Der Medizin-Campus Bodensee (MCB) braucht wieder mehr Geld. 2023 und 2024 summieren sich die notwendigen Zuschüsse der Stadt auf 19 Millionen Euro – pro Jahr. Das sind 5 Millionen Euro mehr für die Betriebskosten als ursprünglich eingeplant und der höchste Zuschuss, den die Stadt für ihr Krankenhaus je leisten musste. Die Gründe für die Misere erklärte Geschäftsführer Franz Klöckner am Montag dem Finanzausschuss.
Doppelt so hohe Verluste
Der Finanzbedarf des Klinikverbunds mit seinen Krankenhäusern in Friedrichshafen und Tettnang und den drei Medizinischen Versorgungszentren wächst unablässig. 2021 musste die Stadt rund 9 Millionen Euro zuschießen. Im vergangenen Jahr sollten eigentlich 7 Millionen Euro reichen. Heute rechnet der Klinikchef mit doppelt so hohen Verlusten, braucht rund 14,5 Millionen Euro von seinem Gesellschafter, um die Fehlbeträge auszugleichen. Gründe dafür gibt es einige: die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, explodierende Preise für Energie und Klinikbedarf, steigende Personalkosten. Und nicht zuletzt der Hackerangriff, der die Klinikverwaltung zwei Monate lang fast lahmlegte und den MCB mehr als eine halbe Million Euro kostet.
Keine Planungssicherheit mehr
Wie dramatisch die Finanzsituation ist, lässt sich an zwei Dingen ablesen. Erstens braucht der MCB einen noch größeren Kreditrahmen bei der Stadt, um ausreichend liquide zu bleiben. Ansonsten könnte die Pleite drohen. Nach der Erhöhung im November von 9 auf 11 Millionen Euro steigt der interne Kassenkredit nun auf 16 Millionen Euro. Zweitens verzichtet der Gemeinderat auf den fünfjährigen Finanzplan, wenn er am Montag zustimmt. Begründung: Es gebe „bedingt durch beständige Reformen und Richtungsänderungen der Gesundheitspolitik für Krankenhäuser keine Planungssicherheit mehr“.

Doch nicht nur für den MCB muss die Stadt tiefer in die Kassen greifen. Am Montag wurden auch die Zuschüsse für vier weitere Gesellschaften beschlossen. Das Zeppelin-Museum erhält 2023 rund 2,8 Millionen Euro, im Jahr darauf knapp 3 Millionen. In den vergangenen beiden Jahren wurden für Betriebskosten und Investitionen rund 2,6 Millionen Euro bezahlt. Museumsleiterin Claudia Emmert erklärt die Mehrkosten mit der Übernahme des Archivs des Luftschiffbau Zeppelin inklusive zwei Mitarbeiterinnen. Außerdem zahle LZ nun auch keine Miete mehr für das Depot des Archivs.
Kaum gestiegen sind die Zuschüsse fürs Bodenseefestival (150.000 Euro pro Jahr) und das Häfler Stadtmarketing (365.000 Euro pro Jahr). Dafür steigt der Zuschussbedarf fürs neue Innovationszentrum Ritz im Fallenbrunnen, wofür die Stadt in diesem Jahr 400.000 Euro und 2024 425.00 Euro zahlen soll.

Zuschüsse für alle diese Gesellschaften sind freiwillige Leistungen der Stadt, für die es extra einen Ratsbeschluss braucht. Genau genommen sind jedoch alle Ausgaben über die Zeppelin-Stiftung – bis auf die Kitabetreuung – freiwillig, also keine Pflicht für die Stadt wie beispielsweise Abwasserbeseitigung oder Straßenunterhalt. Was eine Kommune über das Pflichtprogramm hinaus der Bürgerschaft bietet, entscheidet sie selbst. Es gibt nur ein Stoppsignal: Wenn für die Pflicht das Geld fehlt, muss bei der Kür gespart werden.
Höhere Gebühren nur für Obdachlose
Doch an dieser Stelle sieht sich das Rathaus noch lange nicht. Beide Haushalte, also der städtische und der Stiftungshaushalt, sind sowohl 2023 also auch 2024 im Wesentlichen ausgeglichen, nimmt das Rathaus auf Anfrage Stellung. Mit anderen Worten: Die Zuschüsse für die vier Gesellschaften sind darin so eingeplant und finanziert. Bis auf den MCB, der eben 5 Millionen Euro mehr braucht pro Jahr als prognostiziert.
Außerdem habe der Gemeinderat Stadt- und Stiftungshaushalt „ganz bewusst ohne Gebühren- und Entgelterhöhungen“ beschlossen, argumentiert die Verwaltung. Mit einer Ausnahme: Der Gemeinderat soll am Montag entscheiden, die Gebühren für die Unterbringung Obdachloser zu erhöhen. Das wiederum ist eine Pflichtaufgabe der Stadt. Der Finanzausschuss hat bei drei Enthaltungen schon mal zugestimmt.