Die Verantwortlichen in den Häusern des Medizin Campus Bodensee (MCB) brauchen schon seit geraumer Zeit gute Nerven. Ob Corona-Krise, Hacker-Angriff oder der belastende Berufsalltag: Immer wieder steht medizinisches Personal vor neuen Herausforderungen. Das spüren auch die Patienten – etwa daran, dass geplante Behandlungen immer wieder verschoben werden müssen, wie der SÜDKURIER berichtet hat.
Obwohl die heftigsten Zeiten der Corona-Pandemie vorbei zu sein scheinen, tun sich immer wieder neue Hindernisse auf. Aktuell sind zahlreiche Medikamente Mangelware: In Apotheken fehlt es etwa an Hustensaft für Kinder, Grippemitteln wie Aspirin Complex, aber auch Antibiotika werden knapp. Kürzlich warnte etwa Pharmazeut Hermann Bär vor einem drohenden Mangel an Penicillin oder auch Infectocillin. Daher hat die Redaktion einige Fragen ans Klinikum geschickt um herauszufinden: Wie drastisch ist derzeit die Lage? Hier die Antworten auf die wichtigsten Punkte.
Wie viele Stellen sind derzeit unbesetzt?
Johanna Mohrhauser ist für die Personalakquise am MCB verantwortlich. Sie antwortet: „Im Bereich Pflege liegt nach wie vor unsere Hauptaufgabe bei den zu besetzenden Stellen.“ Tatsächlich gebe es keine Obergrenze bei der Einstellung von Pflegepersonal: Wer demnach qualifiziert ist und eine Stelle will, bekommt sie auch. In der Antwort spiegelt sich wider: Pflegenotstand, wie von vielen Einrichtungen im Bodenseekreis beklagt, herrscht auch am MCB. Mohrhauser weiter: „Mit Blick auf die einzelnen Bereiche haben wir den größten Bedarf aktuell im Bereich der Pflege auf der Intensivmedizin, in der Kinderklinik und der Zentralen Notaufnahme.“
Dass es Lücken nicht nur beim Pflegepersonal gibt, zeigt zudem der Blick auf die Stellenangebote des MCB. Gesucht werden unter anderem Assistenzärzte für verschiedene Bereiche, Oberärzte, eine Hebamme, Ergotherapeuten, ein Sozialarbeiter und Kräfte für die Verwaltung.
Wozu führen personelle Ausfälle?
Johanna Mohrhauser bestätigt: „Die personelle Situation in den beiden Kliniken des MCB ist weiterhin angespannt, wie in allen deutschen Kliniken.“ Doch bislang gelinge ein „Spagat zwischen angespannter Fachpersonalsituation und hohem Patientenaufkommen.“ Das funktioniere lediglich durch das hohe Engagement und den persönlichen Einsatz aller Mitarbeitenden. Seit Anfang August fehlt laut Mohrhauser zudem eine überdurchschnittliche Anzahl von Kräften aufgrund von Krankheit oder Urlaub.

Der MCB habe mit seinen Krankenhäusern in Friedrichshafen und Tettnang auf die angespannte Personalsituation reagiert und seine Kapazitäten modifiziert. Konkret bedeutet das: Terminliche Verschiebungen von geplanten Eingriffen und Behandlungen sowie längere Wartezeiten, beispielsweise auf diagnostische Untersuchungen, waren notwendig.
Roman Huber, Medizinischer Direktor des MCB, ergänzt: „Die Notfallversorgung war und ist von diesen Maßnahmen nicht betroffen. Sie ist rund um die Uhr gewährleistet.“ Patienten würden allerdings gebeten, sich auf teils längere Wartezeiten nicht-dringliche oder nicht-notfällige Vorstellungen einzustellen.
Wie wirkt sich die Medikamentenkrise aus?
Christian Vilzmann, Leiter der Zentralapotheke des Klinikums Friedrichshafen, kennt sich mit Schwierigkeiten in der Beschaffung aus. Er erläutert auf Anfrage: „Das Thema Lieferengpässe beschäftigt die Apotheke, weitgehend unbeachtet, schon seit vielen Jahren und damit lange vor Corona oder dem Krieg in der Ukraine.“ Allerdings hätten diese Geschehnisse die Situation zusätzlich und deutlich verschärft. Er resümiert: „Mittlerweile sind praktisch alle Arzneimittelgruppen davon betroffen.“

Infolgedessen beschäftigen sich zwei Mitarbeitende der Apotheken-Warenannahme sowie ein Apotheker praktisch in Vollzeit mit dem Management der Lieferengpässe. Doch Vilzmann hat auch eine beruhigende Nachricht: „Bei den angesprochenen Analgetika sowie parenteral zu verabreichenden Standard-Antibiotika und bestimmten Reserve-Antibiotika sind wir ausreichend bevorratet, teilweise auf längere Sicht.“ Antibiotika- und Fieber-Säfte für Kinder seien ebenfalls ausreichend vorhanden. Die Apotheke habe sich auf die Eigenherstellung vorbereitet.
„Weil auch ibuprofen- und paracetamolhaltige Fieberzäpfchen für Kinder schon seit Längerem nicht verfügbar sind, stellt die Apotheke Zäpfchen für die Patienten der Kinderklinik selbst her“, so Vilzmann. Hier zeige sich der Vorteil der Klinikapotheke, da genau für solche Fälle das Know-how und die Ressourcen vorhanden seien. „Das hat sich auch schon zu Beginn der Corona-Krise gezeigt, als wir Händedesinfektionsmittel in großem Umfang selbst hergestellt haben.“ Tatsächlich versorge die Apotheke insgesamt 16 Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen mit insgesamt 4400 Betten sowie Rettungsdienste wie DRK Bodensee-Oberschwaben, die Häfler Johanniter sowie die Luftrettung.
In einer früheren Fassung des Beitrags war zu lesen, dass Johanna Mohrhauser für das Personal am MCB verantwortlich ist. Konkret ist sie nur für die Personalakquise zuständig.