War das ein Erlebnis! Gerhard Hentschel bei der Erzählzeit ohne Grenzen. Selten so gelacht bei einer Lesung – das haben sicher viele der Zuhörer im Hause von FX Ruch gedacht. Eigentlich hatte Gerhard Hentschel sein neues Werk "Arbeiterroman" mitgebracht. Doch er hatte noch mehr dabei: Zungenbrecher und Brechstangenverse beispielsweise. Mit seinen Martin-Schlosser-Romanen hat er sich eine große Fangemeinde erworben. Der "Arbeiterroman" ist der achte Band seiner Biographie, der neunte ist auch schon fast fertig, verrät er am Rande der Lesung.
"Die Parallelen zwischen Martin Schlosser und mir haben mir die Recherche zu dem Buch sehr erleichtert", erklärt Hentschel trocken, bevor er Kostproben aus dem ersten und dritten sowie dem neuesten Band gibt. Aber auch die Tatsache, dass seine Familie sehr schreibfreudig ist. "Meine Mutter hat in den 60er-Jahren einen Ordner angelegt, in dem alle Beipackzettel abgeheftet sind, mit Notizen über die jeweiligen Erkrankungen, wofür die Medikamente gebraucht wurden", verrät der 55-jährige Autor. Seinen Briefroman "Die Liebenden", erschienen 2002, hat er aus den Liebesbriefen seiner Eltern geschrieben. Einige Werbeblocks baute Hentschel, einst Mitglied der Titanic-Redaktion, in seine Lesung ein. So amüsierten sich die Zuhörer über zwei Auszüge aus "Drin oder Linie". Hier hatte Hentschel in den 90er-Jahren alles über das dritte Tor von Wembley bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 herausfinden wollen und 100 Prominente zusammen mit Co-Autor Günther Willen angeschrieben. Die Antworten von Boxer Max Schmeling und Wolfram Siebeck (Restaurantkritiker) gab er sehr zur Freude der Zuhörer zum Besten.
In seinem Arbeiterroman blickt er zurück auf die Jahre zwischen 1988-90, als sich seine langjährige Freundin von ihm trennt: "Endlich kein selbstgebackenes Betonbrot mehr, dass sich nur mit der Axt in Scheiben schneiden lässt", kommentiert er. Man darf gespannt sein, was die 90er-Jahre für Martin Schlosser gebracht haben.