Nicola Westphal, Albert Bittlingmaier, Uli Zeller und Sinikka Kranz

Nicola Westphal: Alte Rituale leben neu auf

Am Heiligen Abend und ersten Weihnachtstag genieße ich alte Rituale. Die brennenden Lichter am Baum darf man erst sehen, wenn es bereits dunkel ist und „das Christkind das goldene Glöckchen geläutet hat“. Nicht fehlen darf die Krippe mit den Figuren aus meiner Kindheit. Festliche Kleidung und ein stilvoll gedeckter Tisch mit Silberbesteck, ein gutes Glas Wein zu einem mehrgängigen Menü.

Das Auspacken der Geschenke zieht sich manchmal über den ganzen Abend, weil jeder reihum jemanden beschenkt und alle zuschauen, wie das Präsent ausgepackt und wertgeschätzt wird.

Und ganz wichtig, der zweite Weihnachtstag: Ein großer Spaziergang durch den Wald und anschließend mit Wollsocken und im „Gammellook“, plätzchenknabbernd als Familie unter einer Wolldecke sitzen und einen alten Spielfilm anschauen.

Albert Bittlingmaier: Kontraste an Weihnachten

Der Christbaum und die Krippe mit teils an die sechs Jahrzehnte alte Figuren dürfen auch diese Weihnacht nicht fehlen. Sie erinnern nachhaltig an die eigene Kindheit. Und an die Geschenke am Heiligabend, die damals noch bescheidener ausfielen als das, was allgemein heute so verteilt wird. Umso größer war die Freude über jedes einzelne Päckchen, das in Handschrift auf Kärtchen mit weihnachtlichen Symbolen mit dem Namen des Beschenkten adressiert war. Etwas verhaltener war die Freude nur, als eine ausgepackte blitzeblanke Heugabel auf die nächste Ernte-Arbeit hinwies.

Albert Bittlingmaier vor dem Christbaum und der Krippe. Das von der Gotte gestrickte Jäcklein ist etwas nach oben verrutscht.
Albert Bittlingmaier vor dem Christbaum und der Krippe. Das von der Gotte gestrickte Jäcklein ist etwas nach oben verrutscht.

Das Kontrastprogramm zu Heiligabend gab es am 1. Weihnachtsfeiertag. Die große Verwandtschaft kam in unser Heim, da es auch das Elternhaus meiner Oma war. An die 30 Personen versammelten sich fröhlich in der kleinen Stube. Ich ergriff öfters mal die Flucht ins Freie. Das Abendessen gab es in drei Etappen. Die Kinder waren am Schluss dran. Geschmeckt hat‘s trotzdem.

Uli Zeller: Krippe als Symbol des christlichen Festes

Für mich darf an Weihnachten auf keinen Fall die Krippe fehlen. Mit Maria, Josef und dem Kind. Vielleicht auch mit Engel, Schafen und Bethlehem Stern. Einerseits ist die Krippe für mich mit Kindheitserinnerungen verbunden: Gemeinsam Moos vom Baumstumpf abkratzen und Rinde im Wald holen, um die Krippe zu dekorieren.

Uli Zellers Lieblingskrippe steht im Schlafzimmer. Er hat sie im ehemaligen Singener Fairkauf für nur 3 Euro gekauft.
Uli Zellers Lieblingskrippe steht im Schlafzimmer. Er hat sie im ehemaligen Singener Fairkauf für nur 3 Euro gekauft.

Die Figuren gemeinsam aufstellen und schließlich die Krippe ins richtige Licht setzen – durch ein Lämpchen oder eine Kerze. Andererseits, weil mich die Krippe an Gott erinnert: Die Hirten, die sich aufmachen, um Jesus zu sehen. Die Weisen, die ihm Geschenke bringen. Und sogar Ochs und Esel stehen da und schauen das Kind an. Rituale, die jährlich wiederkehren, tun mir gut. Aber der tiefste Sinn des Christfestes ist für mich, dass Gott so klein wie ein Mensch wurde. Und ich will vertrauen, dass er auch heute noch in mein kleines Leben hineinwirken kann. Die Krippe erinnert mich daran.

Sinikka Kranz: Ein unvergessliches Gedicht

An Heiligabend stand in meiner Familie die Hausmusik unter dem Weihnachtsbaum hoch im Kurs. Jedes Jahr spielten mein Bruder und ich vor der Bescherung Weihnachtslieder auf der Blockflöte, der Geige, Bratsche oder dem Cello. Vor der Bescherung warteten wir drei Geschwister voller Spannung im Kinderzimmer auf das Läuten des Glöckchens.

Die Hausmusik, stand bei Familie Kranz ganz hoch im Kurs. Das Bild zeigt Sinikka Kranz beim Flötenspiel.
Die Hausmusik, stand bei Familie Kranz ganz hoch im Kurs. Das Bild zeigt Sinikka Kranz beim Flötenspiel.

Meine kleine Schwester war ganz traurig, dass sie noch kein Instrument spielen und somit keinen Beitrag für das Christkind leisten konnte. Flugs suchten „wir Großen“ aus einem Kinderbuch ein Gedicht, das wir ihr in Kürze eintrichterten: „Ein Nilpferd schlummert im Sand, ein Federchen flog übers Land.“ Nicht sehr weihnachtlich, aber immerhin von Joachim Ringelnatz. Mit ernster Miene trug meine Schwester dieses Gedicht vor. Meine Familie, amüsiert von dem kindlichen Engagement, platzte fast vor Lachen. Ein Erlebnis, das uns allen in Erinnerung bleibt – und jedes Jahr im Laufe der Weihnachtstage neu erzählt wird.