In einem Punkt zumindest waren sich Markdorfs Bürgermeister und die Kunsthistorikerin aus Villingen-Schwenningen einig. "Kunst stellt Fragen, Kunst gibt aber keine Antworten", zitierte Georg Riedmann den Schweizerischen Schriftsteller Adolf Muschg, der von 2003 bis 2005 Präsident der Berliner Akademie der Künste war. Und Fragen waren dann auch das, was Ursula Köhler, Hauptrednerin bei der Vernissage zur Ausstellung des Kunstvereins in der Stadtgalerie, aufgeworfen sieht. Freilich legte die Kunsthistorikerin den Akzent eher auf das Befragen der Zuschauer, auf das genau untersuchende Betrachten. Hierzu gab sie den Besuchern durch ihre Einführungsrede eine griffige Handreichung.

Weit weniger einig waren sich Riedmann und Ursula Köhler in einem anderen Punkt. In der Frage nämlich, ob so unterschiedliche Werke wie die in der Stadtgalerie ausgestellten Bilder und Skulpturen miteinander kommunizieren. Riedmann klang skeptisch, aber er zollte Astrid Schröder und Hans Schüle, den beiden Künstlern, seine Anerkennung dafür, dass sie sich auf dieses Nebeneinander einlassen. Anders Ursula Köhler: Sie stützte ihre Einführung auf die Grundannahme, dass die Arbeiten Schröders und Schüles einen innigen Dialog eingingen. Die Werke beider prägt das subtile Darstellen minimaler Verschiebungen. Bei den Bildern Schröders sei dies ein Verrücken feiner Farbvalenzen im Gefüge ihrer zwar genau, doch augenscheinlich mit der Hand ausgeführten abertausend Pinselstriche. Demgegenüber lenkt – oder befragt – der Bildhauer Hans Schüle die Raumwahrnehmung. Was ist innen? Was ist außen? Wie spielt beides zusammen, wenn Schattenlinien die scheinbar klaren Strukturen kreuzen?

Bernhard Oßwalds Begrüßung hatte mit einem Bekenntnis begonnen. Er habe eine ausgesprochene Vorliebe für diese Art des Gegenübers von Bildern und Skulpturen in einer Ausstellung, erklärte der Vorsitzende des Kunstvereins. Es sei jedes Mal spannend zu sehen, ob das angestrebte Zusammenspiel auch gelingt. Im Falle der "Open Space"-Ausstellung sei es gelungen.

Musik von Hannah Loebermann, Florian Loebermann und Heiko Ramsauer erweiterte dieses Spannungsfeld noch. Hannah Loebermanns unprätentiöser Gesang, Florian Loebermanns kultiviertes Saxofonspiel und Heiko Ramsauers dezenter Bass schufen Club-Atmosphäre, wie Riedmann fand. Hannah Loebermanns Lieder gaben auch einen Hinweis, womit sich der durch Fragen, Wahrnehmen, Anstrengen mit Kunst ebensowohl wie mit Gesellschaft und Politik Befassende – so die Anregung Riedmanns – beschäftigen könnte: mit jenen abgehängten Problemzonen, die die junge Jazz-Sängerin so mitreißend besang.

 

Zur Person

  • Astrid Schröder, gebürtige Wilhelmshavenerin, lebt in Regensburg. Von 1980 bis 1984 besuchte sie die Staatliche Akademie für das Grafische Gewerbe in München. Ihr Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München schloss sie mit dem Diplom ab. Regelmäßig beteiligt sie sich an Ausstellungen in der gesamten Bundesrepublik oder stellt allein aus.
  • Hans Schüle aus Neckarsulm lebt in Berlin und Hohenfels. Er machte eine Ausbildung als Grafiker und studierte Malerei und Bildhauerei in Berlin und München. Er war bei zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten. Wie Schröder war er an der Akademie der Bildenden Künste Schüler von Jürgen Reipka.
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