Jan Riebesehl

Früher gab es Handwerksberufe, die in fast jeden Dorf zu finden waren. Viele von ihnen sind heutzutage praktisch ausgestorben, und nur wenige Menschen üben diese Berufe noch aus. Der Beruf des Wagners – oder Stellmacher, wie er im Norden heißt – ist einer, der kaum noch bekannt ist. So ist es umso überraschender, wenn man ganz in der Nähe von Stockach noch einen der letzten Vertreter seiner Zunft antreffen kann. Fritz Bischoff ist ein jung gebliebener 86-Jähriger, der noch das Handwerk des Wagners als Lehrberuf gelernt hat. Nach der Gesellenprüfung schloss allerdings auch sein Lehrbetrieb, und er musste sich eine neue Arbeitsstelle suchen. Das war im Jahr 1952 nicht gerade einfach, denn obwohl es einen wirtschaftlichen Aufschwung gab, war die Nachfrage nach Holzwagen und anderen landwirtschaftlichen Geräten aus Holz eher gering.

So machte der junge Fritz Bischoff das, was auch viele seiner Berufskollegen taten: Er wechselte zum Fahrzeugbau. Hier wurde damals noch viel handwerkliche Holzarbeit verwendet. So arbeitete er an dem Interieur von Lastwagen und Personenwagen.

Die Arbeit in der Werkstatt hält ihn fit

Nach einigen Jahren übernahm er den Betrieb seines Vaters und leitete ein Tiefbauunternehmen. Doch nebenbei blieb er seinem Handwerk treu und richtete eine Werkstatt für sich ein. "Ich habe es immer geliebt, mit Holz zu arbeiten und habe nie damit aufgehört!" sagte der begeisterte Wagner heute. In seiner Werkstatt in Mahlspüren im Tal sind inzwischen alle Maschinen zu finden, die er für sein Handwerk braucht. Zum Teil hat Bischoff sie gebraucht gefunden und sie restauriert. Eine alte, viel benutzte Hobelbank ist ein zentraler Punkt in der Werkstatt. Etliche Werkzeuge hat Fritz Bischoff selbst gebaut, da man sie nicht mehr finden kann – so zum Beispiel ein Gerät, das die Nabe eines Holzrads eingespannt hält, um die Speichen einzusetzen.

Fritz Bischoff arbeitet immer noch in seiner Werkstatt, trotz seines schon fortgeschrittenen Alters. "Er braucht das! Das hält ihn nämlich fit!", meint sein Enkel. Es scheint wirklich so, dass es für den rührigen Mann eine Art Elexir ist, denn man merkt, wie gern er Teile seiner Sammlung an Geräten und zum Teil auch Fahrzeugen zeigt. Um nur ein Beispiel zu nennen: In einer seiner Garagen steht ein Magirus Lastwagen aus dem Jahr 1952. Wenn man das Gefährt sieht, möchte man meinen, es hätte gerade die Fabrik verlassen. Doch wenn Fritz Bischoff die Fotos zeigt, auf denen zu sehen ist, wie das Fahrzeug zu ihm gekommen ist, wird schnell klar, dass zu seiner Zeit zum Fahrzeugbau auch die Wagnerei gehörte. Alles im Führerhaus musste neu gemacht werden und hat handwerkliches Geschick absolut vorausgesetzt. Auch die Ladefläche wurde neu gebaut – aus Holz, wie es damals noch üblich war.

Gelernt ist für ihn gelernt

Fritz Bischoff stellt jetzt meist Dinge her, die ihm selbst Freude machen. So hatte er vor Jahren die Reste eines Karrens entdeckt, von dem der Besitzer meinte, es wäre nur noch Feuerholz, wenn die Eisenteile nicht wären. Im vergangen Winter wurden dann die noch brauchbaren Eisenteile von Bischoff entfernt. Auch die alten, verrosteten Schrauben wurden fein säuberlich vom Rost befreit. Anschließend begann er den Karren von unten her neu zu bauen. Die Holzspeichenräder waren das erste. Das Ergebnis zeigte, dass gelernt eben doch gelernt ist.

Auch einen Pferdeschlitten, der dem totalen Verfall sehr nahe war, hat der Wagner gerettet. Den Spritzschutz hat er, wie früher, aus einem sehr dünnen Brett geschaffen. Hierzu musste dieses über Stunden in einem Dampfbad gehalten werden, damit es sich biegen ließ. In alter Tradition hat Fritz Bischoff auch viele andere Gerätschaften für sich und andere angefertigt. So zum Beispiel eine Fruchtpresse oder eine Tabak-Schneidmaschine und vieles mehr.

Bei einem Blick in sein Holzlager bekommt man den Eindruck, dass er noch lange weiterarbeiten will. Und dies ist ihm auch zu wünschen.