Es ist ein ungewöhnliches Bild, das sich Spaziergängern am Sonntag mitten im Winter bietet: Eine Gruppe Menschen hat sich am Ufer des Bodensees im Strandbad in der Nähe des Badestegs versammelt, der derzeit in ein Gerüst gehüllt ist. Grüppchenweise stoßen immer mehr Menschen dazu, man kennt und grüßt sich. Um 12 Uhr folgt eine Ansage per Mikrofon auf Serbisch, die Aufmerksamkeit der Anwesenden richtet sich auf Pfarrer Milorad Marijanović.

Pfarrer Milorad Marijanović segnet das Wasser.
Pfarrer Milorad Marijanović segnet das Wasser. | Bild: Lena Reiner

Er geht die schneebedeckten Treppenstufen nach unten, gefolgt von Kreuzträgern und Erzpriester Dragoslav Corkovic aus Stuttgart. Sie sprechen und singen gemeinsam die Liturgie. Grob übersetzt geht es um Johannes, den Täufer, erläutert Aleksandar Prijović, Sprecher der serbisch-orthodoxen Gemeinde in Friedrichshafen.

Feierliche Würdigung der Taufe Jesu

Nach dem julianischen Kalender werde am 19. Januar die Taufe Jesu feierlich gewürdigt – weil das Datum dieses Jahr auf einen Werktag fiel, habe man die Feierlichkeiten auf den folgenden Sonntag verlegt. Der Tag werde überall da in ähnlicher Form begangen, wo es eine größere serbisch-orthodoxe Gemeinde gebe. Wichtiger Bestandteil sei auch die Segnung des Wassers und der Schöpfung, die ebenfalls Marijanović vornimmt.

Pfarrer Milorad Marijanović gibt vom Boot das Startsignal.
Pfarrer Milorad Marijanović gibt vom Boot das Startsignal. | Bild: Lena Reiner

Auf den ruhigen Teil folgt dann das Theophanie-Schwimmen. „Wir schwimmen 33 Meter, für jedes Lebensjahr von Jesus einen“, erklärt Aleksandar Prijović weiter. Er gehört zu den 22 Männern, die am Sonntagmittag im Strandbad ihrer Tradition nachgehen. Lang war ihnen das vor Ort nicht möglich; doch 2020 erteilte die Stadt die Genehmigung. Abgesichert von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) kann das Schwimmen stattfinden.

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Prijović ist dankbar für die Unterstützung der Stabstelle für Integration und der Ehrenamtlichen von der DLRG. Der jüngste Teilnehmer am diesjährigen Theophanie-Schwimmen ist mit 14 Jahren Radovan Mojicevic aus Friedrichshafen, der älteste mit 42 Jahren Ivan Ekert, ebenfalls aus Friedrichshafen.

Ein Gruppenfoto der Teilnehmer gemeinsam mit Pfarrer Milorad Marijanović.
Ein Gruppenfoto der Teilnehmer gemeinsam mit Pfarrer Milorad Marijanović. | Bild: Lena Reiner

Eigentlich wollte in diesem Jahr auch eine Frau mit schwimmen; sie hatte sich zumindest angemeldet. Auf dem verschneiten Steg gehen dann allerdings doch nur Männer Richtung Wasser. Einer von ihnen fällt auf: Er trägt eine Wasserballmütze und erhält dafür freudige Reaktionen. „Serbien war einmal Weltmeister im Wasserball“, erklärt Prijović.

Ivan Peric trägt eine Wasserballmütze.
Ivan Peric trägt eine Wasserballmütze. | Bild: Lena Reiner

Ivan Peric, so heißt der Mann mit der besonderen Bademütze, hat sich allerdings „einfach so“ für das Kleidungsstück entschieden. Mit Wasserball habe er nichts zu tun. „Ich wollte einfach eine serbische Mütze tragen; so sind wir Serben, stolz auf unser Land“, sagt er und erklärt, dass er auch eine passende Badehose mit Landeskürzel trage. Schon zum elften Mal nehme er an einem Theophanie-Schwimmen teil, zum zweiten Mal in Friedrichshafen. „Mir ist das wichtig, ich bin immer dabei.“

Schon der Weg zum Wasser wird zur Herausforderung

Über das Baugerüst geht es dann hinunter an die Wasserkante – eine kleine Herausforderung vor der Herausforderung. Auch das Niedrigwasser verkompliziert die Aktion: Das zweite Boot, das für Beobachter geplant war, kann sich nicht weit genug nähern. Dann geht es auf einmal ganz schnell.

Die Männer springen ins Wasser und schwimmen zum Kreuz auf dem Boot.
Die Männer springen ins Wasser und schwimmen zum Kreuz auf dem Boot. | Bild: Lena Reiner

Schreiend und stöhnend ob der Kälte sind die Männer gerade ins Wasser gesprungen, als einer von ihnen schon jubelt. Ein Blick Richtung Boot zeigt: Milos Tasic reckt jubelnd die Arme und dann das Kreuz mit Blumenschmuck in die Höhe.

Milos Tasic ist erst vor Kurzem nach Deutschland gezogen und nimmt hier zum ersten Mal am Theophanie-Schwimmen teil.
Milos Tasic ist erst vor Kurzem nach Deutschland gezogen und nimmt hier zum ersten Mal am Theophanie-Schwimmen teil. | Bild: Lena Reiner

Am Ufer wird er von Freunden und Familie empfangen, viele wollen ein Foto mit ihm machen. Lange steht der 36-Jährige noch in seiner nassen Badehose da, während andere bereits angezogen und ins Warme gegangen sind. Er ist noch neu in Deutschland – aus dem serbischen Surdurlica ist er nach Wangen im Allgäu gezogen, erklärt er mithilfe eines Übersetzers: „Das war wie Sommer hier. In Serbien ist das Wasser viel kälter.“

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Er sei froh, das Kreuz als Erster erreicht zu haben. Schon seit er vor zehn Jahren angefangen habe, bei der Schwimmtradition mitzumachen, habe er sich gewünscht, das zu schaffen. Dass es ihm nun bei seinem ersten Schwimmen in Deutschland gelungen ist, freue ihn besonders.

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