Das wird jetzt für beide Parteien gefährlich. Die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei müssen aufpassen, dass sie keine Stacheln abbekommen oder sich verletzen. Die Kakteen laufen Gefahr, zu brechen oder Teile zu verlieren. Gerade hat Vorarbeiterin Anna Vollmer den Kübel mit der Wurzel der über drei Meter hohen Wolfsmilch-Kaktee mit der Schaufel freigelegt. Nun kippen sie die stachelige Last langsam in die Waagerechte und heben sie vorsichtig an.
Sieben Leute sind nötig, um die Pflanze den kleinen Hügel hochzutragen, wo der Anhänger steht. Alle tragen Lederhandschuhe, aber die hielten längst nicht alle Stacheln ab, versichern sie. Das Team hat schon einige Transporte der Kakteen mitgemacht. „Die Stacheln hat man abends überall“, sagt Anna Vollmer. Sie leitet den Einsatz im Stadtgarten, wo gerade zum letzten Mal die Kakteen-Gruppe ausgegraben und abtransportiert wird.
Der Umzug der Kakteen dauert eine Woche
Damit sind sie in diesem Jahr spät dran. Mit dem Transport wurde erst nach dem Ende der Landesgartenschau begonnen. Es habe zwar schon leichten Frost in der Vorwoche gegeben, so Vollmer, aber der geschützte Standort hat die kostbaren Kakteen vor Schäden bewahrt. Eine komplette Woche braucht das Team der Abteilung Grünflächen, um das Beet komplett leer zu räumen und die Kakteen im städtischen Gewächshaus wieder einzusetzen.
Das ist eine strapaziöse Prozedur für Mensch und Pflanze. Daher ist Rolf Geiger, Leiter der Abteilung Grünflächen, Umwelt und Forst, froh, dass die wertvolle Sammlung nur noch einmal umziehen muss. „Der Standort ist für die Kakteen mit Stress verbunden. Sie müssen dauernd transportiert werden und laufen dabei Gefahr, abzubrechen oder Druckstellen zu erleiden. Dazu wachsen sie ausschließlich im Topf und stehen zu dicht.“ Das sind auch die Gründe, warum die Landesdenkmalbehörde dem endgültigen Umzug des geschützten Ensembles in das neue Pflanzenhaus zugestimmt hat.
Ausgestaltung des Pflanzenhauses noch unklar
Das Pflanzenhaus, in dem das Land Baden-Württemberg während der LGS wechselnde Ausstellungen präsentierte, muss jetzt leer geräumt werden. Dann stehen die vorbereitenden Arbeiten an, die von der Stadtgärtnerei und dem Bauhof in Eigenregie ausgeführt werden. Für die Ausgestaltung hatte Rolf Geiger im Ausschuss Bau, Technik und Verkehr drei Entwürfe vorgestellt.
Die Räte konnten sich nicht mehrheitlich für einen davon entscheiden und brachten ergänzende Vorschläge ein. „Daraufhin wurde die Fachabteilung gebeten, die ausgetauschten Argumente bei ihren Planungen zu berücksichtigen. Der entsprechende Vorentwurf befindet sich derzeit in Überarbeitung“, so die Antwort der Pressestelle auf Anfrage des SÜDKURIER.

Der Umbau des Pflanzenhauses wird einige Monate in Anspruch nehmen. Die städtischen Betriebe müssen Entwässerungseinrichtungen schaffen, die Pflasterflächen vorbereiten, Mauern und Einfassungen errichten und schließlich die Beete mit einem speziellen Substrat für Kakteen auffüllen. Wie lange sie dafür benötigen, wird auch vom Wetter abhängen. Wenn der Bauhof für den Winterdienst auf den Straßen gebraucht wird, müssten die Arbeiten im Pflanzenhaus warten, sagt Leiter Rolf Geiger.
Eröffnung wohl im Frühsommer 2022 möglich
Am neuen Standort werden die Kakteen anders verteilt als im Stadtgarten wachsen. „Wir wollen sie in thematischen Gruppen anordnen und die Pflanzen werden weniger dicht stehen“, erläutert Geiger. Das gebe ihnen die Möglichkeit, im Wachstum noch einmal zuzulegen. Mit einer Eröffnung des Pflanzenhauses rechnet er im Frühsommer 2022.

Im Stadtgarten werden winterharte Sorten gepflanzt
Der alte Standort im Stadtgarten wird ebenfalls im nächsten Frühjahr neu gestaltet. „Das bisherige Stadtgartenbeet kann vorübergehend nicht bepflanzt werden, da der Boden vollständig ausgetauscht und mit einem Spezialsubstrat gefüllt werden muss“, ergänzt die städtische Pressestelle. Danach soll hier ein neues Ensemble mit winterharten Kakteen entstehen, das ganzjährig zu sehen ist. Auch die kälteempfindlichen Exemplare werden im Pflanzenhaus zu allen Jahreszeiten zu besichtigen sein. Die gefährlichen Umzüge werden weder den Pflanzen noch den Gärtnern fehlen.