Der Verein Heureka Lago sieht die Lebensqualität und die Naturressourcen des Bodensees durch die wachsende Anzahl großer, PS-starker Motoryachten in zunehmendem Maß gefährdet und fordert in einer Petition an die Landesparlamente der Anrainerstaaten eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit von 40 auf 15 Kilometer pro Stunde (km/h).

Worauf basiert diese Forderung?

Gemäß der Bodensee-Schiffs-Statistik, die das Amt der Vorarlberger Landesregierung jährlich für den gesamten Bodensee erhebt, waren Ende 2021 26.732 Motorboote zugelassen – 5000 mehr als 2012, was einem Anstieg von 23 Prozent entspricht. Sie stellen inzwischen 70 Prozent der Vergnügungsboote mit Verbrennungsmotor. Segelboote mit Flautenschieber sind mit nur 30 Prozent vertreten. Die Anzahl der Motorboote mit einer Leistung über 100 kW ist dabei überproportional gestiegen.

Wassersport ist vielfältig. Auch in Jollen lässt sich der See genießen.
Wassersport ist vielfältig. Auch in Jollen lässt sich der See genießen. | Bild: Anette Bengelsdorf

Daraus schließt der Verein, dass die Vergnügungsschifffahrt für den wesentlichen Anteil der Emissionen der Schifffahrt auf dem Bodensee verantwortlich ist und pro Saison 16,9 Millionen Liter Benzin und Diesel verbraucht. Dabei würden auch 100 Tonnen unverbrannte Kohlenwasserstoffe durch die Abgasanlagen in den See gespült.

Wie errechnet der Verein Verbrauch und Emissionen?

Nach Aussage des Vereins wurden zum Treibstoffverbrauch Daten der Motorhersteller herangezogen. Die Betriebsstunden auf dem Bodensee wiederum basieren auf einer Studie zum Thema Biodiesel in der Sportschifffahrt des Bodensee-Segler-Verbands, der Internationalen Wassersportgemeinschaft Bodensee und der Hochschule Konstanz. Diese ermittelte 2012 durchschnittlich 42 Betriebsstunden pro Boot und Jahr. Dabei wurden die Boote zu 71 Prozent in Teillast, 16 Prozent in Volllast und 13 Prozent im Leerlauf betrieben.

Die Berechnung der Emission basiert auf den in der Bodenseeschifffahrtsordnung festgelegten Höchstwerten für Otto- und Dieselmotoren für Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe und Stickoxide. Der Verein sagt, 75 Prozent der Emissionen ließen sich durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 15 km/h vermeiden.

Wieso ausgerechnet 15 Stundenkilometer?

Laut Verein stellt diese Zahl lediglich eine Richtgröße dar. Die ideale Geschwindigkeit ist abhängig von der Länge des Boots, was mit der sogenannten Rumpfgeschwindigkeit, zusammenhängt. Der zufolge kann jedes Boot nur so schnell fahren, wie die Welle sich ausbreitet, die es erzeugt. Fährt es schneller, muss es den Wellenwiderstand überwinden. Das Heck taucht ins Wasser ein, das Boot erzeugt deutlich mehr Wellen und der Treibstoffverbrauch steigt drastisch an.

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Die meisten Motorboote sind heutzutage als sogenannte Gleiter konzipiert. Um die erwünschte Gleitfahrt zu erreichen, müssen sie diesen Widerstand überwinden. Deshalb dürfte ein Boot von zehn Metern Länge die Geschwindigkeit von 13 km/h nicht überschreiten, bei einem Boot von 15 Metern Länge wären es 15 Stundenkilometer.

Wie kommt der Vorstoß bei den Motorbootverbänden an?

In der Petition beruft sich der Verein auf eine Machbarkeitsstudie „Klimaneutrale Schifffahrt auf dem Bodensee“, die die Bayerische Staatskanzlei in Kooperation mit der Internationalen Bodenseekonferenz in Auftrag gegeben hat. Werner Tillmetz, Projektleiter des Teams H2Connect, stellt klar, „dass wir, die Autoren der Machbarkeitsstudie ‚Klimaneutrale Bodenseeschifffahrt‘, mit den Aktivitäten von Heureka Lago nichts zu tun haben“. Die Studie sei noch nicht abgeschlossen und man habe sich lediglich ausgetauscht.

Edgar Raff, Martin Lepple und Erich Beuter vertreten ihre Verbände auf der Interboot in Friedrichshafen.
Edgar Raff, Martin Lepple und Erich Beuter vertreten ihre Verbände auf der Interboot in Friedrichshafen. | Bild: Anette Bengelsdorf

Edgar Raff, Vorsitzender der Internationalen Wassersportgemeinschaft Bodensee (IWGB), die auch die Interessen des Deutschen Motoryachtverbands vertritt, begrüßt, dass sich H2Connect distanziert. Weder ließen sich die Betriebsstunden noch der Verbrauch nachvollziehen, da mit ein paar wenigen Booten an wenigen Wochenenden der Saison in erster Linie zum Baden gefahren werde. Auch die Petition hält er nicht für zielführend und sagt: „Die IWGB steht für eine klimaneutrale Schifffahrt auf dem Bodensee, die aus unserer Sicht nur aus einer Diversität von Antrieben und Kraftstoffarten erreicht werden kann.“

Informationen zum Verein und den Wassersportverbänden

Infrage gestellt wird die angenommene Treibstoffmenge auch von Martin Lepple vom Internationalen Bodensee-Motorboot-Verband. Sein Gleiter habe einen 900 Liter-Tank, der reiche für die gesamte Saison. „Unser Verband würde sich mit rechtlichen Mitteln gegen ein solches nicht nachvollziehbares Verbot wehren“, sagt er.

Was sagen die Segler dazu?

Grundsätzlich hätte der Vertreter des Blauen Anker, Erich Beuter, als leidenschaftlicher Segler nichts gegen weniger Wellenschlag und Lärm einzuwenden, hält es aber nicht für sinnvoll, auf eine bestimmte Gruppe loszugehen. „Machen Sie mal einem Porschefahrer klar, dass er auf der Autobahn nur 90 fahren darf“, gibt er zu bedenken.

Jürgen Graf ist im Vorstand des Segelverbands Baden-Württemberg und Geschäftsführer des Bodensee-Segler-Verbands.
Jürgen Graf ist im Vorstand des Segelverbands Baden-Württemberg und Geschäftsführer des Bodensee-Segler-Verbands. | Bild: Anette Bengelsdorf

Und selbst der Bodensee-Segler-Verband kann der Petition nichts abgewinnen. Jürgen Graf, der gleichzeitig für den Segelverband Baden-Württemberg spricht, sagt: „Wir sind uns alle einig, dass uns Verbote nicht weiterbringen.“ Als Segler versuche er, auch die Motorbootfahrer zu verstehen, schließlich habe man eine Menge gemeinsame Interessen. Er setzt diesbezüglich auf den Dialog, der in zunehmendem Maße gefördert wird.

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