Herr Breu, seit 25 Jahren betreiben Sie den Markdorfer Kiosk. Welches waren die prägendsten Erlebnisse?

In der ersten Woche hatte ich zwei beträchtliche Einbrüche hintereinander, das war sehr heftig. Der schlimmste Einbruch, den ich empfand, war damals der vom Heiligen Abend auf den ersten Weihnachtsfeiertag, an dem ich die ganze Nacht und die Feiertage durcharbeiten musste, damit der Betrieb wieder weitergehen konnte. Das zweite negative Ereignis begleitete mich über mehrere Jahre und hat mich sehr viel Zeit und Geduld gekostet. Es ging um das Thema Bahnunterführung in der Zeit von 1998 bis ins Jahr 2012.

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Der Kiosk ist auch Lottoannahmestelle – hat es schon große Gewinne gegeben – sechs Richtige oder gar Jackpots?

Von einem Sechser weiß ich es ganz sicher, da wir vom Gewinner zum Abendessen eingeladen wurden. Es waren auch schon fünf bis sechs Autos, die gewonnen wurden. Eines erst vor nicht allzu langer Zeit – ein Mini Cooper. Außerdem zwei Reisen auf der Aida mit allem drum und dran, perfekt von Toto Lotto organisiert mit Taschengeld und so weiter sowie jede Menge Kleingewinne und auch einige fünf Richtige.

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Welches sind die meistverkauften Artikel?

Zigaretten, E-Zigaretten und Tabakzubehör. Natürlich, was sehr wichtig ist Toto Lotto. Zeitschriften haben wir eine Auswahl von zirka 2000 bis 2500 Titel im Angebot. Das sind die Hauptträger. Während der Saison verkaufen wir auch 30 bis 40 Schalen Erdbeeren pro Tag sowie rund 140 Schalen Kirschen pro Woche. Und frische Eier, pro Monat so an die 1400 Stück.

Was wollten Sie als Kioskbetreiber schon immer gefragt werden?

Einfach nur, wie es uns hier so geht und ob man uns in irgendeiner Art unterstützen könnte. Das scheint die Deutsche Bahn AG nicht zu interessieren, und die Stadt auch weniger.

Über welche Fähigkeiten und Eigenschaften muss ein Kioskbetreiber Ihrer Meinung nach verfügen?

Über sehr viele Dinge! Eines der wichtigsten Dinge ist, dass man mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun hat und sich auf jeden einzeln einstellen muss. Dazu gehören auch belanglose Gespräche, die für jeden einzelnen irgendwo wichtig sind. Man muss gut zuhören, da doch viele ein kleines Gespräch suchen – ob Jung oder Alt. Man sollte vom Kaufmännischen auf jeden Fall Kenntnisse mitbringen, da man mit Kalkulation und auch mit Verhandlungen mit einzelnen Firmen laufend zu tun hat. Man ist sehr oft der Knecht und nicht nur der Chef.

Wie sehr haben sich Aufgaben und Anforderungen in zweieinhalb Jahrzehnten verändert?

Das digitale Zeitalter, in dem wir uns immer mehr bewegen, hat sehr viel verändert, das Kaufverhalten der Kunden sowie das Lesen und alles andere sind davon betroffen. Die Menschen erledigen sehr viele Dinge über das Internet. Also muss der Service für den Kunden bei uns noch besser sein. Bein kleines Beispiel: Früher haben wir Kleinbildfilme verkauft – heute wird digital fotografiert. Es müssen immer wieder neue Produkte ergänzt werden. Seit zirka zwei Jahren sind wir auch UPS-Annahmestelle und nehmen Pakete zum Versand an. Man muss immer wieder mit der Zeit gehen.

Welchen Berufswunsch hatten sie als Kind und später als Jugendlicher?

Eigentlich wollte ich zum Bundesgrenzschutz, bin später zur Bundeswehr und habe mich dort verpflichtet. Ich habe mir dort sehr viele Erfahrungen angeeignet, die mir in der Zukunft sehr hilfreich waren.

Was gefällt Ihnen als Kioskbetreiber besonders ?

Der Umgang mit so unterschiedlichen Menschen aller Schichten, die vielseitige Arbeit mit Verkauf, Kalkulation, Buchführung Verhandlungsgespräche mit den einzelnen Firmen... Es macht einfach Spaß.

Hand aufs Herz – was gefällt Ihnen weniger?

Im SÜDKURIER stand vor Jahren einmal "das Rathaus weiß um die Bedeutung des Kiosks und wir sind froh das wir ihn erhalten können“. Davon habe ich noch nie etwas gespürt. Wir wurden noch nie bei wichtigen Entscheidungen informiert, die uns direkt oder indirekt betroffen haben. Wir haben immer über die Presse erfahren müssen, was momentan geplant oder beschlossen wurde. Beispielsweise die Unterführung, Kauf der Grundstücke von der Bahn oder die Verpachtung der Grundstücke für Parkplätze. Ich bin von früher eigentlich etwas Anderes gewohnt, habe mit anderen Bürgermeistern und sonstigen Führungskräften Gespräche geführt und wurde nicht so übergangen oder nicht informiert. Das ist hier leider etwas anders. Auch die ganzen Einbrüche und Sachbeschädigungen, die wir erleiden mussten, waren nicht so einfach. Ich war sehr oft bei der Polizei und habe Strafanzeige gestellt und habe nicht einen Pfennig oder Cent als Geschädigter erhalten. Sehr wichtig: Die Stadt Markdorf hat die einstigen benachbarten Gärten angemietet und möchte Parkmöglichkeiten schaffen. Das wird für uns ein Problem, da überhaupt keine Kundenparkplätze mehr vorhanden sind. Die Stadt hat kein Gespräch gesucht, damit man über dieses Thema schon mal im Vorfeld reden könnte – beispielsweise über feste Kundenparkplätze für kurze Parkdauer. Auch habe ich über Umwege erfahren, dass ein Privatinvestor für den Bahnhof im Gespräch ist.

Über den Daumen – wie viele Wochenstunden leisten Sie , wie viele Tage im Jahr hat der Kiosk geöffnet?

Zirka 65 bis 70 Stunden werden es schon öfters und wir haben 361 Tage im Jahr geöffnet. An vier Tagen ist geschlossen: Neujahr, Ostermontag, Pfingstmontag sowie am Ersten Weihnachtstag.

Sie haben hoffentlich auch Freizeit – was treiben Sie zum Ausgleich?

Ich betreibe sehr viel Sport, spiele Tennis, laufe sehr gerne. Und wenn ich mal die Zeit habe, schnapp' ich mir mein Surfbrett und fahre nach Norditalien an den schönen Comer See. Dort fahre ich schon seit Jahrzehnten hin, um mal auszuspannen vom Alltagsstress.

Auch ein Kioskbetreiber braucht mal Urlaub – wie viele Tage gönnen Sie sich pro Jahr und welches sind Ihre Lieblingsdestinationen ?

Letztes Jahr waren es gerade mal acht Tage und ein verlängertes Wochenende in Würzburg. Meine Lieblingsorte sind Norditalien und Südfrankreich.

Zum Schluss eine ketzerische Frage: Haben Sie je mit dem Gedanken gespielt, etwas Anderes zu machen und falls ja, was?

Eigentlich nein. Es ist nur Schade, dass unter dem Strich für den großen Aufwand zu wenig überbleibt und es wird einem nicht leicht gemacht. Sei es durch die ständigen Testkäufe beim Lotto oder dass man ständig vom Finanzamt überprüft wird und und und... Aber unsere Arbeit macht sehr viel Spaß und ist bestimmt nicht langweilig.