kundige Erläuterung – wurde für die Besucher augenfällig: Der Maler stellte die Menschen seiner Zeit in den Mittelpunkt und so in den Kontext der Glaubenslehre. Mit solchen Hinweisen schloss sich für die Teilnehmer weit mehr auf als nur die Türen zum Denkmal.