Dauercampen ist für sie ein Lebensgefühl. „Ich bin die ganze Zeit schon so im Fieber“, sagt Christa Sessler und lacht herzlich. Sie habe den Tag herbeigesehnt, an dem für sie die Campingsaison startet. Sie und ihr Mann Horst sind Dauercamper. Vor neun Jahren haben sie sich für den Campingplatz Alpenblick in Hagnau entschieden. Der Name ist Programm: Von ihrem Wohnzimmer im Freien aus genießen sie den Blick auf Bodensee und Alpen.

Die Sesslers sitzen im Klappstuhl und lassen sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Hinter ihrem Rücken liegt die Bundesstraße, über die die Laster brettern. Blenden sie den Lärm der Straße aus? Ja, sagt Christa Sessler, das gelinge ihnen gut. „Das ist Einstellungssache und Gewohnheitssache“, sagt die pensionierte Bürokauffrau. „Wenn alles hier grün zugewachsen ist, hört man fast nichts mehr.“

Der Campingplatz Hagnau, mit Blick auf Bodensee und Alpen. Das Bild entstand vom Parkplatz an der B31.
Der Campingplatz Hagnau, mit Blick auf Bodensee und Alpen. Das Bild entstand vom Parkplatz an der B31. | Bild: Hilser, Stefan

Die Frau aus Pfullendorf sagt über ihre Standortwahl in Hagnau: „Hier bleiben wir.“ Es hört sich bei ihr so an, wie wenn andere den Umzug in eine altersgerechte Wohnung beschreiben. Ihr Wohnsitz ist Pfullendorf, da schauen sie manchmal noch vorbei. „Gibt dahoim ja auch no‘ ä Arbet“, sagt Horst Sessler, pensionierter Schlosser, in schönstem Linzgauerisch.

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Von März bis Oktober leben und urlauben sie die meiste Zeit in Hagnau. Christa und Horst Sessler zählen dieses Jahr auf dem Campingplatz Alpenblick zu den ersten Ankömmlingen. Es ist noch ruhig in ihrer Nachbarschaft. Das gibt ein großes Hallo, wenn sich alle nach dem langen dunklen Winter wieder treffen. Christa Sessler sagt: „Es freut sich jeder, wenn man sich wieder sieht.“ Unter den Dauercampern bilden sich langjährige Freundschaften. Man sitzt zusammen am Tisch, leiht sich Butter oder Schraubenzieher aus – und geht sich freundlich aus dem Weg, wenn man nur für sich sein möchte.

Jetzt wird aufgestuhlt: Dobrinko Vidakovic, Mitarbeiter im „Alpenblick“, der Campingplatz-Gastronomie in Hagnau.
Jetzt wird aufgestuhlt: Dobrinko Vidakovic, Mitarbeiter im „Alpenblick“, der Campingplatz-Gastronomie in Hagnau. | Bild: Hilser, Stefan

Den Sami Cehovic kennen sie natürlich alle. Er ist seit 15 Jahren Pächter in der Campingplatz-Gastronomie. Und er kennt sie: „Die meisten Dauercamper kommen aus dem Stuttgarter Raum, aus Ravensburg oder Biberach.“ Am vergangenen Wochenende seien viele beim schönen Wetter kurz aufgetaucht, hätten ihre Wohnwagen von den Winterfolien befreit, das Vorzelt aufgestellt oder die Holzterrasse verlegt. „Und dann sind sie wieder weggefahren.“ Denn so richtig geht die Saison erst an Ostern los.

Sami Cehovic, seit 15 Jahren Pächter im „Alpenblick“, der Campingplatz-Gastronomie in Hagnau.
Sami Cehovic, seit 15 Jahren Pächter im „Alpenblick“, der Campingplatz-Gastronomie in Hagnau. | Bild: Hilser, Stefan

Wohnmobilist meidet Osterurlaub am See

Bis Ostern will Hanspeter Rausch nicht warten – und an Ostern hier auch gar nicht Urlaub machen. Er stammt, wie sich seinem Dialekt entnehmen lässt, aus Mannheim. Rausch sitzt mit Radlershirt auf der Freifläche von Cehovics Alpenblick-Cafe und trinkt eine Saftschorle. Er ist kein Dauercamper, sondern ein Wohnmobilist.

Hanspeter Rausch, Wohnmobilist aus Mannheim.
Hanspeter Rausch, Wohnmobilist aus Mannheim. | Bild: Hilser, Stefan

Erst machte Hanspeter Rausch Station im Schwarzwald, steuerte den Bodensee an, und fährt dann weiter ins Allgäu. Ostern am Bodensee? „Nein, da kommt ja jeder hier her“, spricht er auf den Ostertrubel am Bodensee an und auf das Problem, dass Wohnmobile zu dieser Zeit oft keinen Platz mehr finden. Seine Bekannte Elvira Stadler, die bei Rausch am Tisch sitzt und in Immenstaad eine Pension bezogen hat, beschreibt Osterurlaub am Bodensee so: „Da sieht man ja vor lauter Booten das Wasser nicht mehr.“

Elvira Stadler, Touristin am Bodensee.
Elvira Stadler, Touristin am Bodensee. | Bild: Hilser, Stefan

Wöchentlich ein Unfall mit Fahrradfahrern

Mitten durch den Campingplatz führt der Bodenseeradweg. Die Sesslers, aber auch Nachbarn von ihnen, Dauercamper aus Friedrichshafen, suchten sich einen Platz, der möglichst weit weg vom Durchgangsverkehr der Radler liegt. Lieber den Lärm der B31 ertragen, als sich dem Trubel und der Gefahr auszusetzen, die von ungehobelten Zweiradfahrern ausgehe. „Da vergeht ja keine Woche ohne einen Unfall mit Fahrradfahrern“, sagt Christa Sessler. „Jede Woche mindestens einmal Polizei und Krankenwagen.“

Wohnwagen mit Gartenzaun und (Plastik-)Blumenzucht.
Wohnwagen mit Gartenzaun und (Plastik-)Blumenzucht. | Bild: Hilser, Stefan

Das Lebensgefühl der Dauercamper

Das Ehepaar Sessler gibt sich gastfreundlich. Dem Besucher von der Zeitung bieten sie sofort einen bequemen Klappstuhl und ein Getränk an. Sie erzählen, dass sie früher mit ihrem Wohnwagen gern Urlaub an bayerischen Seen machten.

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Seit ihrer Pensionierung möchten sie nicht mehr vagabundieren, dafür ausgiebig logieren. Mit allem Komfort eines Dauercampers, der sein mobiles Heim nicht nur für ein paar Tage irgendwo abstellt, sondern kommt, um zu bleiben. Bei Sesslers gehört ein Kühlschrank zum Inventar. Andere schleppen Schränkchen, Lampenschirme, Mikrowelle oder einen großen Grill heran, umzäunen ihr Domizil und schaffen kleine Vorgärten, hängen Blumenkästen an den Wohnwagen und signalisieren: Hier bin ich der Herr!