Enorm erfolgreiche Geschäftsjahre 2020 und auch noch 2021, doch sorgenvolle Blicke in die Zukunft: Für den ökologischen Wasch- und Reinigungsmittelhersteller Sonett im Deggenhausertal bedeuten die Corona-Krise und ihre Auswirkungen Segen und Fluch zugleich. Im ersten Pandemiejahr 2020 verzeichnete Sonett einen immensen Umsatzanstieg gegenüber 2019 um 52 Prozent und fuhr bei einer zweistelligen Umsatzrendite auch einen hohen Gewinn beim Jahresergebnis ein.

Jahrelang ungebremstes Wachstum
Der starke Zuwachs bei den Umsätzen weltweit war umso erstaunlicher, nachdem das Unternehmen bereits von 2018 auf 2019 einen deutlichen Anstieg der Geschäfte um 23 Prozent vermelden konnte. Auch für die Unternehmensführung kam die sprunghaft gestiegene Nachfrage nach den ökologischen Produkten aus Deggenhausen in dieser Dimension offenbar überraschend. „Wir haben im Pandemiejahr 2020 einen unfassbaren Umsatzschub erlebt“, ließ sich Geschäftsführerin Beate Oberdorfer seinerzeit in einer Mitteilung zitieren. Der Grund: „Insbesondere bei den Desinfektionsmitteln stießen wir an unsere Kapazitätsgrenzen.“
Während man in Deggenhausen mit dem lange zuvor bereits geplanten Neubau, der im Herbst 2021 in Betrieb genommen wurde, somit gerade zur rechten Zeit die Produktions- und Bürokapazitäten um 2500 Quadratmeter erweitert hatte, verdüstern sich nun jedoch plötzlich die Aussichten. Schuld daran sind die jüngsten Auswirkungen der Pandemie auf das globale Wirtschaftsleben, die aufgrund von Produktionsausfällen und dem Auseinanderbrechen von Lieferketten gewaltige Preissteigerungen auch bei den Rohstoffen zur Folge haben – quer durch alle Branchen.

Mit dem Neubau konnte Sonett nun zwar die Produktion beschleunigen, sagt Geschäftsführer Gerhard Heid. Doch vermutlich wird man sich in Deggenhausen künftig auf das Gegenteil einstellen müssen, auf ein erzwungenes Drosseln der Produktion. „Wir sind mit extremen Preissteigerungen im Rohstoffbereich konfrontiert, es werden gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent höhere Preise aufgerufen“, sagt Heid.
Kostenexplosion könnte sich existenziell auswirken
Aktuell sei man noch auf der sicheren Seite, dank langfristiger Lieferverträge. „Nach diesem Jahr aber wird der Rohstoffbezug für uns sehr viel teurer werden, das wird mehrere Millionen Euro im Jahr ausmachen und könnte sich für uns auch existenziell auswirken“, dämpft er Erwartungen an ein weiteres ungebremstes Wachstum.
Die Frage, wie man bei Sonett die gestiegenen Beschaffungspreise auffangen kann, treibt die Geschäftsführung um. „Wir können 30 Prozent Preissteigerung ja nicht einfach an unsere Kunden weitergeben“, gibt Heid zu bedenken. Nach sieben Jahren Preisstabilität sieht man sich in Deggenhausen nun gezwungen, erstmals wieder die Preise fürs Sortiment anzuheben. Man werde nicht umhin kommen, teils „erheblich zu erhöhen“, kündigt der Geschäftsführer an. Die Rohstoffpreisexplosion war im zweiten Halbjahr 2021 um die Erde gerollt. „Mit einem Schlag musste man froh sein, überhaupt noch Rohstoffe zu bekommen“, erinnert sich Heid. Ohne die lassen sich aber Wasch- wie Reinigungsmittel nicht produzieren, schon gleich gar nicht, wenn sie wie im Falle von Sonett zu100 Prozent ökologischen Inhalts sein müssen.

Geschäftsführer Heid: Preispolitik ein „sensibler Bereich“
Immerhin kommt den Ökopionieren in Deggenhausen derzeit noch zugute, dass in den Corona-Jahren der überproportional hohe Gewinn eingefahren wurde. Das bestätigt auch Heid, doch er warnt: „Diese Gewinne sind aber natürlich auch limitiert, die Rohstoffpreise sind deshalb in diesem Jahr unsere größte Sorge.“ Generell werde man bei der Preispolitik vorsichtig sein müssen. Dies sei ein „sehr sensibler Bereich“. Denn Sonett habe zwar eine treue Stammkundschaft, doch auch die sei nicht unbegrenzt belastbar, zumal nun zu allem Überfluss auch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges spürbar werden: Die Menschen haben wegen Inflation und gestiegener Lebenshaltungskosten einen zunehmend engeren finanziellen Spielraum.
Dass Endverbraucher dann häufig bei vermeintlichem Luxus – und dazu zählen letzten Endes auch teurere nachhaltige Produkte im täglichen Bedarf – als erstes den Rotstift ansetzen, weiß man auch bei Sonett. Kunden, gleich ob private oder auf Unternehmensseite, würden gerechtfertigte Preissteigerungen durchaus akzeptieren, aber eben nur bis zu einem gewissen Maße, sagt auch Heid.
Auszeichnung mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis
Doch abseits der geschäftlichen Ungewissheiten gibt es bei Sonett auch Grund zur Freude: Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis, mit dem das Unternehmen jüngst ausgezeichnet wurde, sei Bestätigung und Ansporn, den seit der Gründung vor mehr als 40 Jahren eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu beschreiten. Sonett hatte den Preis als Sieger im „Transformationsfeld Gesellschaft“ zuerkannt bekommen.

Dabei sei zum Einen die komplette Nachhaltigkeit im Produktionsprozess gewürdigt worden, andererseits aber auch die besondere Rechtsform des Unternehmens, sagt Heid. Denn als Stiftung verbleiben alle Gewinne von Sonett im Unternehmen, sie werden nicht an das Management ausgeschüttet und Shareholder gebe es auch keine. Dieser „Geist der Gemeinwohlökonomie“ sei ihm und seinen drei Mitgeschäftsführern besonders wichtig, sagt Heid: Im klimagerechten Wirtschaften müsse es um „Sinnmaximierung, nicht um Gewinnmaximierung“ gehen.
Nachhaltigkeit ist auch das Thema beim aktuellen Großprojekt in Deggenhausen. Seit zehn Jahren ist Sonett CO2-zertifiziert. „Wir machen jedes Jahr ein CO2-Minderungskonzept und überlegen uns immer, wie wir noch besser werden können“, sagt Heid. Die größte Herausforderung dabei: Die Flaschen und Behälter, in denen die flüssigen Mittel verfüllt werden. Bei Sonett verwendet man dafür reines Polyethylen (PE), weil, so Heid, PE „der am einfachsten rückstandsfrei zu recycelnde Kunststoff ist“. Aber es sei halt dennoch Kunststoff. Was also tun mit den Behältern?
Neues Großprojekt: Sonett startet eigenen Recyclingkreislauf
Das hat man bei Sonett nun aufgegleist. „Aus den rund 300 Unverpackt-Läden und den anderen Geschäften nehmen wir inzwischen die Kanister wieder zurück, reinigen sie und befüllen sie neu.“ 70 bis 80 Prozent der Kanister seien so wiederverwertbar. „Das ist für uns eine enorme Kunststoff- und auch CO2-Einsparung“, sagt Heid.
Bewusst biete man den Läden an, dass auch die Kunden dort ihre Flaschen wieder zurückgeben können. Die nicht mehr wiederverwendbaren Behälter werden bei Sonett geschreddert und zu neuen Behältern verarbeitet. Herkömmliches PE-Recycling komme für das Unternehmen nicht in Frage, deshalb habe man bereits 2019 damit begonnen, einen eigenen PE-Recyclingkreislauf zu starten. Daraus wiederum entwickelte sich die jüngste Aktion: Die organisierte Leergutrückführung über den Bio-Großhandel. „Das ist jetzt im Moment unser größtes Projekt“, sagt Heid.