Dass hier eine ungewöhnliche Frau gewürdigt wurde, wie es auch in der "Fanfare for the uncommon woman" anklang, die die Knabenmusik für Taubitz spielte, darin waren sich alle Gäste einig – zuvorderst Bürgermeister Scherer, Landrat Lothar Wölfle, der Taubitz als "Brückenbauerin zwischen Menschen und Kulturen", zwischen Deutschland und Polen rühmte, und natürlich der Laudator: Siegmund Kopitzki, bis zu seinem Ruhestand viele Jahre SÜDKURIER-Kulturredakteur.
Monika Taubitz ist ein "literarisches Schwergewicht", stellte Kopitzki fest. Eine Einschätzung, die man von einem Lobredner erwarten darf. Doch Kopitzki räumte offen ein, dass er als "bornierter Kulturjournalist" bis vor drei Jahren Taubitz nur als eine von vielen Autorinnen am See registriert habe, als Leichtgewicht. So wie Martin Walser vor einigen Jahren gegenüber dem einst von ihm verschmähten Ernst Jünger, leistete auch Kopitzki nun Abbitte: Ja, Taubitz sei die "schlesische Stimme der zeitgenössischen deutschen Literatur", bekräftigte er. "Aber nicht allein das. Sie wird meiner Meinung nach unterschätzt. Vor allem hierzulande." In Polen hingegen, wo nicht nur ihre Werke erscheinen, sondern diese selbst Gegenstand der Literaturwissenschaft sind, verhalte sich das ganz anders. Dort haben man sie früh entdeckt als "Schriftstellerin aus Schlesien" und nicht etwa als "schlesische Schriftstellerin". In Polen nenne man Taubitz als "Repräsentantin der Vertreibungsliteratur" in einem Atemzug mit Peter Härtling oder Siegfried Lenz. Kopitzki: "Sie vereint in ihrer Person Deutschland und Polen." Doch man verkenne Taubitz ebenso, wenn man sie auf die Themen Flucht, Vertreibung und Aussöhnung reduziere. Denn sie überzeuge seit dem Erscheinen ihres ersten Gedichtbands "Fallende Sterne" 1968 auch als Lyrikerin. In der Folge sei eine "kleine Bibliothek" entstanden. Taubitz zeige in ihren Werken großes Interesse an der Weltgeschichte, aber sie mache die Freuden und Leiden an Helden des Alltags fest, denen sonst kaum Beachtung geschenkt werde meist Frauen – etwa im Roman "Abstellgleis", der im Subtext den Appell zur Friedenserhaltung und zum Miteinander enthalte. Kopitzki: "Eine christliche Botschaft, wie überhaupt das Christliche sich wie ein roter Faden durch das Werk von Monika Taubitz zieht."
Monika Taubitz
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Zur PersonMonika Taubitz kam 1937 in Breslau zur Welt, 1946 wurden sie und ihre Familie aus Schlesien vertrieben. Seit 1965 lebt sie in Meersburg, wo sie bis 1997 als Lehrerin arbeitete. Ihr erstes Buch, den Gedichtband "Fallende Sterne", veröffentlichte sie 1968. Taubitz hat bis dato über 20 Bücher veröffentlicht, vor allem Gedichtbände und Romane. Hinzu kommen andere publizistische Tätigkeiten. Seit Jahren erscheinen Texte Taubitz auch auf Polnisch, sogar in Schulbüchern. Taubitz ist regelmäßig als Referentin zu den Themen Flucht, Vertreibung und Aussöhnung gefragt. Doch sie hat noch viele andere Themen, etwa den Bodensee. Besonders interessiert sie sich auch für "Helden des Alltags", denen die meisten keine Beachtung schenken. So schrieb sie über Euthanasieopfer in "Dort geht Katharina oder Gesang im Feuerofen" (1984) oder, in "Abstellgleis" (2007), über eine ins Altenheim abgeschobene Frau. Von 1996 bis 2011 leitete Taubitz den "Wangener Kreis" für Literatur und Kunst des (ehemals deutschen) Ostens. Zu ihren literarischen Auszeichnungen zählen etwa der Eichendorff-Preis (1978) oder der Andreas-Gryphius-Preis (2012). Außerdem wurde sie für ihre Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung mehrfach gewürdigt, so 2013 mit der Heimatmedaille des Landes Baden-Württemberg und 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz. Seit dem 22. Februar 2018 hat Taubitz als erste Frau die Ehrenbürgerwürde der Stadt Meersburg inne.
In ihrem lyrischen Werk stehe die Natur im Mittelpunkt, besonders Flüsse, die in ihrem Leben von Kindheit an eine wichtige Rolle spielten. In ihren Gedichten nehme Taubitz eine Vielzahl von Motiven auf, die von persönlichen Erfahrungen bis zur Gegenwartskritik reichten. Nicht nur in Taubitz Gedichten, sondern auch in ihrer Epik ließen sich Parallelen zu Annette von Droste-Hülshoff finden, die Taubitz von Kindesbeinen an verehrt. Gemeinsam sei beiden Dichterinnen etwa der "krasse Realismus". Ein Wort der Droste aufgreifend, bezeichne auch Taubitz Meersburg als "die zweite Hälfte meiner Heimat" und der Stadt habe sie wahre Hymnen zugeeignet: "Ein unvergleichliches Heimatlob." Der Begriff Heimat, auch wenn man ihn immer wieder gegen falsche Interpreten und Missbrauch verteidigen müsse, habe, nicht zuletzt dank Autoren wie Walser und Taubitz, ja wieder eine neue Wertigkeit erhalten, hatte Kopitzki zuvor bereits angemerkt.

Den Zuhörern legte Kopitzki zum Abschluss die Lektüre von "Im Anschlag der Wellen" ans Herz, "ab Seite 75 geht es nur um ihre Stadt", um sie dann zu beglückwünschen. "Was für ein Privileg, diese Wahlverwandte, ja, Schwester, der Droste in den eigenen Stadtmauern zu haben." Er endete mit einem Wunsch: "Wie wär's, wenn die Jury des Droste-Preises das nächste Mal Monika Taubitz bedenkt?" Letztere bedankte sich bei allen mit einer geschliffenen Ansprache.
Aus der Dankesansprache
"Gerührt, dankbar und erfreut nehme ich die große Ehre wahr": So begann Monika Taubitz ihre Dankesrede, die sie nach einem Einblick in ihr bewegtes Leben später mit der Feststellung schloss: "Dieses Gefühl, sich endlich beheimatet und nicht wie ein Fremdling zu fühlen, findet nun in der Verleihung der Ehrenbürgerwürde seinen festen Grund."
Doch Taubitz ließ nicht nur eloquent ihre Vergangenheit und die über 50-jährige Geschichte Revue passieren, die sie mittlerweile mit Meersburg verbindet. Sie warb auch für die Stadt, ihre Besonderheiten und kulturellen Einrichtungen, eine fehle jedoch, eben weil Meersburg so viel zu Bewahrendes habe: ein Stadtmuseum. Auch für die Schönheit der Stadt müsse man immer wieder neu Herz und Sinne öffnen, "denn das Gewohnte verkommt allzu leicht zum Selbstverständlichen und wird zum Fußabtreter des Alltags". Meersburg sei seit Jahrhunderten auch eine "Stadt der Literatur", davon zeugten etwa der Droste-Preis und die Droste-Literaturtage. "Aber die Literatur ist nur dann in einem Ort lebendig, wenn sie auch außerhalb der Festtage, das heißt im Alltag, eine Rolle spielt", mahnte Taubitz. Anlässe dazu böten etwa die Meersburger Autorenrunde, der literarische Jour Fixe, der Kultur- und der Museumsverein und auch das öffentliche Bücherregal. Ein Höhepunkt werde die Wiedereröffnung des Fürstenhäusles sein. Ein Literaturmuseum ziehe Besucher an, von denen auch andere profitierten. "Literaten sind überwiegend Weintrinker", sagte sie lächelnd.