Friedrichshafen – Das Umweltamt des Landratsamtes Bodenseekreis und Vertreter von Webers Backstube haben sich am Freitag nach einer Aussprache auf ein abgestimmtes Vorgehen geeinigt. Es soll zunächst zwei Gutachten geben, ein Ausbreitungsgutachten zu den (Kalt-)Luftströmen im Bereich Flughafen/FN-Ost sowie ein Gutachten von einem Fachmann für Holzfeuerungen. Vorliegen sollen erste Ergebnisse wohl Mitte September, erläuterte Peter Neisecke, Leiter des Umweltschutzamtes. Geplant ist auch eine weitere gemeinsame Begehung bei der Anfeuerung des Ofens.

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Hannes Weber hat derweil Schritte in die Wege geleitet, den Holzhofen künftig über einen Pelletbrenner zu erhitzen statt mit Holz im Ofenraum, was zu einer wesentlich geringeren Rauchentwicklung führt. Ein entsprechendes Angebot traf am Freitag bei ihm ein. Rund 15 000 Euro kostet so ein Brenner ohne Einbau, berichtete Weber. Der Bäckermeister hat inzwischen auch den Anzündevorgang mit Holz umgestellt, sodass weniger Rauch entsteht. Er verwendet jetzt klein gesägtes Hartholz.

Die Stilllegung des Holzofens von Webers Backstube am Flughafen wegen der Geruchsbelästigung in Friedrichshafen-Ost ist nach Ansicht des ...
Die Stilllegung des Holzofens von Webers Backstube am Flughafen wegen der Geruchsbelästigung in Friedrichshafen-Ost ist nach Ansicht des Landratsamts nicht mehr notwendig. | Bild: Wex, Georg

Plötzlich in Verdacht geraten

Von seiner Kritik am Vorgehen des Landratsamts in dieser Sache wich Weber aber nicht ab. Er könne nicht nachvollziehen, wieso er Anfang August plötzlich in Verdacht geraten sei, Hauptverursacher der Geruchsbelästigung in FN-Ost zu sein, meinte Weber, nachdem genau das vorher ausgeschlossen worden sei. Noch weniger verstehe er, dass es seitens des Landratsamts kein frühzeitiges Bemühen gegeben habe, ihm die dann vom Umweltamt neu bewertete Problematik mitzuteilen. Neisecke nahm das auf seine Kappe, weil er in Urlaub gewesen sei. Weber entgegnete, eine Behörde müsse auch funktionieren, wenn der Leiter weg sei. Stattdessen habe das Landratsamt ohne Vorwarnung den Namen seines Betriebes an die Öffentlichkeit gegeben, mit der Folge, dass sein Betrieb dem Generalverdacht ausgesetzt worden sei, für jeden Rauch oder Geruch verantwortlich zu sein.

"Das ist kein Umgang miteinander"

Es gebe nach wie vor keine gutachterliche Datengrundlage für diese Behauptung. Wenn das Landratsamt dennoch die Einstellung des Betriebs des Holzofens verlangen würde, werde er sich wehren, sagte Weber: "Das ist kein Umgang miteinander." Er werde sich deswegen mit einem Schreiben auch noch an Landrat Lothar Wölfle wenden.

Neisecke bestätigte, dass die Backstube nach den ersten Kontrollen nicht in Verdacht stand. Bei Auswertung der über 200 Beschwerden habe sich dann die Backstube Weber als relevante Quelle herausgestellt. Weber sieht das anders. "Die Daten kann ich so nicht bestätigen", meinte er zu der Auswertung der Belästigungsmeldungen. Ob eine, zehn oder 100 Menschen sich belästigt fühlten, sei nicht entscheidend, meinte der Leiter des Umweltamts. Das Landratsamt, so Neisecke, habe immer auch gesagt, dass es mindestens zwei weitere mögliche Quellen für die Geruchsbelästigung gibt. "Wenn wir uns so sicher wären, hätten wir keinen Gutachter beauftragt, auf unsere Kosten", sagte Neisecke. Das Ausbreitungsgutachten könnte dann auch Relevanz für weitere Betriebsansiedlungen in Zukunft in dem Gebiet haben. Auch das Gutachten zum Steinofen will das Landratsamt bezahlen. Man wolle vermeiden, dass Weber in den Umbau der Befeuerung des Steinofens investiere und das möglicherweise wenig Wirkung zeige.

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Brot frisch aus dem Holzofen: Der Ofen in der Bäckerei am Flughafen soll eine Hauptquelle für nächtliche Geruchsbelästigungen im Wohngebiet Kitzenwiese sein. Wie ein Holzfeuer für Gestank nach verbranntem Gummi oder Kunststoff sorgen soll, kann derzeit keiner erklären. | Bild: Edmund Möhrle

Weber forderte auch Feinstaubmessungen bei den Betroffenen Anwohnern, ein Ausbreitungsgutachten allein sei nicht ausreichend. Neisecke verwies darauf, dass Feinstaubmesssungen aufwenig seien, das dauere ein halbes bis ein Jahr. Das Landratsamt wolle die Betroffenen jetzt von einer erheblichen Belästigung befreien. "Wir glauben nicht, dass Sie etwas falsch machen", sagte Neisecke zu Weber: "Wir wissen, dass Sie gute Arbeit machen." Vermutlich habe Weber nur in ein "blödes meterologisch Gebiet" hineingebaut. Neisecke wiederholte auch die Ansicht des Landratsamts: "Ich glaube nicht, dass in der Kitzenwiese eine Gesundheitsgefahr besteht." Eine Gruppe von Anwohnern hatte hier Untersuchungen gefordert und Symptome von Augenbrennen bis Atemnot beschrieben.

Viele positive Rückmeldungen der Menschen

Weber berichtete, dass sein Unternehmen viele positive Rückmeldungen der Menschen erhalten habe. "Wir haben das Gefühl, jetzt mit unserer Lösung gut rauszukommen", sagte Weber. In einer ebenfalls am Freitag verschickten Stellungnahme schreibt Weber zu den Diskussionen in den Foren: "Da uns die Sorge der Beschwerdeführer übermittelt worden ist, negativ und abwertend in der Bevölkerung behandelt zu werden, möchten wir (...) bitten, den gegenseitigen Respekt vor der Meinungsfreiheit des anderen, egal aus welcher Sichtweise aufrechtzuerhalten."

"Entsetzt" über Reaktionen im Netz

Hermann Dietlicher, nach eigenen Angaben Sprecher einer Gruppe von Betroffenen, hatte mitgeteilt, dass er teilweise über die Reaktionen im Netz "entsetzt" sei. Nach der Umstellung der Anfeuerung habe er keinen Gestank mehr wahrgenommen, berichtete er am Freitag: "Nach jetzigem Stand ist die Angelegenheit 'Gestank' für meine Unterstützer voraussichtlich beendet. Es gibt keine Beschwerden mehr. Die Meldekette wird eingestellt. Wobei alle 'Aktivisten' auf unserer Seite noch sehr kritisch bleiben werden." Einige Fragen seien noch offen und müssten geklärt werden. "Und da werde ich weiterhin unnachgiebig nachhaken", sagt Dietlicher. "Es ging einfach zu lange, bis Schwung in diese Sache kam." Vonseiten des Landratsamts wurde die Umstellung der Anfeuerung des Holzofens gegen 2.45/3 Uhr beim Gespräch in der Backstube positiv zur Kenntnis genommen. Nach Ansicht Neiseckes ist es aber noch zu früh, die Wirkung abschließend zu beurteilen.

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Bild: Schönnlein

Expertin erklärt: Gerüche aus verschiedenen Quellen mischen sich in Luftströmen

Kann ein Bäcker mit Rauch aus seinem Holzofen für beißenden Gestank in Wohngebieten gut einen Kilometer entfernt verantwortlich sein? Für Helga Lauerbach vom Ingenieurbüro Lohmeyer in Karlsruhe, die Geruchs-Gutachten erstellt, ist das möglich, „aber nicht sehr wahrscheinlich“. Dass dieser Geruch quasi nahezu unverdünnt weitergetragen wird, dafür müssten verschiedene Bedingungen erfüllt sein, die zusammen selten gegeben seien. Im Gegensatz dazu hält es die Geoökologin durchaus für möglich, dass sich in einer Luftströmung unterschiedliche Gerüche aus verschiedenen Quellen mischen. Das würde erklären, warum die Anwohner in Friedrichshafen-Ost neben Geruch nach Holz auch den nach verbranntem Gummi, Kunststoff oder Altöl wahrnehmen. Abgesehen davon warnt Helga Lauerbach davor, nur sichtbare Quellen in die Ursachenforschung einzubeziehen. Die Abluft sei eben nur sichtbar, wenn Wasserdampf mit aus dem Kamin zieht.

Warum stinkt es nur nachts?

Doch warum ist der Gestank nur nachts ruchbar? Eine Erklärung könnten Luftströmungen sein, die vor allem im Sommer am Bodensee vorherrschend sind. Das passt zu den Meldungen der Anwohner. Auch deshalb lässt das Landratsamt ein meteorologisches Gutachten erstellen. Durch den Temperaturunterschied zwischen Bodensees und Landmasse bilden sich nachts Ausgleichsströmungen, die erst abreißen, wenn sich die Temperaturen angeglichen haben. Ein Thermalkartierung, die dem Gemeinderat 2017 als Vorstudie für eine Klimanalyse vorgestellt wurde, zeigt auf, dass sich vor allem entlang der Rotach, die durch das betroffene Gebiet fließt, stärkere Kaltluftströme entwickeln, die in heißen Sommernächten kühle Luft aus dem Bodensee-Hinterland zuführen. Solch einen Kaltluftstrom müsse man sich wie einen Honigfluss vorstellen, der sich relativ nah am Boden nur langsam vorwärts schiebt, erklärt die Fachfrau. Trägt dieser Luftstrom Gerüche mit sich, sind die im Vergleich zu Wind auch länger wahrnehmbar. Das heißt: Gerüche, die tagsüber aus einem Kamin aufsteigen und verfliegen, können nachts von diesem Kaltluftstrom erfasst und in Bodennähe weitergetragen werden. (kck)