Sabine (24) und Kevin Scherer (28) aus Frickingen-Altheim haben sich etwas getraut: Sie ließen sich in diesem Jahr trauen, erst standesamtlich im Februar, dann kirchlich im Oktober. Gemäß dem Motto „In guten wie in schlechten Zeiten“ wollten sich die beiden, die seit sieben Jahren ein Paar sind, vom Coronavirus nicht in die Knie zwingen lassen. Und das nicht, weil sie heiraten mussten, sondern weil sie wollten.

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Der gelernte Kfz-Mechaniker und die Einzelhandelskauffrau trotzen damit einer bundesweiten Entwicklung, denn die Corona-Pandemie hat viele Heiratspläne platzen lassen: Im ersten Halbjahr dieses Jahres sind laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden knapp 140 000 Ehen geschlossen worden und damit knapp 30 000 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. „Bei uns ist alles so gelaufen, wie wir es geplant hatten“, erinnert sich Kevin Scherer. Seine Frau Sabine, eine geborene Allweyer, nickt und schiebt hinterher, dass die Vorbereitungen vielleicht etwas aufwendiger waren als gedacht. Manche Auflagen seien auch einfach „lästig“ gewesen, doch die Hochzeitsgäste seien „sehr entspannt“ mit ihnen umgegangen.

Das sagen die Kirchen

Die Entscheidung, sich das Jawort zu geben, fassten die beiden im vergangenen Jahr. Als im Februar der Termin auf dem Standesamt anstand, da war das Virus zwar schon in Deutschland angekommen, doch angesichts 30 Covid-19 Infizierter (Stand 28. Februar) hatte der Begriff „Lockdown“ noch nicht Einzug in den allgemeinen Sprachschatz der Menschen gefunden. Gefeiert wurde im engsten Familienkreis, die große Sause sollte dann im Herbst mit der kirchlichen Trauung samt anschließendem Fest folgen.

Einige Gäste sagen von sich aus Teilnahme an Hochzeit ab

Hygienemaßnahmen hin, Mindestabstand her: Sabine und Kevin Scherer entschieden sich, die Hochzeit durch zu ziehen und gleichzeitig auf Eventualitäten vorbereitet zu sein. So verschickten sie an ihre Gäste Ende Juni zunächst eine Voreinladung oder auf gut Englisch ein „Save our date“. So hatten Familienangehörige sowie Freunde und Bekannte Gelegenheit, sich den Termin rechtzeitig freizuhalten.

Kirchliche Trauungen sind rar geworden. Mit der Folge, dass Cosima Böhler vom Frickinger Brautmodengeschäft „Trau Dich, ...
Kirchliche Trauungen sind rar geworden. Mit der Folge, dass Cosima Böhler vom Frickinger Brautmodengeschäft „Trau Dich, Fräulein“ starke Umsatzeinbußen hinnehmen muss. | Bild: Florian Böhler

Die eigentliche Einladung folgte erst drei Wochen vor dem Gang vor den Traualtar der Betenbrunner Wallfahrtskirche. Denn dann stand fest, dass zusammen mit 98 Gästen das Jawort gefeiert werden darf. Das bedeutete wiederum, die Gästeliste zu überarbeiten, denn ursprünglich zählte die rund 120 Namen. Letztendlich waren es dann 74 Hochzeitsteilnehmer. Einige Ältere hätten von sich aus abgesagt, erinnert sich das Paar. Ein paar Eingeladene hätten aber aber auch nicht kommen dürfen. Nämlich die, so berichten die beiden, die bei einer Kommune arbeiten. Denn denen sei es Mitte Oktober verboten gewesen, bei Veranstaltungen mit mehr als 50 Besuchern mitzumachen.

Das sagen die Standesämter

Da in der Kirche von den Hochzeitsgästen nicht gesungen werden durfte, hatte die Scherers eine Sängerin engagiert. Das ist ein Trend, der schon seit vielen Jahren zu beobachten ist und nicht nur auf das Coronavirus zurückgeht. Nach dem Traugottesdienst traf sich die Hochzeitsgesellschaft im Gemeindesaal in Wintersulgen. Das passte, schließlich lernte sich das Brautpaar hier kennen, und zwar beim Geisterball.

Natürlich waren der Gemeindeverwaltung zu diesem Zeitpunkt die Tischpläne sowie die Namen der Gäste, deren Telefonnummern und E-Mail-Adressen bekannt – um bei einem positiven Coronabefund die Ausbreitung des Virus nachverfolgen zu können. Doch so weit kam es nicht, das vom Rathaus und dem Caterer erarbeitete Hygienekonzept griff. Es sah unter anderem vor, dass beim warmen Buffet keine Selbstbedienung möglich war, das Fleisch musste von einem Mitarbeiter des Caterers hinter einem Spuckschutz geschnitten werden. Außerdem durfte nur tischweise an die Buffets gegangen werden. Und dann war noch vorgeschrieben, die Toiletten alle drei Stunden zu kontrollieren und zu desinfizieren.

In der Nachschau: Würden Sabine und Kevin Scherer alles wieder so machen? Die beiden schauen sich an, nicken und sehen dabei rundum glücklich aus.

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