Eigentlich tritt Ingo Wörner vor allem bei Großprojekten in und um Überlingen in Erscheinung. Wenn Gebäude abgerissen, Straßen gebaut oder Leitungen verlegt werden, ist seine Firma "Wörner Bau" nicht selten involviert. Nun aber konzentriert sich der Bauunternehmer auf ein deutlich kleineres Projekt: Ingo Wörner übernimmt den Kiosk am Landungsplatz.

Die Umbauarbeiten sind in vollem Gange. Im Gegensatz zum bisher klassischen Kioskgeschäft will Wörner mit seinem Konzept weniger auf Verkauf und mehr auf Bar setzen. In Anlehnung an die Anschrift des Kiosks am Landungsplatz wird diese "L 12" heißen. Wörner möchte hier Cocktails sowie regionale Weine und Biere verkaufen, die im Sommer direkt auf der Freitreppe am See genossen werden können. "Wir wollen zu einem After-Work-Treffpunkt werden", sagt der neue Betreiber. Bereits am Morgen soll es Kaffee und Croissants geben, "wie in einer Bar in Italien". Doch auch der Kioskbetrieb soll aufrecht erhalten werden. "Wir werden etwa Lederhandtaschen und Sonnenhüte für die Touristen verkaufen", erklärt Wörner.
Ganzjähriger Betrieb geplant
Der Kioskbetrieb sei losgelöst von seinem Bauunternehmen und auf seine persönliche Motivation zurückzuführen, sagt der Pächter: "Wir wollen einfach etwas Schönes für unsere Stadt machen." Der Kiosk soll täglich von 8 bis 22 Uhr geöffnet sein – auch im Winter und bei schlechtem Wetter. Dann könnten die Besucher auch an die Stehtische im Inneren ausweichen. "Wir waren vor ein paar Wochen mal hier drin, als es gestürmt und geregnet hat", sagt Wörner und schwärmt vom Blick auf den wilden See. "Das war einfach spektakulär."

Mit seinem Konzept hat der Bauunternehmer den Finanzausschuss überzeugt. Die Mitglieder stimmten bereits Mitte November in nichtöffentlicher Sitzung mehrheitlich für ihren Ratskollegen als neuen Betreiber. Weil er offenbar Geschwätz in der Stadt befürchtete, hatte der FDP-Stadtrat seine Kinder mit in die Ausschusssitzung genommen, "damit sie sehen, dass alles richtig abgelaufen ist", wie er sagt. Die Stadt erhofft sich vom neuen Betreiber laut eigener Aussage "ein breites Angebot für die Besucher des Landungsplatzes, das auch die Aufenthaltsqualität steigert". Über die Höhe der Pacht gab die Verwaltung keine Auskunft: "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus Gründen des Datenschutzes keine Angaben zu privatrechtlichen Vertragsdetails mit Dritten machen können."
Doch warum gibt es überhaupt einen Pächterwechsel? "Die vereinbarte Vertragslaufzeit mit dem vorherigen Mieter war abgelaufen, sodass der Betrieb des Kiosks im Sommer 2018 neu ausgeschrieben wurde", teilt die Stadt hierzu mit. Auf die öffentliche Ausschreibung meldeten sich schließlich 19 Interessenten, aus diesem Kreis sind neun aussagekräftige Bewerbungen fristgerecht bei der Verwaltung eingegangen, wie die Stadt erklärt. Um eine vergleichbare Grundlage bezüglich der Konzepte der Bewerber zu erhalten, wurde den Bewerbern ein Fragekatalog übersandt. Daraufhin hätten sich vier Bewerber gemeldet, von denen sich drei dem Finanzausschuss persönlich vorstellen durften.
Alter Pächter nicht berücksichtigt
Zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr dabei war Levent Tashan, der den Kiosk seit der Eröffnung im Jahr 2002 betrieben hatte. Zwar hatte sich auch Tashan erneut beworben, "seine Bewerbung war jedoch unvollständig und konnte somit nicht berücksichtigt werden", wie die Stadt auf Nachfrage mitteilt. Tashan selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Zuletzt hatte es immer wieder Reibereien zwischen der Stadt und dem ehemaligen Pächter gegeben, weil dieser nach Ansicht der Verwaltung seiner Verpflichtung zur Reinigung der im Kioskgebäude untergebrachten öffentlichen Toiletten nicht nachgekommen sei. In der Haushaltsdebatte 2017 stand deshalb kurzzeitig sogar zur Disposition, dass Kioskgebäude abzureißen und durch eine 500 000 Euro teure, selbstreinigende WC-Anlage zu ersetzen. Dieser Plan wurde schließlich aber wieder verworfen, Oberbürgermeister Jan Zeitler kündigte jedoch an: "Ich habe die Faxen dicke. Ich werde das Klo testen."
Stadt kümmert sich um WC-Anlage
Ob es der Selbsttest oder aber andere Erkenntnisse waren, seit dem vergangenen Jahr hat die Stadt die Instandhaltung und Reinigung der WC-Anlage wieder selbst übernommen und eine Reinigungsfirma beauftragt. "Diese Handhabung wird auch unter dem neuen Mieter weitergeführt", so die Verwaltung.
Ingo Wörner kann sich also voll auf den Umbau konzentrieren. Die Eröffnung der Bar am frisch sanierten Landungsplatz ist bereits für den 7. April geplant, sagt der Unternehmer, ergänzt mit Blick auf die noch ausstehenden Arbeiten aber schmunzelnd, "auch wenn das jetzt noch schwer vorstellbar ist".
Ein kleiner Glaspalast
- Der Eröffnung des Kiosks am Landungsplatz im September 2002 ging eine lang andauernde Diskussion voraus. Über zwei Jahre hatten OB Volkmar Weber und der Gemeinderat über den Standort für den Kiosk und die Toiletten gerungen, ehe im Februar 2001 die Entscheidung für den jetzigen Standort fiel. Der Zoff aber ging da erst richtig los. Der Bürgerfonds, der die Greth saniert hat, wollte den Neubau eines Kioskes mit Hilfe von Richtern verhindern. Die Folge: Eine einstweilige Verfügung und ein elfwöchiger Baustopp. Als es dann endlich weitergehen sollte, kamen die Sommerferien. Und ganz zum Schluss hatte die Spezialglasfirma, die die Scheiben liefern sollte, auch noch Schwierigkeiten. Die Bauzeit dauerte schließlich statt der angepeilten 18 Wochen mehr als drei Mal so lange.
- Der Entwurf für das markante Gebäude stammt vom Überlinger Architekten Jörg Bohm, heute ebenfalls Stadtrat. Er setzte laut eigener Aussage auf "hochwertige Materialien an einem hochwertigen Ort". Von der Geometrie her entspricht der Kiosk einem auf dem Kopf stehenden Pyramidenstumpf, dessen 30 Flächen mit wärmegedämmtem Spezialglas ausgeführt sind. Sowohl die feste Verglasung mit ihren um neun Grad nach außen geneigten Trapezsegmenten als auch die Faltschiebewände sind eine Spezialanfertigung. Die Kosten beliefen sich auf 333 000 Euro. (mde)