Auf vielen Dächern sind sie inzwischen zu finden: Photovoltaikanlagen, die Strom fürs Haus oder Auto erzeugen. Doch wie groß ist das Potenzial für Solarenergie im ganzen Stadtgebiet? Antwort auf diese Frage liefert eine Studie, die Landschaftsarchitektin Bernadette Siemensmeyer am Dienstag dem Bauausschuss präsentierte.

Platz genug ist da

Solarenergie könnte in Friedrichshafen potenziell auf Freiflächen von rund 1400 Hektar erzeugt werden, ohne regionale Grünzüge mit Modulen zuzustellen. Das entspricht einem Fünftel des Stadtgebiets und in Summe einer Fläche, die mehr als 100 Mal größer als das Messegelände ist. So viel braucht es gar nicht: Hält sich die Stadt an die Landesvorgaben, reichen 140 Hektar, auf denen Sonnenstrom erzeugt wird. Windkraft sei in Friedrichshafen nicht relevant.

Sie schützt vor Hagel und liefert Strom: Agri-Photovoltaik in Kressbronn.
Sie schützt vor Hagel und liefert Strom: Agri-Photovoltaik in Kressbronn. | Bild: Lena Reiner

Sogenannte Agri-Photovoltaik könnte man laut Studie auf knapp 1170 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche installieren, etwa über Obstplantagen. Ein Feldversuch läuft seit Mai 2022 in Kressbronn. Solarpanels ersetzen hier auf etwa einem halben Hektar Fläche die sonst üblichen Hagelschutznetze. Auf den Plantagen von Bauer Hubert Bernhard erzeugen die Zellen über den Apfelbäumen Strom für circa 65 Haushalte. Das Ganze ist Teil eines Forschungsprojekts, das das Land Baden-Württemberg mit 2,5 Millionen Euro fördert.

Rund 215 Hektar eignen sich in Friedrichshafen für klassische Freiflächen-Anlagen, wie man sie beispielsweise entlang von Autobahnen sieht.

Parkplätze mit PV-Anlagen überdachen?

Dazu kommen mindestens 21 Hektar auf Großparkplätzen, die mit PV-Anlagen überdacht werden könnten. Als geprüft und geeignet benennt die Studie 14 Parkplätze in Friedrichshafen mit jeweils mehr als einem Hektar Fläche, darunter am ZF-Forum, Bodensee-Center, Flughafen, Messe, am Werksgelände von RRPS und ZF. Wer einen Parkplatz mit mehr als 35 Stellplätzen neu baut, muss laut Klimaschutzgesetz ohnehin 60 Prozent der Fläche mit Solarmodulen belegen. Die Nachrüstung allerdings ist kostspielig.

Allein die Messe Friedrichshafen, hier mit dem Parkplatz West, bietet rund neun Hektar Fläche für die Überdachung mit PV-Modulen.
Allein die Messe Friedrichshafen, hier mit dem Parkplatz West, bietet rund neun Hektar Fläche für die Überdachung mit PV-Modulen. | Bild: Cuko, Katy

Ohne die Eigentümer der Flächen kommt man ohnehin nicht weit. Nur auf den Messe-Parkplätzen – damit immerhin auf rund neun Hektar der Parkflächen – hätte die Stadt als Grundstücksbesitzer die Hand drauf. „Friedrichshafen ist großteils verbaut“, erklärte Bernadette Siemensmeyer.

Erste Überlegungen

Allerdings halten Häfler Unternehmen PV-Strom zur Eigenversorgung oder aus wirtschaftlichen Gründen für interessant genug, um sich eigene Gedanken zu machen. So ließ die Nachhaltigkeits-Managerin am Flughafen, Susanne Helle, schon vor Jahresfrist durchblicken, mittelfristig mit einer PV-Anlage auf dem Gelände Strom zu erzeugen. Der Parkplatz P4 war als möglicher Standort im Gespräch. Sowohl bei ZF als auch bei RRPS prüft man ebenfalls, welche Parkplätze für die Überdachung mit Solarmodulen in Betracht kommen.

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Und was würde das bringen? Friedrichshafen braucht knapp zwei Millionen Megawattstunden Energie pro Jahr, davon rund ein Viertel für Strom. In dieser Bilanz von 2019 ist der steigende Bedarf für Wärme und Mobilität allerdings noch nicht berücksichtigt. Wenn auf einem Hektar Freifläche 500 Megawattstunden pro Jahr an Solarstrom erzeugt werden können, deckt das Freiflächen-Potenzial von 1400 Hektar nur etwa ein Drittel des gesamte Energiebedarfs. So viel Fläche wird aber nie und nimmer mit PV-Anlagen bestückt. Die Stadt peilt an, einen Energiebedarf von 2 Prozent mit Solarstrom abzudecken. Dafür müssten bis 2050 etwa 100 Hektar mit PV-Modulen bestückt werden.

Wassermeister Alexander Belard (links) und Tobias Langer vom Stadtwerk am See vor einer Freiflächen-PV-Anlage, die Strom für die ...
Wassermeister Alexander Belard (links) und Tobias Langer vom Stadtwerk am See vor einer Freiflächen-PV-Anlage, die Strom für die Trinkwassergewinnung erzeugt. | Bild: Stadtwerke am See

Das heißt: Ohne eine starken PV-Ausbau auf privaten und kommunalen Dachflächen in Friedrichshafen ist die Energiewende in der Stadt kaum zu schaffen.

Aktionsplan Solarenergie in Arbeit

Bei der Potenzialstudie soll es nicht bleiben. Das Rathaus will einen Aktionsplan Solarenergie Friedrichshafen aufstellen, der näher auf einzelne Flächen eingeht und auch priorisiert. Dazu soll es Informationen für die Bürgerschaft geben. Das Ergebnis soll im neuen Flächennutzungsplan Eingang finden. Richtig Tempo macht die Verwaltung allerdings nicht. Die Planung orientiert sich zeitlich am angepeilten Zieljahr: Friedrichshafen will erst 2050 klimaneutral sein.