Wer die Heggelinstraße gen Süden fährt, trifft bald auf eine Bilderbuch-Szenerie: Der Graben des Ochsenbachs öffnet sich. Beiderseits seiner Böschungen liegen weite Wiesenflächen, die Öhmdwiese. Hie und da steht ein einzelner Baum, dazwischen Strauchwerk. Und gleich hinter dem Espengraben schwimmen Enten, in der Teichlandschaft, in die sich jüngst die Futterwiese von Markus Mock verwandelt hat. Seit einiger Zeit geschehe das immer öfter, vor allem nach ergiebigen Niederschlägen, erklärt der Landwirt des Stüblehofs.

„Noch ein Tag länger so ein Regen, dann kommt der Schwan“, sagt Mock. Es wäre durchaus nicht das erste Mal, dass sich die majestätischen Vögel auf seiner Wiesenfläche dicht bei dem von ihm bewirtschafteten Stüblehof zeigen. „Ich hab die Schwäne auch schon fotografiert“, berichtet der Landwirt.
Sie stellen sich ein, wenn sich nach heftigem Regen das Wasser auf der Öhmdwiese staut. Um das zu verhindern, wurden jene Entwässerungsgräben, die die Fläche zwischen den begradigten Bächen seit mehr als hundert Jahren durchziehen, zusätzlich noch drainiert. Doch nutzt die Drainage inzwischen kaum noch. Landwirt Mock nennt den Grund: „Weil der Biber da drüben einen Damm gebaut hat“, weist er mit der Hand dorthin, wo Lipbach und Ochsenbach zusammenfließen.
Ein bisschen Bewunderung schwingt schon mit, wenn Mock von der Baukunst des Bibers berichtet. Zum Ärgernis werden die Biberdämme ihm trotzdem. Und nicht nur ihm, sondern zahlreichen Landwirten in der Region: Seit 2010 sind die emsigen Nager auch im Bodenseekreis wieder anzutreffen. Klagen über den Biber und dessen Siedlungsspuren werden indes im gesamten Land laut.
Landwirte fühlen sich fast schon enteignet
Warum? Das erklärt Thomas Ainser, Obstbauer aus Ittendorf. Gemeinsam mit Landwirt Tobias Kreidler aus Leimbach hat er sich beim Stüblehof eingefunden, um aufzuzeigen, was die Rückkehr der Biber für die Landwirte bedeutet. Dass sich die Weidefläche von Bauer Mock von Zeit zu Zeit in einen Ententeich verwandelt, bedeutet, dass das dort wachsende Gras kaum mehr als Futter tauge, erklärt Ainser. „Eine Entschädigung gibt es aber keine dafür“, erklärt der Obstbauer.
Ebenso wenig wie für Schäden, die der Biber in Obstplantagen anrichtet, wenn er sich dort Material für seine Dämme sucht. Und genauso wenig wie für die landwirtschaftlich genutzten Flächen, die der Nager durch seine Dämme unter Wasser setzt. „Unsere Schäden müssen wir selbst tragen.“ Ainser spricht von einer Enteignung privaten Besitzes. „Das ist doch so, als würde Ihnen jemand einfach ein Stück vom Vorgarten wegnehmen.“
„Wir haben nichts gegen Naturschutz“, spricht Kreidler für seine Berufskollegen, „wir tun mittlerweile auch wirklich sehr viel für den Erhalt der Artenvielfalt.“ Ainser nennt die Wiesenrandstreifen, aber auch weitere Blühflächen, auf die die Landwirte achten. Doch dürfe der Naturschutz nicht vor allem auf Kosten der Bauern betrieben werden. In den ohnehin schwierigen Zeiten beschneide ihnen das die Existenzgrundlage.
Alle drei Landwirte betonen ihre Kompromissbereitschaft. Doch alle bisher unternommenen Versuche, eine Lösung zu finden, seien erfolglos geblieben. „Es ist die Gemengelage, die alles so schwierig macht“, erklärt Kreidler. In Markdorf hätten es die betroffenen Landwirte mit der Umweltbehörde des Kreises zu tun. Die achte darauf, das der strenge Schutz, unter dem die Biber und ihre Burgen stehen, eingehalten wird. Zu tun haben es die Markdorfer Landwirte aber auch mit der Stadt, denn sie ist die Eigentümerin der Gewässer.
Mit dem Bagger zum Biberdamm
Zweimal in der Woche fährt Wilfried Lattner vom städtischen Bauhof mit seinem Bagger den Biberdamm beim Stüblehof an. Ein im Wasser steckender Pfahl zeigt ihm, wie weit er das Bauwerk abtragen kann, damit die Überschwemmungen nicht überhand nehmen. Es ist dies nicht der einzige Biberdamm, den Lattner regelmäßig besucht. „Insgesamt sind es fünf“, erklärt der Bauhofmitarbeiter, zwei noch in Ittendorf, zwei weitere bei Leimbach.

Zufrieden stellen kann diese Lösung, das Abbaggern des Damms beim Stüblehof, Mock jedoch nicht. Seine Wiesen stehen trotzdem unter Wasser. „Irgendwann wird sich das Wasser noch weiter stauen bis oben zur Wohnbebauung“, prophezeit er. Dann würden sich mehr Markdorfer für den Biber interessieren und „auch für das, was er hier unten anrichtet“.