Kaum konnten die katholischen Christen in Hilzingen vor Kurzem ihren neuen Seelsorger begrüßen, müssen die Protestanten ihrem langjährigen Pfarrer Adieu sagen. Pfarrer Matthias Stahlmann verabschiedet sich zum Monatsbeginn von der evangelischen Gemeinde in Hilzingen, zu der auch die Stadt Tengen zählt. Seit Anfang Oktober ist die Stelle im Pfarrhaus vakant, wie die Pressestelle des evangelischen Kirchenbezirks in einer Pressemitteilung bekannt gibt.
Seine Abschiedstour durch die Gemeinden von Beuren bis Weiterdingen hat Stahlmann bereits absolviert. Beim Erntedankgottesdienst im Engener Stadtteil Wiechs hatte er seinen letzten Auftritt: „Das ist ein ganz normaler Erntedankgottesdienst“, betonte Pfarrer Stahlmann zu Beginn. Doch ganz so normal war der Gottesdienst nicht, hielt der Geistliche in Wiechs, das zur evangelischen Kirchengemeinde Tengen gehört, doch dort seinen letzten Gottesdienst als Gemeindepfarrer in der stattlichen Kirche und wurde offiziell von Dekanin Hiltrud Schneider-Cimbal entpflichtet.

Rund 90 Menschen waren in die Kirche im äußersten Winkel des Hegaus gekommen, um Stahlmanns Abschied beizuwohnen. Der ökumenische Chor Tengen schmückte die Feier musikalisch. Nach dem Gottesdienst hielt die Tengener Kirchengemeinderätin Elke Luckner eine Ansprache, in der sie Stahlmann für die Arbeit der 14 vergangenen Jahre dankte. Unkonventionalität und Experimentierfreude seien kennzeichnend für ihn, ebenso seine Liebe zur Natur und zu Reisen sowie Mut, Neues anzufangen. „Einsatz und Kampfbereitschaft hast du gezeigt, wenn du dich für eine bestimmte Sache eingesetzt hast.
Beispielsweise das unermüdliche Engagement für das Pflegeheim. Du hast den alten Menschen eine Stimme gegeben“, hob Luckner hervor. Auch in der Ökumene habe er sich getraut, über eine bloße Annäherung der Konfessionen hinauszu gehen. Mit dem Tengener Priester Harald Dörflinger habe er das sogenannte Talheimer Modell ausprobiert, auch, wenn es nicht überall gut ankam. Insgesamt 14 Jahre lang betreute Matthias Stahlmann, in Mannheim geboren und aufgewachsen, als Gemeindepfarrer in Hilzingen und Tengen zusammen rund 1950 Christen. Nun zieht es den 60-Jährigen an einen neuen Wirkungskreis. Allzu weit jedoch entfernt er sich nicht: Er tritt die Pfarrstelle in Büsingen-Gailingen an. Die feierliche Einführung ist für den 15. Oktober geplant.
"Jetzt beginnt die Suche nach einem Nachfolger", erklärt Minne Bley, die Presse- und Öffentlichkeitsbeauftragte des Evangelischen Kirchenbezirks Konstanz. Einfach dürfte dies aber nicht werden, da auch in der evangelischen Kirche der Nachwuchs fehlt. Überlegungen zur Neustrukturierung der Pfarrgemeinden in der evangelischen Landeskirche führen nun auch zu Sorgen bei den Gläubigen in Hilzingen und Tengen. Nicht ausgeschlossen sei, dass die Pfarrei aufgeteilt wird. Denkbar wäre, so hört man aus Kirchenkreisen, dass die Hilzinger Protestanten wie bereits vor der Pfarrunion Ende der 70er Jahre wieder von Gottmadingen aus betreut werden und Tengen sich Richtung Engen orientieren soll.
Die Pfarrgemeinden
- Hilzingen/Tengen: Als eigenständige Kirchengemeinden gibt es die Pfarrei seit Ende der siebziger Jahre, als die evangelischen Gemeinden in Tengen und Hilzingen eine Pfarrunion bildeten. Zuvor waren die Dörfer Gottmadingen und Engen zugeordnet. Das Pfarramt betreut neben den beiden Hauptorten sechzehn Außenorte.
- Gailingen/Büsingen: Die Kirchengemeinde entstand 2009 aus dem Zusammenschluss der Kirchengemeinden Büsingen und Gailingen. Sie verfügt über drei Kirchen: die Büsinger Dorfkirche, die Bergkirche St. Michael und die Gailinger Friedenskirche. (bie)