„Ohne lästige bürokratische Hürden“, heißt es auf der Webseite, die unter einer russischen Domain angemeldet ist, könnten die Produkte verschickt werden. Im Angebot des Online-Shops unter dem Namen „Migrantenschreck“ befindet sich unter anderem ein Maschinengewehr, mehrere Pistolen und die passende Munition: Pfefferspray, Gummigeschosse, Schreckschuss. Mit einer dieser Waffen wollte sich offenbar auch ein Mann aus Konstanz ausstatten. Jetzt wird gegen ihn ermittelt.
Denn noch bevor die Ware ankam, stand schon die Polizei vor der Türe: Wie das Online-Magazin Vice berichtet, wurde die Bank bei der Überweisung des Kaufpreises misstrauisch, blockierte die Zahlung und informierte die Polizei. Das muss sie auch tun: Das Geldwäschegesetz verpflichtet Geldinstitute, mögliche Straftaten den Behörden zu melden.
Der Kunde soll bei dem umgehend erfolgten Besuch von Ermittlern die Bestellung widerrufen und seinen Kaufversuch mit „sich selbst verteidigen zu müssen“ begründet haben. Gegen wen oder was, berichtet Vice weiter, konnte er den Beamten aber nicht erklären. Gegen den Mann aus dem Raum Konstanz läuft nun ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, wie die Polizei Konstanz auf Nachfrage bestätigt. Da es sich um laufende Ermittlungen handelt, gibt es noch keine detaillierte Stellungnahme der Polizei beziehungsweise der Konstanzer Staatsanwaltschaft.
Fest steht: Die Webseite ist seit Mai 2016 unter dieser Adresse online, hetzt gegen "Rapefugees" und ruft offen zur Bewaffnung auf: "Schützen Sie sich und Ihre Familie mit einem Migrantenschreck." Einen Hinweis auf eine Waffenhandelserlaubnis findet man auf der Seite vergeblich. Dafür den Kommentar, dass für die Produkte kein Waffenschein nötig sei.
Allein das ist faktisch falsch. Sogenannte Schreckschuss,- Reiz-, Signal- und Gummigeschosswaffen dürfen Volljährige in Deutschland frei erwerben. Bei Gummigeschosswaffen ist in Deutschland jedoch eine Mündungsenergie von maximal 7,5 Joule erlaubt, erklärt Dominic Brardt von der Rasierer-Zentrale Konstanz, die unter anderem freie Waffen verkaufen.
In den Beschreibungen auf der Webseite sind aber "brachiale 140 Joule Mündungsenergie" angegeben, sowie "19,3 mm Hartgummigeschosse, die ohne Umwege ins Ziel befördert werden und jeden Angreifer alt aussehen lassen", heißt es dort zum Beispiel. Waffen mit einer solchen Mündungsenergie, so Brardt, gebe es für Privatpersonen nicht auf legalem Weg zu erwerben.
Wer als Betreiber hinter der Webseite steht, ist indessen unklar. Im Impressum der Seite werden als Geschäftsführer A. Wolf und T. Wannenmacher und eine Wiener Adresse genannt. Doch das soll eine Mischung aus dem Namen Thomas Wolf sein, dem Vereinsvorsitzenden von Mimikama.at. Die österreichische Koordinationsstelle, die regelmäßig über Falschmeldungen im Internet und zweifelhafte Webseiten berichtet, hatte als Erste vor dem Online-Shop gewarnt und vermutet eine Racheaktion des Betreibers.
Ein bis zwei Mal in der Woche, schreibt die Webseite, tauchen "irgendwelche irritierten Briefzusteller vor unserer Türe auf, die irgendwelche Abmahnungen oder Anzeigen per Einschreiben an 'Migrantenschreck GmbH' liefern wollen."
In den Geschäfstbedingungen findet sich für die Migrantenschreck GmbH eine zweite Adresse am Bodensee. In der Neugasse 1 in Rorschach. Allerdings dürfte auch diese Adresse nicht richtig sein, dort befindet sich die Postfiliale.
Auch die Frage, ob die Waffe überhaupt jemals in Konstanz angekommen wäre, bleibt offen. Zahlen muss man als Kunde der Seite immer im Voraus per Banküberweisung. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem Shop um eine Betrugsmasche handelt. Eine Abfrage unter der .ru-Domain ergibt keinen konkreten Hinweis – dort ist lediglich vermerkt, dass es sich um eine Privatperson handelt.
Verschiedene Medien berichteten zuletzt, dass die Webseite schon mehrfach umgezogen ist und einer der Inhaber der Seiten Mario Rönsch sei, ein bekanntes Gesicht der rechtsradikalen Szene, der untergetaucht sein soll.
Waffengeschäfte im Netz werden in vielen Fällen im sogenannten Darknet, einem abgeschlossenen Teil des Internets, getätigt. Dort ist eine höhere Anonymität für Kunden und Verkäufer garantiert. Im Darknet wird in der Regel mit der Cyberwährung Bitcoin bezahlt, die eine Rückverfolgung für Behörden sehr schwierig macht. Die Seite Migrantenschreck arbeitet jedoch ohne Verschlüsselung im frei zugänglichen World Wide Web.
Waffengesetz
International gilt das deutsche Waffengesetz als eines der strengsten. Es regelt den Erwerb, die Lagerung, den Handel, den Besitz und die Instandsetzung von Waffen, insbesondere von Klingen- und Schusswaffen sowie Munition. Auch definiert es verbotene Waffen wie zum Beispiel Würgehölzer oder Springmesser. Nach dem Gesetz ist auch eine Spielzeugwaffe, die kleine Kunststoffkugeln verschießt, grundsätzlich eine Schusswaffe. Allerdings ist diese im Allgemeinen von den waffenrechtlichen Pflichten befreit. (sap)